Brennende Schuld
einer ganz anderen Ebene.«
»Und die wäre?«
»Prats und Campaña sind in die Offensive gegangen. Prats hat den großen Unbekannten erfunden, hat sich selbst in Schutzhaft begeben, Campaña begleitet das durch eine Presseerklärung, in der er unseren guten Santander unter Druck setzt, den Wahnsinnigen zu finden, der als Nächstes Inselrat Prats umbringen wird, während wir in der Gegend herumfahren und uns mit einem Fischer über einen Unfall unterhalten, den es hier vor langer Zeit mal gegeben hat.«
Ärgerlich versuchte Costa, einen VW zu überholen, aber der Gegenverkehr erlaubte es nicht, er musste bremsen und wieder hinter diesem stinkenden Diesel herkriechen. Er nahm das zum Anlass, Elena geduldig zu bitten, die Prämisse zu akzeptieren, dass es sich damals um ein Verbrechen handelte, das entweder von Prats oder von Trasilio Sanchez begangen worden war.
Eine Weile blickte sie schweigend aus dem Fenster. Dann wandte sie sich ihm abrupt zu. »Wenn du so scharf hinter der Isomorphie her bist, wie man das wissenschaftlich nennt, dann müsste sich Prats jetzt wegen der öffentlichen Schuldanklagen in seiner Zelle erhängen.«
»Weil sich Laureanas Vater damals wegen der öffentlichen Beschuldigungen das Leben genommen hatte und nicht aus Schuldgefühl?«
»Bei diesen machthungrigen Männern spielt es keine Rolle, ob sie schuld waren oder nicht. Für sie ist nur wichtig, ob ihr Ansehen beschädigt ist.«
Costa sah Prats noch einmal vor sich, wie er sich verkrampft am Tisch festhielt. Vielleicht war seine Verzweiflung doch echt. Und Costa drängte sich das Bild auf, wie Prats auf diesen Tisch steigt, den Kopf in eine Schlinge steckt und springt.
»Wenn Prats weiter auf seiner Schutzhaft besteht, sollten wir ihn ins Untersuchungsgefängnis überführen lassen.«
Elena nickte.
Sein Mobiltelefon. Es war der Surfer. »Xico, was gibt’s?«
»Ich bin im Präsidium. Die Routine kriegen die Jungs auch ohne mich hin. Das hier ist wichtiger. Der Notdienst der belgischen Firma hat den Safe aus Keulemans’ Haus aufgekriegt.«
»Und? Habt ihr was gefunden?«
»Ja.« Der Surfer unterbrach das Gespräch.
»Hallo«, rief Costa, aber das Gespräch war weg.
Er war sicher, dass sie die Lösung des Falles hatten. Die Stimme des Surfers war schwer und gewichtig gewesen, und das passierte nur, wenn er die Lösung eines Rätsels hatte, an dem sie manchmal seit Wochen knackten.
»Was war?«, fragte Elena.
»Der Surfer. Sie haben Keulemans’ Tresor aufbekommen.«
»Und?«
»Er hat ausnahmsweise mal keinen Witz gerissen.«
»Dann haben sie die Lösung.« Sie schlug ihm auf die Schulter, verschränkte die Arme und sah zufrieden aus dem Fenster.
kapitel neununddreißig
Elena und Costa trafen den Surfer in dem Gebäudeteil, wo die polizeitechnischen Untersuchungen stattfanden und er ein eigenes kleines Büro hatte. Hierhin war der Tresor aus Keulemans’ abgebrannter Villa gebracht worden. Der Techniker der Herstellerfirma, den Elena hatte kommen lassen, war offensichtlich gerade fertig geworden, denn er packte seine Werkzeuge zusammen und verabschiedete sich vom Bischof, der ihm bei der Arbeit zugeschaut hatte.
Er und der Surfer standen an einem groben Holztisch, auf dem sich der Wandsafe befand. Er war von Schmutz und Ruß gesäubert. Die Tür stand auf.
»Achthundert Euro hat der Spaß gekostet, Flug extra.« Der Surfer studierte laut die Rechnung. »Dreiwandige Tür, thermogeschützt, 95 mm, Türblatt 12 mm geöffnet. Notverriegelung entsperrt. Innentresor mit Zylinderschloss geöffnet. Das Ganze hat zehn Minuten gedauert. Den Stundenlohn hätte ich auch gerne.«
»Was ist hier eigentlich los?«, fragte Costa. »Wir waren auf dem Weg zu Prats. Der eine geht nicht ans Telefon und der andere liest mir Rechnungen vor!«
Statt zu antworten, deutete der Surfer auf das, was im Tresor gewesen war.
Das Erste, was Costa sah, war eine undefinierbare, zerlaufene schwarze Masse.
Hundescheiße, dachte er.
»Leonidas-Pralinen, aus Brüssel«, sagte der Bischof, »leider geschmolzen.«
Sein zweiter Blick fiel auf ein Foto. Er nahm es heraus und musste sich setzen. Was er sah, verschlug ihm den Atem. Ein Foto von Karin und Keulemans. Ein Gedankensturm wirbelte durch sein Gehirn. Keulemans nackt – und Karin auf ihm in Dessous, wie er sie noch nie an ihr gesehen hatte. Sein Magen krampfte sich zusammen.
Der Surfer und sein Vetter hatten das Bild zweifellos gesehen, denn er las Betretenheit und Sprachlosigkeit in ihren
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