Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
dass sie Euch spürt?«
    »Nun, in dieser Kutsche saß sie schon mal nicht, sonst hätten wir ihren Zorn zu spüren bekommen.«
    Lodrik wartete, bis ihr Gefährt mit dem zweiten borasgotanischen gleichauf war, dann lehnte er sich nach vorn. »Ich kann es dir nicht sagen, Waljakov. Vielleicht ist sie abgelenkt oder schläft.«
    Er sah, dass zwei neugierige Frauengesichter halb verborgen hinter dem Vorhang nach draußen spähten, um zu sehen, von welchem Adligen sie überholt wurden. Es war nicht alltäglich, dass sich zwei Herrschaften in der Einsamkeit begegneten. Keines glich dem von Zvatochna auch nur im Ge‐
    ringsten.
    »Sie ist in der ersten«, sagte er sicher und bückte sich nach den Eiszapfen, die in einem Eimer auf dem Boden des Schlittens auf ihren Einsatz warteten. Sie hatten sie nach dem Aufbruch aus dem Gasthof gesammelt. Sie waren zwar größtenteils getaut, aber sie würden gute Dienste verrichten. Waljakov öffnete das Fenster, Lodrik holte zum Wurf aus. Kraftvoll schleuderte er das fingerdicke und
    ‐lange gefrorene Stückchen Wasser zwischen den Wachen vorbei gegen die Seitenwand. Der dumpfe Laut war im Inneren gehört worden.
    Der Vorhang wurde beinahe sofort zurückgezogen, und sie erkannten eine zierliche Gestalt, die ihr Antlitz hinter einem
    schwarzen Schleier verbarg. Schwarze Handschuhe machten sich an der Verriegelung zu schaffen, das Glas wurde nach unten gedrückt. Anscheinend wollte Zvatochna sich bei dem Gardisten nach dem Geräusch erkundigen.
    Lodrik zögerte nicht einen Lidschlag. Er setzte seine gesamte Kraft ein, um ein intensives Grauen zu schaffen und zu einem unsichtbaren, Kugelgroßen Geschoss zu formen. Er hörte Stoiko und Waljakov aufstöhnen, dabei war das, was sie als schwache Ausläufer fühlten, nur ein minimaler Teil Angst von dem, was Zvatochna gleich traf. »Vernichtet sie«, befahl Lodrik und sandte die Angst gegen die Frau. Eine Windböe spielte mit dem Schleier, fuhr unter ihn und lupfte ihn an. Lodrik sah die untere Gesichtspartie, Kinn, Lippen, Nasenspitze. Nichts davon zeigte Anzeichen einer Krankheit, einer Entstellung. Oder Ähnlichkeit mit Zvatochna.
    Nichtsdestotrotz wirkte die Macht der Geister und der gebündelten Furcht. Aufschreiend zuckte sie ins vermeintliche sichere Innere der Kabine zurück, griff sich an Hals und Brust, als könnte sie sich gegen die unsichtbaren Mächte abschirmen, die auf sie eindrangen. Ihre Schreie gellten wie wahn‐
    sinnig aus dem Schlitten, ehe sie abrupt verstummten.
    »Sie ist es nicht«, wisperte er ungläubig. »Bei Vintera, sie hat uns zum Narren gehalten!«
    Sowohl der Schlitten der falschen Zvatochna als auch der von Lodrik und seinen Freunden hielt an. Stoiko stürmte ins Freie. »Was ist geschehen?«, rief er den Gardisten entgegen, die ihn abdrängen wollten. »Können wir der Kabcara helfen?« Er deutete auf Lodrik, der eben ausstieg. »Wir haben einen Heiler bei uns.«
    Der borasgotanischen Hauptmann sprang von seinem Pferd
    und öffnete den Verschlag.
    Die Kabcara lag ausgestreckt auf dem Boden, ihre Begleiterinnen kauerten tot auf den Polsterbänken. Die Geister hatten in ihrem Hass auf die Lebenden niemanden verschont. Wozu auch? Sie hatten keine entsprechende Anweisung von ihrem
    Meister erhalten.
    »Rasch«, winkte der Hauptmann Lodrik herbei und zog seinen Säbel. »Aber denkt daran, um wen Ihr Euch kümmert. Erklärt mir jede Eurer Handlungen, oder Ihr werdet meine Schneide zu spüren bekommen.«
    »Zurück«, wies Lodrik den Mann an und schob ihn mit einem Quäntchen Furcht in die andere Ecke des Schlittens. Er kniete sich neben die unbekannte Tote und fühlte nach ihrem Puls. Noch schlug das geschundene Herz, was er in diesem Fall nicht gebrauchen konnte. »Sie stirbt«, sagte er und täuschte Aufregung vor. »Sie ist gestürzt und hat sich den Kopf schwer angeschlagen.«
    Lodrik sah die Geister der getöteten Gardisten aus Labindarsk wie Aasvögel um die Leichen streifen. Auch sie warteten, dass sich die Seelen derer zeigten, welche sie ermordet hatten. Er tötete Zvatochnas Doppelgängerin mit einer kleinen Dosis Angst, strich über die Augen und fing die Seele auf, als sie aus dem Körper stieg. Seine Mächte steckten sie in ein Gefängnis aus Grauen, aus dem sie nicht entkam. »Ich kann nichts mehr für sie tun.« Er richtete sich auf. »Die Kabcara ist...«
    Der Hauptmann schüttelte den Kopf und zog den Schleier der Toten zurück. »Nein, es ist nicht Elenja die Erste. Ich darf Euch nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher