Brennende Schuld
gegen einen Mächtigen dieser Insel und damit den Kampf gegen seinen Vorgesetzten Lopez Santander aufnehmen. Schon einmal hatte er die Mächtigen herausgefordert, als er seinen einflussreichen Onkel El Cubano des Mordes angeklagt hatte.
Tugend bedeute erst einmal Schmerz und Verzicht, hatte sein Vater ihn gelehrt.
Durch welche Anfechtungen würde er gehen müssen?
Er betrachtete das letzte Blatt in Cayetanos Sammlung. Es war eine zerknitterte schlechte Airbrush-Zeichnung aus irgendeinem Fantasyheft. Es zeigte eine Frau, walkürengleich, deren Harnisch die üppigen Brüste kaum verdeckte. Sie hielt ein Flammenschwert vor eine bis zum Horizont reichende Feuerwand, über die in blutigen Buchstaben der Titel des nächsten Comicheftes lief: Brennende Schuld.
Er war dankbar für die frische Luft und die Sonnenstrahlen, als er wieder auf der Straße stand, und wählte die Nummer des Bischofs.
Er hatte seinem jüngeren Sohn wahrscheinlich schon das Frühstück gemacht und ihn zur Schule gebracht. Dennoch klang seine Stimme verschlafen.
»Hallo, Rafal, kannst du mich in zehn Minuten im Montesol treffen? Und bring alles mit, was du über Prats auf die Schnelle finden kannst.«
»Ich bin nicht im Büro, Toni, ich bin zu Hause. Es ist Sonntag.«
Sonntag. Die Nächte seit Keulemans’ Tod hatte Costa kaum geschlafen, hatte sich von bocadillos, Kaffee und Nüssen aus dem Automaten ernährt, und nun war Sonntag. Mein Gott! Die Taufe von Jaume Prats’ Nichte. Er sah auf die Uhr. Die Feier würde in zwei Stunden beginnen, in Santa Inés auf der anderen Seite der Insel. Er hatte mit Laureana Sanchez verabredet, dass er sie eine halbe Stunde vorher am Museum abholen würde, damit sie gemeinsam dort hinfuhren. Ihm blieben noch anderthalb Stunden. Vorher musste Costa noch das Taufgeschenk zu Hause abholen.
»Ich liege noch im Bett«, sagte der Bischof ziemlich ruppig und fragte dann etwas freundlicher: »Hast du was Neues herausgefunden?«
»Sieht so aus. Wie lange brauchst du?«
»Gib mir vierzig Minuten.«
Der Kellner stellte die Tasse vor ihm ab und goss aufgeschäumte Milch aus einer Kanne in den Kaffee. Um das Denkmal zu Ehren des Generals Vara De Rey flatterten ein paar Tauben. Costa sah auf die Uhr. Seit seinem Telefonat eben war eine Stunde vergangen, und dieser Milchkaffee war sein dritter. Er hatte sich zu Hause ein schwarzes Jackett übergeworfen und das Silberkettchen mit dem zierlichen handgearbeiteten Ring für das Taufkind eingesteckt, den er auf Anraten der Dame im Schmuckladen gekauft hatte. Wir gravieren den Namen der Kleinen in den Ring, hatte sie gesagt und es ein klassisches Geschenk genannt. Er selbst fand es ein wenig einfallslos.
»Toni.« Er fühlte die Hand des Bischofs auf der Schulter. »Schneller ging es nicht.«
Der Dicke setzte sich ächzend nieder und winkte den Kellner mürrisch herbei: »Beweg dich, Mann. Bring mir einen Toast mit Käse und Schinken und einen Kaffee mit Brandy.«
Costa wusste, dass der Bischof gerne hier frühstückte, weil sie die besten Toasts machten – große Brote, in Dreiecke halbiert, gutes Öl, Manchego-Käse und Serrano vom Hinterschinken.
Während er einen Stapel Papiere auf dem Tisch ausbreitete, zeigte er mit dem Daumen über die Schulter: »Der hat schon hier gearbeitet, als ich zehn war.«
Er wühlte in seinen Unterlagen. »Und wie war’s bei dem netten Kerl, der dich umbringen wollte? Hat seine Mutter dir wenigstens einen Kaffee gemacht?«
Costa schilderte ihm seinen Besuch, legte ihm den Fotoausdruck vor, überließ die Schlussfolgerungen aber ihm.
»Du meinst, wenn er ihm damals den Auftrag gegeben hat, den Brand zu legen, damit er seine Löschflugzeuge kriegt, könnte er ihm auch diesmal den Auftrag gegeben haben?«
»Soviel ich weiß, hat der Surfer zusammen mit den Brandexperten herausgefunden, dass dieser Cayetano das Feuer an mehreren Stellen gelegt hat.«
»Er ist mit seiner Geländemaschine durch die Wälder um das Haus von Keulemans gerattert und hat überall Feuer gelegt. Und als Keulemans eingeschlossen war, kam dann die Attacke aus der Luft. Das würde also heißen, dass Jaume Prats Keulemans umgebracht hat. Richtig?«
»Würde ich sagen, ja. Seltsam war doch schon, dass er den Auftrag zur Sprengung der Finca auf dem Gelände der Nekropolis gab, dem einzigen Zugang zur Höhle.«
Der Bischof gab ihm Recht.
»Wenn wir bei Prats diese Kamera fänden, Rafal, wäre das der Beweis, dass er Cayetano mit der Ermordung der drei in der
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