Brennende Schuld
Karin, wenn es um berufliche Dinge ging. Bevor er jedoch darauf eingehen konnte, erschien ein Beamter in der Tür. Er salutierte.
»Teniente Costa? Alferez Navarro?«
»Was gibt’s?«, fragte Costa.
»Sie möchten bitte noch einmal zum Herrn Inselrat kommen.«
»Na, wer sagt’s denn?« Costa stand auf. » Vamos, Elena, ein neuer Akt beginnt.«
kapitel siebenunddreißig
Überraschenderweise war Campaña immer noch im Verhörraum. Er hatte doch zur Taufe zurückgehen wollen. Vielleicht gefällt es ihm hier besser, höhnte Costas innere Stimme. Der Rechtsanwalt hatte inzwischen einen Stenografen aus seinem Büro herbestellt. Alle drei warteten, und als Costa und Elena hereinkamen, raunzte Campaña: »Einen ungünstigeren Zeitpunkt hättest du dir für dies ganze Theater nicht aussuchen können, Toni. Ich muss wieder zurück, all meine Gäste warten. Aber gut.« Er hob die Hände in demütiger Ergebenheit. »Ich möchte noch einmal betonen, warum ich hier bin. Jaume«, er legte dem Inselrat die Hand auf die Schulter, »ist der Onkel meiner Frau. Du, Toni, bist der Pate meines Enkelkindes. Übrigens noch einmal vielen Dank für diesen Höhepunkt unseres Festes.« Er lehnte sich zurück und ließ seine Worte einen Moment wirken, während Costa Elena einen kurzen Blick zuwarf. Er meinte, in ihren Augen ein verächtliches Glimmen zu sehen. Sie war vom Festland, aus Granada, ihre Eltern hatten sich als Gastarbeiter in Deutschland jeden Pfennig selbst verdienen müssen – ihr war diese Vetternwirtschaft fremd. Und sicher erwartete sie die zwingende Schlussfolgerung, auf die Campaña mit seinem Gerede hinauswollte.
»Den strafrechtlichen Teil könnte jeder meiner Assessoren lösen, so lächerlich waren die Anschuldigungen, die nun ja wohl ausgeräumt sind. Ob die Durchsuchung von Jaumes Haus Hinweise auf die Person erbringt, die ihn betäubt hat, hat für Jaumes Situation keinerlei Bedeutung. Es ist nicht Jaumes Sache, Einbrecher zu verpflichten, Spuren zu hinterlassen.«
Was erwartete Campaña? Sollte Costa jetzt sagen, natürlich, Antoni, mein lieber Kumpel, es war dumm von mir, irgendwas anderes anzunehmen, schließen wir die Akte und gehen wir einen trinken? Er tauschte mit Elena unbemerkt wieder einen Blick aus. Was würde kommen, wenn er darauf nicht einging? Und warum war ein Stenograf hergeholt worden?
»Was ich sagen will«, fuhr der Anwalt fort, »ist, dass es sich hier um eine Familienangelegenheit handelt. Wir alle müssen dafür sorgen, dass der Skandal seiner vermeintlichen Verhaftung und die Bedrohung durch einen wahnsinnigen Verbrecher ausgelöscht werden. Dies war der Punkt, den wir in eurer Abwesenheit diskutiert haben, und der Inselrat hat sich entschlossen, eine hier gemeinsam formulierte Presseerklärung abzugeben. Ihr könnt da die Aufforderung an die Bevölkerung anhängen, alle Hinweise zur Ergreifung des Täters zu melden. Daher habe ich Señor Monterey hergebeten.« Der Stenograf erhob sich und verbeugte sich kurz zu Elena und Costa. Costa kannte ihn aus früheren Fällen. Campaña pflegte ihn mitzubringen, wenn er das Protokoll einer Vernehmung schnell abgeschrieben vor sich haben wollte oder wenn er der Polizei nicht traute. »Señor Monterey ist freiberuflicher Mitarbeiter verschiedener Zeitungen und Zeitschriften und wird für uns die Erklärung, die wir ihm inzwischen diktiert haben, veröffentlichen.« Er sah Costa mit seinen großen grau-blauen Augen strahlend an. »Ich denke, du hast das verstanden, Toni.«
Costa hatte es nicht verstanden, aber Campaña sprach gleich weiter und forderte den Stenografen auf, mit der Verlesung der Erklärung zu beginnen. Señor Monterey hatte einen großen Schreibblock auf den Knien, richtete sich steif auf und hustete gegen den Handrücken.
Elenas und Costas Augen begegneten sich wieder, und Costa war versucht, schallend loszulachen. Er fühlte sich wie als Kind, wenn er mit seiner Mutter eine strenge Tante im Harz besuchte, an deren Tisch jedes Sprechen, Flüstern oder sonst wie auffälliges Gehabe der Kinder verboten war. Er brauchte dann seiner Cousine Urte nur einmal auf die Nasenspitze zu schauen, und ihr verbissenes Gesicht explodierte in Lachen, gefolgt von dem Gewieher aller anderen Kinder am Tisch. Wer immer mit dem Lachen angefangen hatte, musste sogleich aufstehen, der Tante in das Nebenzimmer folgen, wo er oder sie übers Knie gelegt und versohlt wurde. Costa riss sich zusammen.
Prats hatte den Kragen seines Hemdes gelockert, das
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