Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
darauf, an einem Ort mit ihnen zu sprechen. Alles andere war zu gefährlich, konnte zu verwirrend werden. Genau das benötigte Vahidin aber. Zvatochna würde ihm nicht den Gefallen tun und zu ihm kommen.
    Vahidin sah die Welt um sich herum mit seinen Augen und den Sinnen eines Tsagaan. Das Stoffliche existierte ebenso wie die Welt der Geister, und beide Ebenen ergaben für ihn ein verfremdetes Bild. Farben verliefen und veränderten sich, das Feuer sprach knisternd, und den Wind nahm er wie einen schwachen, blauen Nebel wahr, der in einer eigenen Sprache auf ihn einflüsterte. Noch verstand er kaum etwas von dem, was um ihn herum in der Geisterwelt geschah, es gab hundertmal mehr zu sehen und zu hören als vorher. Das belastete den Verstand.
    Jetzt kam es darauf an, ob er auch Seelen erkennen konnte.
    Sie waren die Hauptwaffe seiner Halbschwester und dieses Bardric, unsichtbare Diener und höchst gefährlich, da sie sich
    gegen seine Magie immun zeigten.
    Er stakste höchst ungelenk auf den Zelteingang zu, um auf Lüun zu treffen. Als er eintrat, sah er die ältere Jengorianerin auf ihrem Fellbett liegen und eine Suppe löffeln. »Ich grüße dich.«
    Sie legte den gefüllten Löffel auf den Teller zurück. »Verschwinde, Silberhaar!« Sie hustete lange und rang nach Luft, es klang qualvoll.
    Er setzte sich ihr gegenüber auf den Hocker und betrachtete sie über das Feuer hinweg. Wieder umgab sie der Geruch des Alters, dazu gesellte sich der durchdringende Gestank der Krankheit. »Du wirst sterben«, stellte er fest. »Und ich werde es mir ansehen.«
    Sie wischte sich den Mund ab und verschmierte dabei etwas Blut, das auf ihren Lippen haftete. »Du hast uns den Tod gebracht.«
    »Es ist ein Fieber. Einer meiner Leibwächter brachte es zu euch, und das bedauere ich sehr. Ich verdanke euch mein
    Leben.«
    »Dann erlöse uns von deiner Anwesenheit!«, ächzte Lüun.
    »Geh! Nimm dir Sainaa, die du in deinen Bann geschlagen
    hast, und geh!« Wieder schüttelte sie ein Hustenkrampf, der
    Teller fiel auf den Boden, Suppe ergoss sich auf die Felle.
    »Ich erlöse dich auf andere Weise.« Vahidin konzentrierte sich und formte eine dunkelrote Wolke, die hinüber zu Lüun schwebte und sich vor Mund und Nase legte. Magie sah mit den Augen eines Tsagaan noch schöner, noch spektakulärer aus. Gleichzeitig bemerkte er, dass es ihm nicht leicht fiel, diese besondere Sicht zusammen mit der Magie aufrecht zu halten. Es kostete ihn enorme Kraft. »Du sollst nicht länger leiden.«
    Die Wolke raubte ihr das bisschen Luft, das sie noch bekam. Sie keuchte, sank in das Kissen und röchelte kaum mehr. Lüun erstickte rasch.
    Vahidin betrachtete den Leib ganz genau, um den Augenblick nicht zu verpassen, wo sich die Seele, der Geist eines Menschen vom Körper trennte.
    Und wirklich ‐ er sah es! Eine Halbgestalt, ein sich verändernder Brodem aus gedämpftem Licht, entstieg dem Leichnam und wurde vom Wind begrüßt. Somit konnte er seine Feinde, die ihm Zvatochna sandte, wenigstens erkennen.
    »Schemen«, rief er sie in der Sprache der Tsagaanan, und Lüuns Geist wandte sich zu ihm. Er zeichnete und malte die Gesten, die ihn Sainaa zur Austreibung gelehrt hatte. »Weiche von hier!«
    Seine Worte bewirkten, dass die Gestalt aufleuchtete und durch den Rauchabzug davon stob. Er war sich nicht sicher, ob er es bewirkt hatte oder sie ohnehin vor ihm geflüchtet wäre. Allerdings kehrten geflüchtete Gegner wieder zurück.
    »Verfluchte Kunst«, ärgerte er sich. »Gibt es keinen besseren Weg?«
    Er zog sein Schwert und betrachtete es, jagte Magie in
    die Klinge. Es wirkte aus dieser Sicht düster, mehr wie ein schwarzer Spalt als ein Schwert, von dem kleine Blitze weg sprühten. War es in der Lage, Seelen zu vernichten? Bedauernd schaute er auf Lüuns Leiche. Er musste sich jemand anderen suchen. Eine andere Seele, an der er die Wirkung der Schneide ausprobieren konnte.
    Vahidin verließ das Zelt und wandte sich der Behausung zur Rechten zu, öffnete den Eingang und begab sich hinein, ohne zu klopfen oder zu fragen.
    Es befanden sich sieben erwachsene Jengorianer in dem Zelt, sie starrten ihn erschrocken an. An den ertappten Gesichtern und der abrupten Stille erkannte er, dass sie von ihm gesprochen hatten, und seine Hand schloss sich fester um den Griff seines Schwertes; das Leder des Handschuhs knirschte leise.
    Das ankündigende Geräusch war der Auslöser. Einer der Männer hechtete nach seinem Speer, und Vahidin begann mit seinem

Weitere Kostenlose Bücher