Brennende Hunde
zugibt, hatte Floyd eines Tages erkannt, setzt sich unweigerlich
Grenzen. Bald darauf hatte er sich von diesen Grenzen befreit.
Rosa Zuckerwatte gleich, hingen die wenigen Wolken im
Himmel, der im zarten Licht der Morgendämmerung schwamm. Unter ihm erwachte die
Stadt, belebt von den Ritualen ihrer Bewohner, die sich damit abfinden mußten,
daß auch dieser neue Tag ihrem Leben keinen Sinn geben würde. Floyd stand im
Garten und lauschte auf die Geräusche L.A.s. Nach der Flucht der Gäste hatte er
zunächst die laute Musik abgestellt. Anschließend war er durch alle Räume gegangen
und hatte befriedigt feststellen können, daß er, von der Leiche abgesehen,
allein in Rileys Villa war. Selbst die betrunkenen Schläfer waren verschwunden.
Er war abermals die große Treppe hinauf in das obere Stockwerk gegangen, hatte
das Zimmer der Toten betreten und sich neben dem Bett zum Gebet niedergekniet.
„Dank, o Herr, daß Du in Deiner allumfassenden Güte mich
auserwählt hast, Deine Botschaft zu verkünden, auf daß jene, die Dein Werk und
Deinen Namen beschmutzen, bestraft werden sollen. Verdamme dieses Geschöpf auf
dem Bett, das sich des von Dir geschenkten Lebens als nicht würdig erwies und
sende es in den tiefsten Winkel der Hölle hinab. Und hilf mir, o Herr, mich Deines
Auftrags würdig zu erweisen. Amen.“
Draußen hatte sich inzwischen die Sonne in den Himmel
geklebt, und Floyd ging für einen kurzen Moment in den Garten zurück. Er war
zufrieden mit sich, denn der erste Schritt war getan. Er beschloß, sämtliche
Räume systematisch nach Bargeld zu durchsuchen, fand jedoch keins. Also ging er
ein weiteres Mal in das Zimmer mit der Toten, um die blaue Damenhandtasche zu
holen. Unten in der Küche zählte er das Geld, das sich in der Tasche befand –
knapp einhundert Dollar. Er steckte die Geldnoten in die Tasche zurück und
machte sich ein Pastrami-Sandwich. Während er aß, blätterte er in dem
Notizbuch, das er während seiner Suche in einem der Zimmer auf einem Regalbrett
entdeckte. Es gehörte offenbar Riley und enthielt die Geheimnummern zahlreicher
Prominenter aus dem Musikbusiness. Ein Volltreffer, denn auch der Name Buster
McCullum samt Nummer war in dem Büchlein verzeichnet.
Floyd spülte den Teller, den er für die Zubereitung des
Sandwiches benutzt hatte, und ging in das große Wohnzimmer hinüber, wo noch
immer die zwei verkohlten Hundekadaver von der Decke hingen. Er setzte sich in
einen der Sessel und zog das Telefon heran. Eine Minute vor zehn wählte er die
Nummer von McCullums Mobiltelefon.
„Was denn?“ dröhnte die Stimme des Plattenbosses
unvermittelt im Hörer. So wie sie klang, schien er alles andere als glänzender
Laune zu sein.
„Oh, der große McCullum höchstpersönlich“, sagte Floyd
mit dunkel klingender Stimme und schaute zu den Hundekadavern hinüber.
„Wer sind Sie? Und woher haben Sie diese Nummer?“ fragte
McCullum.
„Stellen Sie keine Fragen, sondern hören Sie zu. Es dreht
sich um Ihre Tochter …“
„Jodie? Was ist mit ihr?“
„Fahren Sie zu Rileys Villa und sehen Sie selbst.“
„Wer sind Sie? Und was hat Jodie mit Riley zu schaffen?“
„Ich sag’s noch mal, McCullum: Fahren Sie hin und sehen
Sie nach. Und ach ja, Sie sollten noch etwas wissen: Ihre Krawatte sieht
absolut beschissen aus.“
Dann legte Floyd auf. Besonders freute ihn der Einfall
mit der Krawatte. Als er plötzlich das Geräusch sich nähernder Schritte
vernahm. Instinktiv ging er hinter einem Sofa in Deckung. Irgend jemand trat
durch die offenstehende Schiebeglastür ins Haus. Scherben knirschten unter den
Schuhen.
Aus seinem Versteck heraus hörte Floyd etwas mit dumpfem
Schlag zu Boden fallen. Kurz darauf ein zweiter dumpfer Schlag. Der Fremde hatte
die Seile, mit denen die Hunde in die Höhe gehievt worden waren, durchtrennt.
Als der Unbekannte die Treppe nahm, um zu den oben gelegenen Räumen zu
gelangen, eilte Floyd in die Küche und wählte eines der großen Tranchiermesser
aus. Der Geist Gottes, so spürte er deutlich, senkte sich nieder auf ihn.
Floyd wartete draußen auf ihn, dicht bei der Terrassentür
an die Hauswand gepreßt. Er mußte sich nicht lange gedulden. Überstürzt hastete
der Fremde die Treppe hinab, querte das Wohnzimmer und rannte hinaus. Floyds
Angriff traf ihn absolut überraschend. Mühelos glitt die Klinge des Messers in
den kakaofarbenen Hals. Blut spritzte in einer dicken Fontäne hervor; die
Klinge hatte die Halsschlagader durchtrennt.
Floyd
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