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Brennende Hunde

Brennende Hunde

Titel: Brennende Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Kowalski
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kleine Hotel, in dem Jim Morrison wohnte, ehe er nach
Frankreich ging, um dort den Löffel abzugeben. Zweihundert Dollar mußte man nun
für eine Nacht in seinem alten Zimmer berappen.
    Eine kleine, separate Treppe führte vom Innenhof zu
Noonas Apartment hinauf. Flexy steckte den Schlüssel ins Schloß und gelangte
ohne Mühe hinein. Zielstrebig begann sie, in Schubladen und Schränken zu
suchen. Leider ließ sich kein Bargeld entdecken. Insgeheim hatte sie auf mindestens
fünfzig Dollar gehofft. Verärgert warf sie sich auf das Sofa und starrte
geradeaus. Ihr Blick fiel auf das neue Fernsehgerät. Immerhin besser als
nichts. Zuvor aber würde sie duschen und sich dann etwas Frisches zum Anziehen
aus Noonas Garderobe raussuchen. Irgendein Kleid würde schon passen, und Noona
besaß einen guten Geschmack.
    Sie entschied sich schließlich für ein cremefarbenes,
kaum dekolletiertes Kleid mit Blumenaufdruck. Zum ersten Mal seit Wochen sah
sie nicht wie eine Nutte, sondern anständig aus. Sie beschloß, diese Wirkung zu
unterstreichen, indem sie auf Make-up verzichtete. Im Spiegel vor ihr stand ein
ganz normales, zwanzig Jahre altes Mädchen, dem man nicht ansehen konnte, daß
es sich wenige Stunden zuvor für eine Rolle in einem Pornofilm beworben hatte.
Selbst ihre Haut wirkte weniger talgig. Geradezu Frische strahlte sie aus. Aus
Noonas Schuhen probierte sie ein Paar flache Sandalen. Als sie zum Fernseher
hinüberging, kamen ihr die flachen Absätze ungewohnt vor. Üblicherweise lief
sie in Riemchenschuhen mit High Heels herum. Sollte Noona sie meinetwegen
behalten. Mit dem Fernseher würde sie schon genug mit sich herumschleppen; die
Riemchenpumps störten da nur.
    Flexy steckte den Kopf aus der Tür und sah nach, ob
niemand im Innenhof war. Dann trat sie, den Fernseher fest gegen ihre Brust
gedrückt, hinaus und schritt vorsichtig die Stufen hinunter. Wie verdammt schwer
so ein Fernseher war! Wieviel würde sie im Pfandhaus dafür kriegen? Hundert
oder sogar mehr?
    Auf dem Gehweg merkte sie, wie blöd sie mit dem Fernseher
wirkte. Außerdem wurde er schwerer und schwerer, und die nächste Pfandleihe
war, soweit sie wußte, mindestens fünf Blocks weit entfernt. Wie immer, wenn
sie eines brauchte, war kein Taxi in Sicht. Fluchend ging sie in die Knie und
stellte den Fernseher ab. In was für einer Scheißwelt lebte sie nur?
    Hundert Meter weiter sah sie einen kleinen Jungen. Sie
schätzte ihn auf zehn und machte ihm Zeichen, zu ihr zu kommen. Zögernd kam er
heran.
    „Willst du dir einen Dollar verdienen?“ fragte sie ihn.
    „Was muß ich denn tun?“
    „Nur kurz auf den Fernseher aufpassen, während ich
losgeh’ und ein Taxi besorge.“
    „Zwei Dollar.“
    Flexy rechnete. Sie besaß, nach dem Geld für den Kaffee,
noch genau sechs Dollar fünfzig, von denen sie mindestens fünf für die
Taxifahrt zur Pfandleihe brauchte.
    „Einen Dollar fünfzig. Aber du mußt gut aufpassen und
gehst nicht von hier weg, bis ich wieder da bin, okay?“
    Der Kleine nickte. Flexy schenkte ihm noch ein
aufmunterndes Lächeln, dann schob sie los. Doch es war wie verhext. Alle Taxen
schienen sich an diesem Tag in Luft aufgelöst zu haben, weit und breit war
keines zu sehen. Los Angeles konnte die mieseste Stadt der Welt sein, sie hatte
es immer gewußt. Eine klägliche Provinzstadt, die ihre aufgeblähte Größe den
Studios verdankte. Erst, als das Pfandhaus bereits in Sichtweite war, sah sie
ein Taxi, mußte sich aber fast auf die Motorhaube werfen, um den Fahrer zum
Halten zu bewegen.
    Als das Taxi zu der Stelle kam, wo sie den Fernseher und
den Jungen zurückgelassen hatte, waren beide verschwunden. Zu allem Überfluß
verlangte der Fahrer sechs Dollar von ihr. Ein Knieschuß hätte ihre schlechte
Laune kaum vergrößern können. Die Welt war voller Verbrecher. Schon von
Zehnjährigen wurde man verarscht und bestohlen, und niemand scherte sich drum. Irrte
sie sich oder geschah so eine Scheiße immer nur ihr? Und einen Moment lang
dachte sie, daß Selbstmord etwas Verlockendes hatte. Schade, daß man für einen
halben Dollar wohl nirgends eine funktionstüchtige Pistole bekam. In dem
Kleinmädchenkleid kam sie sich nun albern und lächerlich vor. Wie ein
verlorenes Kind stand sie einsam auf dem Gehweg herum und wußte nicht weiter.
Zänkisch jagte die Sonne gleißende Strahlen auf sie hinab. Heute war wahrlich
kein Glückstag für sie.
     
    ***
     
    Brav hatte sich die Kleine in ein Taxi setzen lassen. Ein
nettes, kleines Ding,

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