Brennende Schuld
feinen Pinselchen hinter meinem Vater hergelaufen und hätte ihm alles nachgemacht.« Sie warf den Kopf in den Nacken. »Ich erinnere mich, wie er mich gelobt hat, wenn ich ihm eine Scherbe brachte, die ich gefunden hatte. Wahrscheinlich waren es irgendwelche Glasscherben vom vorigen Wochenende, aber er gab mir das Gefühl, als hätte ich die Galeere Hannibals gehoben. Ich glaube, es gibt kein Erdloch und keine Höhle auf dieser Insel, in der ich nicht mit ihm war.«
»Sie haben ihn sehr geliebt, nicht wahr?«
»Oh ja. Er hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ohne sein Vorbild würde ich jetzt an der Playa D’en Bossa kellnern oder an einer Hotelrezeption sitzen.«
Sie schwiegen. Er spürte, dass ihr dies Schweigen unbehaglich war. Ein Verstand wie ihrer musste immer arbeiten. Er erinnerte sich daran, dass er diese »Denkmaschine« noch einmal hatte ausprobieren wollen, und jetzt war eine gute Gelegenheit. Vielleicht würde ihre Lust an scharfem Denken größer sein als ihre Scheu vor einem indiskreten Gespräch über ihren Stiefvater. Er würde es einfach versuchen.
Riskieren würde er nur, dass Prats die Verdächtigungen gegen ihn erführe und auf ihn losmarschieren würde. Damit musste er ohnehin rechnen.
»Ich habe heute Morgen das Haus eines Mannes namens Cayetano Herrera durchsucht«, begann er. »Er steht im Verdacht, ein Feuer gelegt zu haben, das zu dem verheerenden Waldbrand führte, bei dem auch Keulemans umkam. In seinem Zimmer habe ich Unterlagen gefunden, die besagen, dass er von Prats als Brandstifter angeheuert wurde.«
»Für diesen Brand?«, fragte sie ungläubig.
»Nein, für einen anderen. Früheren. Bei Buscastell. Der Brand damals war der Anlass, dass Prats seine Löschflugzeuge bekam.«
Sie nickte nachdenklich. »Es ist auf dieser Insel nicht gerade unüblich, Naturschutzgebiete mit einem Streichholz in Bauland zu verwandeln.« Costa fiel ihr Gespräch bei der Feier ein, wo sie darüber geklagt hatte, dass Prats auf das Terrain der Nekropolis ursprünglich einen Supermarkt hatte hinstellen wollen. Da und bei der Brandrodung war sie sicher nicht auf Prats’ Seite. »Aber er würde dafür gesorgt haben, dass Menschen dabei nicht zu Schaden kommen, da bin ich mir sicher. Sein Verhältnis zur Natur ist allerdings, wie soll ich sagen, zielgerichtet. Da hat die Partido Popular den Bock zum Gärtner gemacht.«
»Bei diesem ersten von Herrera gelegten Brand ist niemand zu Schaden gekommen. Er war generalstabsmäßig geplant. Von einem Brandexperten. So kam ich darauf, dass Prats einem Plan folgt, der viel weiter geht.«
»Soll heißen?«
»Mein Beruf hat mich gelehrt, nicht an Zufälle zu glauben. Im Moment erscheint aber alles zufällig. Fangen wir damit an, dass Prats eine Firma für Kühlsysteme hat, die an Ihre Vermessungstechniker Trockeneis liefert.«
»Er hat uns nie etwas dafür berechnet.«
»Unter der Totenstadt befand sich das Lager von Medikamentenschmugglern, die ihre Ware kühl halten mussten – und zwar ohne Strom, denn ein 10-Kilowatt-Generator wäre sicherlich zu hören gewesen. Also brauchten sie Trockeneis. Bei Cayetano Herrera fand ich einen DIN-A4-Fotoausdruck, auf dem zwei illegale Arbeiter von Keulemans zu sehen sind und der Pilot Ruben Cepero, wie sie Schmuggelgut abtransportieren.«
»Was für Schmuggelware war es?«
»Esozon. Ein sehr teures Aidsmedikament, das aus unterschlagenen UNO-Hilfslieferungen für den Sudan und Uganda stammte. Es wurde mit einem Löschflugzeug nach Ibiza geschmuggelt und von hier aus an Krankenhäuser und Pharmahändler in ganz Mitteleuropa verkauft. Mit Millionengewinn.«
Sie schnaufte verächtlich und schüttelte den Kopf.
Costa fuhr fort: »Als Nächstes präsentiert Jaume Prats auf Ihrer Feier einen Mäzen, Gilles Keulemans, den er, wie er ausdrücklich betonte, gerade erst persönlich kennen gelernt hatte und …«
Sie unterbrach ihn. »Das hat er gesagt? Seltsam. Ich meine, warum sollte er so etwas gesagt haben? Er und Keulemans waren zusammen in Marokko, auf der Tagung der Vereinten Nationen, auf der die Nekropolis zum Weltkulturerbe erklärt wurde.«
Costa war verblüfft. Gut, Prats hatte die Beziehung zu Keulemans heruntergespielt, aber dass einem cleveren Politiker eine Lüge so leicht nachzuweisen war, das hätte er nicht erwartet.
»Wir glaubten lange an eine Sekte, kamen dann auf Drogenschmuggel und stießen schließlich, wie gesagt, auf diese Unterschlagungsaktion Keulemans’ in großem Stil.«
»Und mein
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