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Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Vahidin. Sie ist verloren. Du kannst nichts mehr für sie tun.«
    Sie versuchte, ihn von Aljascha wegzuziehen und damit eine Heilung zu verhindern. Das hätte ihr noch gefehlt! Sie befahl zwei ihrer Geister, sich bereitzuhalten, um ihrer Mutter das Ende zu bescheren, falls das Gift nicht wirken sollte.
    Vahidin schaute über die Schulter und zeigte ihr seine Magentaaugen. »Lass mich!«, grollte er. Ein silbernes Schimmern sammelte sich drohend in den Pupillen, und Zvatochna wich zurück. Die Warnung war eindeutig; dann wandte er sich wieder seiner Mutter zu. Norina zwang sich dazu, tief Luft zu schöpfen, trotz der Umklammerung. Ihr fiel kein Ausweg ein. Die Geister bannten sie auf den Stuhl, sie konnte sich nicht bewegen. Eine schreckliche Vorstellung befiel sie: Sie würde in Amskwa sterben und ihr Leib unter der Kontrolle von Zvatochnas nekromantischen Kräften nach Tarpol zurückkehren, wo er Schlimmstes anrichtete. Ihr gesamtes Werk geriet in Gefahr. Ganz Ulldart geriet in Gefahr!
    Ich darf nicht sterben, dachte sie immer und immer wieder. »Ulldrael, rette mich!«, schrie sie voller Inbrunst.
    Ihr Ruf wurde gehört.
    Die Türen wurden mit solcher Macht aufgestoßen, dass die Angeln aus den Wänden rissen, Steinbröckchen flogen umher; krachend stürzten die schweren Flügel auf den Boden. Ein starker Wind fegte durch den Raum, löschte die Lampen und riss die Vorhänge von den hohen Fenstern; Tageslicht fiel in breiten, hellen Strahlen herein. Die Hoffnung kehrte zurück. Die Umklammerung um Norinas Kehle endete abrupt, und sie vernahm einen wütenden Ruf. Schlagartig wurden die eisigen Hände von ihr genommen, sie konnte wieder atmen und sich bewegen.
    Sie sprang auf und blickte zur Tür, in der ein blonder, schlanker Mann in einer nachtblauen Robe verharrte. Es dauerte, bis sie im Gegenlicht ihren Gemahl Lodrik erkannte, neben dem Stoiko und Waljakov mit gezückten Waffen standen, lieh glaubte, ich hätte Ulldart von allem Übel erlöst, das ich ihm brachte«, sprach Lodrik finster zu Zvatochna. »Was ich versäumte, werde ich nun nachholen, Tochter.«
    Der Wind hatte sich indes nicht gelegt. Er schwoll zu einem Sturm an, der alles im Raum umher wirbelte, was nicht schwer oder befestigt war. Die Geister der Nekromanten rangen miteinander, tobten und tosten umher.
    »Ich bin noch nicht bereit, Vater«, erwiderte sie. Sie ahnte, dass Lodrik ihr überlegen war, und verschaffte sich Beistand, mit dem er nicht rechnen konnte. Mit einem harten Griff zog sie Vahidin in die Höhe. Seine Finger lösten sich von Aljascha, und das rote Leuchten erstarb. »Lass mich!«, schrie er außer sich. »Mutter ...!« »Er trägt die Schuld an ihrem Leiden!« Zvatochna deutete zur Tür. »Da, das ist Lodrik! Da steht der Mann, den unsere Mutter tot sehen möchte. Seine Macht ist es, die sie umbringen wird«, rief sie und deutete auf ihren Vater. »Vernichte ihn, und sie wird gesund.«
    Zuerst hatte Vahidin sie angreifen wollen, aber er besann sich anders. Den Namen Lodrik kannte er aus den unzähligen Erzählungen seiner Mutter. Wie sehr er sie verletzt hatte! Und er wusste, dass sie ihn unter allen Umständen tot sehen wollte.
    Mit einer Hand zog Vahidin die Kappe von den silbernen Haaren, mit der anderen deutete er auf die brennenden, großen Scheite des Kamins, die sich gehorsam erhoben und auf die drei Männer zu schnellten.
    Norina nahm ein Kuchenmesser vom Tisch und sprang auf Zvatochna zu. Solange die Nekromantin ihre Aufmerksamkeit auf Lodrik richtete, bekam sie die Gelegenheit für einen Angriff. Da wandte sich Zvatochnas verschleiertes Gesicht zu ihr
    um.
    »Ein Jäger hat den Kadaver eines Schwarzwolfs und eines ausgewachsenen Baren gefunden. Den Spuren nach wurden sie von einem der Qwor gestellt und getötet; der Jäger schwört, dass er noch niemals solche Wunden an einem Tier gesehen hat.
    Bei Kalisstra ‐ ein ausgewachsener Bär, zerfleischt wie einer zahmer Schneehase! Ab heute werden für den Schutz derjenigen, die sich außerhalb der Stadtmauern begeben, nur noch nur Freiwillige genommen. Keine Familienväter.«
    Aufzeichnungen des ehrenwerten Sintjop, Bürgermeister Bardhasdrondas, gesammelt in den Archiven zu Neu‐Bardhasdronda

    Kontinent Ulldart, Kensustria, 92 Meilen südwestlich von Khömalm, Winter im Jahr 1/2 Ulldrael des Gerechten (460/461 n.S.)
    Estra erwachte.
    Sie lag auf dem Boden, auf einem Laubhaufen. Es roch nach Feuchtigkeit, Moos und seltsamerweise nach Meer; ganz in ihrer Nähe rauschte

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