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Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Bekräftigung seiner Worte. Sie sah es an seinen blauen Augen: Er würde nicht weiter mit ihr darüber streiten.
    »Das kann nicht sein.« Sie lachte ungläubig. »Ist das bei allen Rittern so? Diese Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit?« Estras mühsam niedergerungener Ärger flammte auf, und sie bewegte sich auf den Hengst zu, packte mit einer Hand in die Mähne. Sie hasste ihn dafür, dass er sie aufs Neue herausforderte, und sich selbst, weil sie es immer wieder zuließ. »Ich brauche keinen Sattel«, sagte sie und drückte sich vom Boden ab.
    Tokaro pfiff wieder, und Treskor wich der jungen Frau aus,
    die beinahe gestürzt wäre.
    Sie blitzte ihn an. »Gut, dann laufe ich eben nach Khömalin«, verkündete sie und versuchte, sich an irgendetwas zu orientieren, das ihr einen Hinweis gab, in welche Richtung sie zu gehen hatte.
    »Ich habe uns weit abseits von allen möglichen Behausungen gebracht«, rief er grinsend. »Du wirst keinen Weg finden.«
    Estra deutete auf Treskors Hufe. »Da du kein fliegendes Pferd besitzt, kann ich einfach seinen Spuren folgen.« Sie marschierte los, trat in den Regen hinaus. »Kehre nach Ammtara zurück«, verabschiedete sie sich. »Stehe Pashtak bei und sage ihm, dass es mir gut geht.« Sie suchte sich einen Weg durch das Gebüsch und verschwand aus seiner Sicht.
    Die Unterredung war nicht so verlaufen, wie Tokaro es sich gewünscht hatte. »Estra, warte!« Er eilte ihr hinterher, packte sie am Arm. »Überzeuge mich, dass dir nichts geschehen wird, und ich lasse dich gehen. Sage mir, was sie von dir wollen.«
    »Oder was? Schlägst du mich vielleicht ein weiteres Mal
    nieder?«
    »Wenn es sein muss.« Tokaro hielt sie eisern fest, Regenwasser lief über die braunen Haarstoppeln und über seine Wangen. »Vertrau mir, Estra«, bat er sie eindringlich. »Bitte! Ich würde mein Leben für dich geben!«
    Ihre Entschlossenheit und ihre Wut gerieten ins Wanken. Sie sah in das beinahe hilflose Gesicht. Die blauen Augen mit der aufrichtigen Sorge darin wirkten merkwürdig mildernd auf sie. Seufzend nahm Estra Tokaros Hand und kehrte mit ihm unter den Baum zurück, setzte sich ins Laub und zog ihn zu
    sich hinab. Sie streichelte seine Wange. »Es tut mir Leid, dass ich dir die Nase gebrochen habe«, meinte sie leise. »Ich
    wollte nicht so hart zuschlagen.«
    »Wenn du dein geschwollenes Kinn und den Bluterguss sehen könntest, hättest du das nicht gesagt«, gab er lächelnd zurück. Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg beiden in die Nase. »O nein!«
    Hastig nahm er den Spieß aus dem Feuer, betrachtete die verkohlten Überreste dessen, was er erlegt hatte, und warf sie dann achtlos in den Bach. »Verdammt, das war unser Abendessen.«
    »Wir werden schon noch etwas finden.« Estra lehnte sich an den Baumstamm. Sie wusste nicht, wie sie anfangen sollte. »Meine Mutter war eine Priesterin, welche die Lehren ihres Gottes veränderte und dem Glauben viel Schaden anrichtete«, begann sie. »Sie erwarten nun von mir, dass ich mich dem Kult von Lakastra anschließe und Buße für die Taten meiner Mutter tue. Danach wird Lakastra mit mir und Ammtara versöhnt sein. Ich habe es meiner Tante versprochen.«
    Tokaro nickte. »Das klingt noch harmlos. Aber wie soll diese Buße aussehen?«
    »Ich soll neu errichten, was sie eingerissen hat.«
    »Also sollst du ebenfalls Priesterin werden?« Voller Schrecken sah er die erträumte gemeinsame Zukunft mit Estra auf seiner Burg Angoraja zu Staub zerfallen. »Wann hast du deine Aufgabe erfüllt?«
    Estra schüttelte den Kopf. »Meine Aufgabe wird es nicht sein, Lakastras Glaube zu verbreiten.« Sie schaute ihn an. »Ich muss seinen ersten Tempel, den es auf Kensustria gab und den Belkala schändete, neu errichten. Alleine.«
    »Alleine?« Er stieß die Luft aus. »Aber das ... ist doch ...
    Du wirst Jahre benötigen!«
    »Ja. Sie haben errechnet, dass ich ‐ wenn alles gut verläuft ‐ etwa vierzig Jahre brauchen werde. Sie liefern mir die Materialien. Ich werde Stein auf Stein und Balken auf Balken setzen, bis er sich wieder erhebt. Danach ist die Schuld abgebüßt.«
    »Vierzig Jahre«, wiederholte er schockiert. Er wusste nicht, was er auf diese Eröffnung sagen sollte. Tausend Gedanken schössen ihm durch den Kopf, der Orden, seine Liebe zu Estra, die Unmöglichkeit, für immer bei ihr zu bleiben. Nicht, solange sie in Kensustria lebte und einen Tempel errichtete. Sollte er vierzig Jahre in einer Hütte nebenan wohnen und warten, bis die

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