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Brennende Schuld

Brennende Schuld

Titel: Brennende Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Driest
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seltsamen und vermutlich für jeden im Raum unverständlichen Entschlossenheit.
    »Meinen Respekt und meine Verehrung für Doña Josefa. Ich weiß natürlich, wie sehr sie mich verachtet und wie diese Version des schrecklichen Vorfalls damals entstanden ist.« Er wählte seine Worte langsam, mit großem Bedacht. »Sie ist eine schlaue Frau, aber in diesem Fall hat sie, mit Verlaub, keine Ahnung, wovon sie redet. Bis heute ist sie überzeugt, dass ich das Unglück dazu benutzte, einen Unschuldigen in den Selbstmord zu treiben.«
    Campaña unterbrach ihn, um noch einmal darauf hinzuweisen, dass es jetzt vollkommen unnötig war, auf diese längst vergangene Geschichte einzugehen, und fügte, zu Costa gewandt, hinzu: »Was auch immer damals passiert oder nicht passiert ist – es wäre sowieso alles verjährt.«
    »Darum geht es nicht, Antoni, es geht darum, dass ich nach Meinung der Menschen um mich herum nicht wie jemand dastehen will, der ich nicht bin«, sagte Prats mit Nachdruck.
    Campaña machte eine große Bewegung mit seinen Händen, die er dann zu seinem Krawattenknoten führte, um ihn enger zu ziehen. »Also bitte, Jaume, ich habe Zeit.« Er lächelte. »Ich nehme mir die Zeit.« Das war zugleich eine Aufforderung an Costa, Prats zuzuhören und ihn nicht zu unterbrechen.
    »Es war im September 1969, ein Dienstag. Ich sehe den ganzen Tag noch genau vor mir, und solange ich lebe, werde ich ihn sicher nie vergessen. Trasilio war einige Tage zuvor in meinem Büro gewesen, um eine Genehmigung für die Sprengung einer Felswand zu holen. Wir waren befreundet, das heißt, soweit man mit Professor Sanchez befreundet sein konnte. Er war ein sehr verschlossener Mann, voller Verachtung für Dümmere, und dazu zählte er jeden. Er wollte mit aller Macht den Einfluss der Karthager auf die damalige Welt nachweisen, ihnen gebührendes Ansehen verschaffen. Ohne den Stützpunkt Ibiza wäre die Eroberung der Mittelmeerländer, die fast zum Untergang Roms geführt hätte, nicht möglich gewesen. Na ja, wie dem auch sei.« Prats verschränkte die Finger wie zum Gebet. »Ich besorgte ihm jedenfalls die Genehmigung, legte das Datum für die Sprengung fest und kümmerte mich persönlich um die Vorbereitungen. Daher war ich auch vor Ort, als die Sache passierte. Wir waren den ganzen Tag über in der Cala San Vincente beschäftigt. Wir mussten das Gebiet absperren, die Löcher für die Dynamitstangen bohren und schwache Seitenstollen abstützen. Die Zündkabel waren gelegt, es war alles fix und fertig, die Höhle musste nur noch geräumt werden und die Sprengung gezündet, als mir eine poröse Gesteinsformation auffiel, die ich zuvor nicht bemerkt hatte und die sich quer durch eine Abstützwand zog.«
    »Das heißt?«, unterbrach ihn Costa.
    »Die Höhlenwände bestanden aus Sedimentgestein«, antwortete Prats. »Muschelkalk, über Jahrtausende zusammengepresst. Dabei gibt es aber auch lockere Zwischenschichten aus Kiesel oder Sand. Und das schien mir in diesem Fall so zu sein.«
    Prats schien zu merken, dass sein Gegenüber ihn nicht verstand. Geduldig holte er weiter aus: »Bei einer Sprengung wie dieser ist es von größter Bedeutung, dass nur ein Teil, in diesem Fall eine Felswand, in sich zusammenfällt, ohne dass die ganze Höhle einstürzt. Die Platzierung des Sprengstoffs setzt eine genaue Berechnung der Statik voraus. Wenn eine Sandader übersehen wurde, die durch eine Wand läuft, die man zum Abstützen des Gewölbes braucht, kann das tödliche Konsequenzen haben.«
    Costa nickte, und Prats fuhr fort: »Ich ging also zu Trasilio, der schon an der elektrischen Zündanlage stand und mich fragte, ob ich der Letzte sei. Es kann sein, dass ich nickte, denn es kam gar nicht mehr darauf an, ob sich noch jemand in der Höhle befand. Die Sprengung musste unbedingt verschoben werden. Ich erklärte Trasilio meine Einwände. Und wir wussten beide, dass das einen Aufschub der Sprengung von mindestens vierzehn Tagen bedeutete.
    Damit war für mich die Sache erledigt, und ich ging zu meinem Wagen, der in etwa fünfhundert Metern Entfernung auf der Straße nach Portinatx geparkt war. Ich hatte ihn noch nicht erreicht, da überkam mich so ein komisches Gefühl, und ich rannte zurück. Ich sah Trasilio nicht mehr an der Zündanlage und wollte gerade sichergehen, dass sie wirklich außer Funktion war, als es eine große Erschütterung gab und der Boden bebte. Ich wusste sofort, was geschehen war. Trasilio hatte doch gesprengt. Wütend rannte ich

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