Brennende Kälte
mich heute nicht dafür revanchieren«, sagte er lachend.
Es war eine große Runde. Der Verteidigungsminister war anwesend, Dr. Steinmüller, der Staatsminister des Kanzleramts, und einige hochrangige Beamte.
Zu ihrem Erstaunen hatte der Vorstandsvorsitzende das ganze Projekt präzise im Kopf.
»Herr Bundeskanzler«, sagte er. »Wir stehen vor einer technischen Revolution in der Waffentechnik. Wir haben zu entscheiden, ob Deutschland auf diesem Markt vorne mitspielt oder das Feld den Amerikanern überlässt. Wir, die MensSys AG, haben noch einen gewissen technischen Vorsprung, aber ohne politische Hilfe werden wir ihn rasch verlieren. Die Franzosen arbeiten an ähnlichen Systemen und die Amerikaner auch.«
Der Kanzler bat den Verteidigungsminister um eine Stellungnahme.
»Wir sind uns nicht sicher, ob wir ein solches System wirklich benötigen, und wenn ja – ob es nicht billiger ist, es von den Amerikanern zu kaufen, wenn die es entwickelt haben«, sagte er.
Katharina Petry lächelte. Sie spielen good guy, bad guy. Der Kanzler gibt den Guten und der Verteidigungsminister den Bösen.
Der Verteidigungsminister machte eine Pause.
Als der Kanzler nickte, sagte er: »Bitte, Frau Petry.«
Sie sah, dass der Kanzler in einem Dossier blätterte – offensichtlich in dem mit ihrem Lebenslauf.
»Herr Bundeskanzler, meine Herren«, sagte sie. »Sie alle kennen die Mikrowelle als nützlichen Helfer im Haushalt. Basierend auf dieser Technik entwickelt sich nun eine Schlüsseltechnologie der Zukunft. Sie funktioniert ähnlich wie die uns allen so vertraute Mikrowelle aus der Küche. Sie stellen eine Tasse Milch in das Gerät, und die Mikrostrahlen erhitzen die Milch, aber die Tasse wird nicht wärmer. Sie können sie unbeschadet anfassen. Erhitzt wird nur, was Wasser oder Flüssigkeit enthält. Die Strahlen, die wir mit unseren Waffen produzieren, greifen daher feindliche Kämpfer selbst in Häusern, hinter Schutzschilden oder sogar in Höhlen an. Die Strahlen gehen durch Hindernissehindurch und erhitzen das Blut. Der Rest bleibt unberührt. Sogar der Kleidung sieht man nichts an. Auf der Basis dieser Technologie entwickeln wir auch eine Unterart des Fernglases. Mit diesem kann man durch Mauern und andere feste Materialien sehen. Es eröffnen sich bisher ungeahnte Möglichkeiten ...«
Nun war sie in ihrem Element. Nach einer Viertelstunde beendete sie ihren Vortrag. Als sie sich setzte, spürte sie, dass ihre Wangen glühten.
Der Kanzler musterte sie, und in seinem Blick lag etwas Unverschämtes.
»Und was werden die Leute, was wird die Öffentlichkeit zu so einer brutalen Waffe sagen?«
»Sie werden sich freuen, dass es sie gibt ..?«
Der Kanzler hob die Augenbrauen.
»Sehen Sie«, sagte Katharina Petry. »Es handelt sich um eine unblutige Waffe. Wir werden sie in der Öffentlichkeit als die endlich gefundene Möglichkeit verkaufen, unblutig zum Beispiele gegen Krawalle oder Demonstrationen vorzugehen. Es humanisiert den Krieg. Das wird die Linie sein. Diese Waffe wird Leben schützen. Man muss nicht mehr schießen. Es kann in absehbarer Zeit den Wasserwerfer ablösen.«
Der Kanzler fixierte sie.
»Aber es kann auch ...«
»Alles eine Frage der Dosierung«, sagte der Vorstandsvorsitzende.
»Und was kann ich tun?«, fragte der Kanzler.
»Wir müssen das System unter Echtzeitbedingungen testen. Mit einer kleinen Mannschaft.«
»Wo?«
»Dort, wo deutsche Truppen stehen.«
»Und der Bundesrat – können wir sicher sein, dass die Bayern mitziehen?«
Der Vorstandsvorsitzende lehnte sich zurück.
»Aber ja«, sagte er. »Der bayerische Landtag hat auf unserenVorstoß hin bereits das Polizeigesetz geändert. Der testweise Betrieb der neuen Waffe ist in Bayern kein Problem.«
Später saßen sie beim Essen.
»Es ist Zeit für eine Grundsatzentscheidung«, sagte der Kanzler und erhob sich mit einem Glas in der Hand. »Wir stimmen Ihrem Vorhaben zu. Die Details werden auf der Arbeitsebene erledigt.«
Alle hoben die Gläser.
Dann redeten sie darüber, dass der FC Bayern zwei Spiele in Folge verloren hatte.
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Erinnerungen
»Ist irgendetwas?«, fragte Olga, als sie am späten Abend in ihrer Wohnung saßen. Dengler hatte eine Flasche Brunello mitgebracht, und sie hatte eine CD des Pianisten Abdullah Ibrahim aufgelegt. Die Musik verbreitete eine entspannte Stimmung. »Du bist irgendwie verändert«, sagte sie und setzte sich neben ihn.
Er küsste sie, um nichts sagen zu müssen, und sofort tat ihm diese
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