Brennende Kontinente
ein Mitglied laut. »Vertreiben wir sie!«
»Nein, wir brauchen alle anderen Königreiche, um die Nicti zu verjagen«, plärrte eine zweite Stimme dagegen, und im Nu befand sich die Versammlung in hellster Aufregung. Jetzt roch es nach Angst, nach Wut und schrecklicher Aufregung. Inmitten des Durcheinanders traf Simar ein. Sicher hatte er geklopft, doch das war bei dem Lärm nicht
gehört worden. Sein Gesichtsausdruck wirkte irritiert, als er in den Raum trat, in dem so viele unterschiedliche, nicht menschliche Stimmen zugleich erklangen. Er betrachtete die Versammlungsmitglieder neugierig, die nach und nach verstummten, als sie ihn bemerkten. Nur einer, der mit dem Rücken zu ihm stand, schrie in die aufkommende Stille: »Wir müssen die Nicti loswerden! Egal, wie!«
»Willkommen, Simar«, seufzte Pashtak, erhob sich und deutete auf einen freien Stuhl, der stets für Gäste und Bittsteller reserviert war.
»Bin ich das?« Simar lächelte unsicher in die Runde. »Was haben wir getan, um Feindschaft zu bekommen?«
»Das klären wir, nachdem ihr uns gesagt habt, was der Grund für den Besuch ist.« Pashtaks rote Augen hefteten sich auf die beunruhigten Züge des Nicti. Es war wichtig, dass er nicht mit dem Eindruck ging, es braue sich etwas gegen die Fremden zusammen. Wer konnte vorhersagen, wie ihre Reaktion ausfiel?
»Bin hier«, begann Simar, »weil ich herausgefunden habe. Etwas. Belkala oder Lakastre ‐ sie hatte eine Tochter. Ich weiß es.« Er setzte sich. »Aber sie ist nicht da. Ihr Zuhause ist leer. Nur andere... Wesen.«
Er setzte sich und lächelte wieder. »Habe deine Kinder gesehen, sehr nett und aufgeweckt.« Das Lächeln verschwand abrupt. »Wieso sagten du oder einer von euch es uns nicht?« Er schaute in die Runde. »Wir tun ihr nichts. Im Gegenteil.« Er schwieg abwartend.
»Simar, es ist so«, holte Pashtak aus. »Wir wissen nichts über dich und deinesgleichen. Ihr habt uns vor den Kensustrianern beschützt, das ist richtig. Doch versteht unsere Zurückhaltung und unsere Vorsicht euch gegenüber. Es soll
keine Beleidigung sein.«
»Stell dir vor, jemand kommt samt seiner Familie in dein Haus, beginnt mit dem Umbau, lässt sich nieder und breitet
sich immer weiter aus«, sagte ein Versammlungsmitglied aufgebracht. »Was würdest du tun?«
»Ihn bewirten?«, erwiderte Simar überrumpelt. »Es ist so Sitte bei Gästen. Wusste nicht, dass es euch stört. Wir werden
unauffälliger sein.«
»Nein, ihr sollt gehen«, rief ein anderer aus der Deckung
des Rates heraus.
Simar schüttelte das tiefgrüne, lange Haar. »Nein, das werden wir nicht. Im Haus, um zu sagen wie ihr, ist etwas ... Wichtiges. Da ihr es uns nicht gebt, bleiben wir. Aber friedlich. Wir zahlen für alles, was an Kosten anfällt.«
»Darum geht es nicht.« Iffbal wandte sich an den Nicti und erhob sich, um durch seine Größe und seine vier Hörner auf der Stirn noch eindrucksvoller zu wirken, als es seine Stimme ohnehin war. »Ihr verbergt einfach zu viel.«
»Verbergen?« Simar kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
»Was hat es mit dem Amulett auf sich? Warum hasst ihr die Kensustrianer? Was wollt ihr mit Lakastras Tochter?« Die Fragen prasselten nur so auf Simar ein. »Welches Geheimnis hat es mit der Struktur von Ammtara und dem Namen auf sich?« Iffbal nahm Platz, langsam und königlich.
»Solange wir diese Einzelheiten nicht kennen, werdet ihr zum einen niemals aufrichtig willkommen sein und zum anderen nicht erwarten dürfen, dass wir euch dauerhaft dulden. Versteht ihr unsere Gründe?«
Pashtak machte sich innerlich den Vermerk, den Nimmersatten als nächsten Vorsitzenden der Versammlung der Wahren vorzuschlagen.
Simar betrachtete Iffbal, das Gesicht sah nachdenklich aus.
Er brauchte eine Weile, um die Sätze nachzuvollziehen und
den Inhalt zu erfassen. »Ich verstehe ein wenig«, gab er schließlich nach. »Doch es nichts ändert. Wir können nicht anders als tun, was wir tun.« Er stand auf, damit ihn alle sahen. »Ammtara ist ein heiliger Ort für uns. Lakastras Tochter ist eine Heilige für uns, so sandten wir Kundschafter, die sie suchen. Bevor die Kensustrianer es können, weil sie Mädchen töten wollen. Wollt ihr das, Tod von Mädchen?«
Iffbal warf Pashtak einen alarmierten Blick zu. »Du hast gesagt, dass die Kensustrianer schworen, Estra nichts anzutun.« »Sie schworen es mir«, bestätigte er. »Dann wisst ihr, wo Kensustria liegt! Gebt nichts auf ihre Schwöre ... Schwüre«, warnte Simar.
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