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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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nie genießen. Aber du hast jede einzelne Minute genossen, mach dir also keine Gedanken über die Zukunft. Du wirst alles genießen, was ich dir gebe.«
    Er drückt mir erneut einen zärtlichen, sanften Kuß auf die Schulter und steht auf. Er geht ins Arbeitszimmer hinüber, zu seinem Flügel. Im Hinausgehen sagt er: »Ich will nur dein Bestes, und ich weiß jetzt, was du brauchst. Du brauchst einen starken Mann, Nora. Du brauchst jemanden, dem du dich unterwerfen kannst.«
    Ich gebe ihm keine Antwort. Allmählich wird mir klar, daß er recht hat. Ich bin mir noch nicht sicher, wie der Schmerz ins Bild paßt, aber auf irgendeiner sexuellen Ebene gefällt es mir, dominiert zu werden, von einem anderen Menschen beherrscht zu werden. Ich kann es nicht erklären. Es widerspricht all meinen feministischen Überzeugungen. Mein Leben lang habe ich hart gearbeitet, um glaubwürdig zu sein und diese Glaubwürdigkeit aufrechtzuerhalten. Ich habe gegen Männer gekämpft, die versuchten, mich auf eine schlechtere Position abzudrängen, bloß weil ich eine Frau war. In meinem Beruf habe ich bewiesen, daß ich genauso stark sein kann wie ein Mann, emotional ebenso wie intellektuell. Trotzdem muß ich jetzt feststellen, daß mir M.s Dominanz in einem sexuellen Kontext durchaus gefällt.
    Ich möchte wissen, was mit mir passiert.

19
    »Er spielt nur mit Ihnen«, sagt Joe Harris, als ich ihm erzähle, daß M. mir dringend geraten hat, nicht mehr zur Polizei zu gehen. Ich habe Joe heute angerufen und um ein Treffen gebeten.
    »Er hat Angst, daß ich der Wahrheit allmählich näher komme«, sage ich. »Ich habe die Sache mit der Scarification herausgefunden. Das war von ihm nicht so geplant. Er wußte nicht, daß der Mann eine Nummer mit dem Messer vorhatte. Eigentlich ist er mit mir dort hinaufgefahren, um mir etwas Harmloseres zu zeigen …« Ich zucke die Achseln. »Was genau, weiß ich nicht, wahrscheinlich ein bißchen Peitschen oder Fesseln.«
    Joe sieht mich über den Rand seines Glases hinweg an. Er muß beim Friseur gewesen sein, denn er wirkt irgendwie frisch geschoren, ein typischer Billighaarschnitt. Sein graues Haar ist jetzt raspelkurz, um die Ohren wirkt er fast kahl, aber seine grauen Augenbrauen sind buschig wie eh und je und wachsen über der breiten Nase zusammen. Er trägt eine braune Synthetikjacke, die über seinen breiten Schultern spannt und an den Ärmeln eine Idee zu kurz ist.
    Wir sitzen im Paragon , einer Bar in der Second Street, ganz in der Nähe des Polizeireviers. Es ist wenig los, abgesehen von ein paar einzelnen Männern, die auf Barhockern am Tresen sitzen, und einer Gruppe von College-Studenten auf der anderen Seite des Raumes. In Davis ist kürzlich ein öffentliches Rauchverbot erlassen worden, und die Luft in der Bar ist ungewohnt gut: kein Tabakmief, kein Nebel aus Zigarettenrauch. Die Beleuchtung ist schummrig, die Atmosphäre entspannt. Die Wände sind holzvertäfelt, die Tische ebenfalls aus Holz. Eine steile, mit Teppich ausgelegte Treppe führt zum Kartenspielzimmer hinunter, und draußen auf dem Gehsteig
sind zusätzliche Tische aufgestellt. Joe und ich sitzen an einem Fenstertisch. Auf die Scheibe ist in weißen Lettern der Name der Bar gemalt. Gelegentlich kommt jemand durch die Seitentür herein, durchquert den Raum und verschwindet über die Treppe nach unten, um eine Runde Poker zu spielen.
    »Finden Sie das denn nicht aufschlußreich?« frage ich Joe. »Er weiß alles über das Thema Scarification , und Franny hatte am ganzen Körper Schnittwunden. Ich weiß genau, daß er sie getötet hat.«
    »Aber Sie können es nicht beweisen«, entgegnet Joe. »Genauso wenig wie wir.« Er spielt mit seinem Bierglas, dreht es hin und her, schiebt es von sich weg. »Ich habe das Paar in Tahoe überprüft. Die beiden wirkten ziemlich überrascht, als wir ihnen von Frannys Tod erzählten. Die Frau ist Buchhalterin, der Mann Anwalt. Sie sind seit siebenundzwanzig Jahren verheiratet und haben drei Kinder. Abgesehen von der Tatsache, daß sie gern mit Peitschen und Messern herumspielen, konnten wir nichts Ungewöhnliches feststellen. Und sie sind voll des Lobes für den Professor. Sie sagen, er habe Franny mehrmals mitgebracht. Sie sei sehr schüchtern gewesen, hätte aber immer bereitwillig mitgemacht.«
    »Das glaube ich nicht.«
    Joe zuckt mit den Achseln. Dann beugt er sich vor und stützt die Ellbogen auf den Tisch. »Wenn er sie umgebracht hat, werden wir ihm früher oder später auf die

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