Brennende Schuld
vorknöpfen.«
»War vielleicht ein Fehler«, knurrte Costa.
»Jetzt ist er tot, nun werden wir es wohl nie mehr rausfinden.«
»Hätte mich aber doch interessiert.«
»Würde uns das irgendwie weiterbringen?« Der Surfer grinste.
Costa schüttelte den Kopf. Was für ein Arschloch. Vielleicht will man wissen, wer einen umbringen wollte, auch wenn es einen nicht weiterbringt.
Um sich von seinem Ärger abzulenken, sagte er laut: »Wer könnte ein Interesse daran gehabt haben, Keulemans’ Tod wie einen Unfall aussehen zu lassen?«
»Leute, die sich durch ihr Motiv entlarven. Seine Erben. Stehen wir deswegen hier?«
»Keulemans war verheiratet. Wir warten auf seine Frau.«
Der Surfer pfiff durch die Zähne. »Meinst du, sie hängt mit drin?«
Costa zuckte die Schultern. »Bis jetzt weiß ich noch nicht einmal, wie sie aussieht.«
Die Gepäckhalle füllte sich mit einem neuen Schwall von Passagieren. Er taxierte die Grüppchen, die sich am Laufband aufstellten: lachende Schwule mit lautem Kölner Akzent; gestylte Damen um die fünfzig mit engen Jeans und paillettenbesetzten Jacken, kleine Hunde auf den Armen, oder auf eine große Kiste wartend, wenn sie große Hunde hatten. Begleitet wurden sie von älteren Herren mit Pferdeschwanz und Sonnenbrille, die niemanden anblickten, damit niemand sie für normale Touristen hielt. Ein Wanderverein mit Rucksack und Stock diskutierte die Wanderrouten der Insel, die gut ausgeschildert und gepflegt seien. Ein paar Mädchen mit knapp sitzenden Hüfthosen plapperten aufgeregt vom Non-Stop-Nachtleben, das sie in den nächsten zwei Wochen erwartete.
Costa konnte keine Reisende entdecken, in der er die belgische Ehefrau des Ermordeten erkannt hätte. Sie wird wohl kein Gepäck haben, dachte er. Jemand, der nur die Asche seines Mannes abholt, will schnell wieder fort.
Er sah zu dem kontrollierenden Beamten hinüber, vor dem sich bereits eine Schlange bildete. Empörung wurde laut, Wortfetzen wie »Europa«, »Dritte Welt«, »Bananenrepublik« drangen als kleiner Kanon bis zu ihm.
Als der Beamte winkte, eilte Costa zu ihm und sah sich den Pass an.
»Marit Keulemans?«, fragte Costa die Frau, die gerade überprüft wurde.
Sie war blass und sah übermüdet aus, doch ihre Augen blickten wach und gereizt. »Ja, das bin ich.«
»Mein Name ist Costa. Ich bin von der Guardia Civil. Ich bin hier, um Ihnen zu helfen.«
Er gab dem Zöllner ein Zeichen, dass die Kontrolle beendet sei.
»Sie wollen mir helfen? Meinem Mann konnte anscheinend niemand helfen.«
»Ich kann Ihre Verbitterung verstehen«, sagte er. »Aber mit Ihrer Hilfe werden wir die Umstände aufklären können, die zum tragischen Tod Ihres Mannes führten. Haben Sie Gepäck?«
»Nur diese Tasche. Ich werde morgen sofort nach dieser lächerlichen Pilotenehrung zurückfliegen. Wofür werden sie geehrt? Für unterlassene Hilfeleistung?« Ihre Stimme wurde lauter, einige Reisende schauten sich um.
»Ich verstehe Sie«, sagte Costa.
»Wie können solche Leute geehrt werden? Es war doch offensichtlich, dass das Haus im Zentrum des Brandes lag. Und es ist von Rasenflächen umgeben. So nah reicht der Wald doch gar nicht heran! Wieso hat man ihn nicht mit einem Hubschrauber ausgeflogen?«
»Wir stehen hier etwas ungünstig, Frau Keulemans. Kommen Sie bitte mit. Wir können uns auf der Fahrt unterhalten.« Er zeigte ihr die Richtung und berührte leicht ihren Arm.
Ein unschätzbarer Vorteil des Dienstwagens war, dass er ihn überall parken konnte. Das Auto stand direkt vor dem Ausgang auf dem Taxihalteplatz, ohne dass einer der wartenden Fahrer daran Anstoß nahm. Frau Keulemans stieg ein, während der Surfer sein Auto holte, um ihnen hinterherzufahren.
»Wann waren Sie das letzte Mal auf Ibiza?«, begann Costa.
Sie sah ihn verwundert an. »Noch nie.«
»Aber das Haus Ihres Mannes? Woher kennen Sie es?«
»Er hat mir Fotos geschickt. Ich sollte ja in zwei Monaten zu ihm ziehen. Ich hatte bereits einen Käufer für unsere Wohnung in Antwerpen.« Sie seufzte. »Zum ersten Mal in seinem Leben verdiente er richtiges Geld, und jetzt das.«
Costa wäre vor Überraschung fast über ein Stoppschild gefahren.
»Ich dachte, Ihr Mann war ein erfolgreicher Kaufmann in der Verpackungsbranche?«
»Mein Mann war Soldat bei den Blauhelmen. Er war immer unterwegs. Ich habe ihn manchmal Monate nicht gesehen. Die Idee mit der Verpackungsfirma kam ihm erst, nachdem er sich in den Vorruhestand hatte versetzen lassen, Ende letzten
Weitere Kostenlose Bücher