Brennende Schuld
will. Trotz meiner Leibwächter.«
»Wissen Sie, was Molk bedeutet?«
Prats starrte ihn an, als wäre er ein seltenes Reptil. »Nein. Weiß ich nicht, nein.« Er wartete auf eine Reaktion Costas. »Sollte ich?«
»Ich denke, ja«, antwortete Costa.
Prats ließ sich erschöpft im Stuhl zurücksinken und schüttelte den Kopf.
Normalerweise würde Costa über diesen Versuch lachen, die Wahrheit so zurechtzudrehen. Diesmal aber war er fasziniert von der Geschicklichkeit, mit der Prats das machte. Oder von der Effizienz, mit der es Campaña in seiner kurzen Unterredung mit Prats geschafft hatte, all die Ermittlungsergebnisse, die sie in Keulemans’ Firma gefunden hatten und die Partnerschaft zwischen Keulemans und Prats belegten, zu einem neuen Bild zusammenzusetzen, in dem Prats’ gesamte Beteiligung legal und harmlos erschien. Was war schon dagegen zu sagen, dass ein Politiker einem Mitarbeiter der UNO half, Medikamente umzupacken, um sie in Krisengebieten effizienter verteilen zu können?
»Haben Sie eine Ahnung, Herr Inselrat, wer die Person sein könnte, die am Sonntag in Ihr Haus eingedrungen ist?«
Prats schüttelte den Kopf, sah Campaña Hilfe suchend an, schüttelte wieder ratlos den Kopf und hob beschwörend die Hände. »Señor Costa, ich vertraue ganz auf Ihre Fähigkeit, Sie müssen ihn finden!«
»Was für ein Schauspieler! Das war bühnenreif«, rief Elena empört, als sie mit Costa allein in seinem Büro war.
»Ist Politik nicht auch Schauspiel?« Costa stellte seinen Kaffeebecher auf den Schreibtisch.
»Als er die Leiche von Cepero gesehen hat, was hat er da gesagt? ›Man kann ja nichts erkennen. Furchtbar. Wer tut einem Menschen so etwas an?‹ Und sein Schauspiel bei der Ehrung der Piloten, wo er doch wusste, dass Cepero nicht durch die Tür kommen würde. Und jetzt spielt er uns schon wieder etwas vor. Jaume Prats ist der Inselrat für Dreck am Stecken. Ich glaube ihm kein Wort.«
Costa rührte nachdenklich mit einem Plastikstiel in seinem Pappbecher. »Auf mich wirkte er jetzt nicht wie ein Schauspieler, der alles unter Kontrolle hat. Im Gegenteil. Ich glaube, er hat Todesangst.« Elena sah Costa überrascht an. »Der Mann ist am Ende.«
Elena probierte zum wiederholten Mal, den Surfer zu erreichen.
»Er geht nicht ran. Ich versuch’s gleich noch mal.« Sie lehnte sich zurück und hob die Arme, um sich zu strecken. »Du liegst völlig falsch. Prats ist ein machtgeiles Schwein. Der geht über Leichen. Panik kennt der nicht. Das war eine Aufführung. Es würde mich nicht wundern, wenn in ein paar Minuten Campaña auftauchen und uns erklären würde, Prats möchte fünfhunderttausend für die Hinterbliebenen der im Dienst gefallenen Polizisten spenden.«
Costa musste zugeben, dass die Schachzüge Campañas und Prats’ ungewöhnlich, schnell und überraschend waren. Was würde wohl als Nächstes kommen?
»Wieso hast du Zweifel?«, fragte Elena. »Prats lernt Keulemans kennen und kalkuliert die Schmuggelidee durch. Keulemans hatte die Idee, kann die Medikamente besorgen und hat auch Verbindungen zu den Absatzmärkten. Ihm fehlen die Mittel für die Umetikettierung und den Transport. Die bietet ihm Prats. Darüber hinaus soziale Tarnung hier auf der Insel. Sie brauchen ein Flugzeug. Der Inselrat wird keine Löschflugzeuge bewilligen, deswegen beauftragt Prats Cayetano Herrera, einen Brand zu legen. Herrera ist ein Psycho, ihm wird sowieso nie jemand glauben. Die Sache klappt, die Flugzeuge werden bewilligt, der Schmuggel beginnt. Um Personal, Ablauf und Kontakte zum Zoll kümmert sich Keulemans, Prats bleibt völlig im Hintergrund. Nirgendwo erscheint sein Name. Die ideale Höhle liegt unter der Nekropolis, ein vergessenes Projekt, das Prats immer verhindert hat. Keulemans besorgt den Piloten in Marokko und erklärt ihm, der Job würde darin bestehen, zwischen Tanger und Ibiza hin- und herzufliegen. Drogen? Nein, Medikamente. Welches Flugzeug? Bewirb dich bei der Brandbekämpfung, du wirst den Job kriegen. Dann tarnst du die Flüge als Übungen zur Brandbekämpfung. Wasseraufnahme auf dem Meer. Niemand wird Fragen stellen, dafür ist gesorgt. Cepero ahnt, dass Prats dahinter steckt, trifft ihn aber nie. Alle Befehle und das Geld für die Flüge kommen von Keulemans. Keulemans besticht diesen Monsieur Félix Mohammed Habré aus N’Djamena und besorgt die Medikamente, die mit Lastwagen nach Algerien geschafft werden, wo Cepero sie dann abholen wird. Keulemans kauft eine Firma in
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