Brennende Sehnsucht
verschwunden, Tessa. Verschwunden!«
Sie drückte die Hände auf den Schmerz in ihrer Brust. »Er ist weg, und dort, wo er war, ist jetzt nichts als gähnende Leere.« Sie wandte sich ab, zu verletzt, als dass sie das Fehlen jeglichen Verständnisses im Blick ihrer Tante aushielt.
Tessa räusperte sich unbehaglich. »Du bist zu emotional, Phoebe. Das warst du schon immer. Es besteht kein Anlass, derart... derart leidenschaftlich über...«
Phoebe wirbelte herum. »Über Liebe? Über eine Liebe, die jeden Sonnenaufgang einen Genuss werden lässt, allein, weil ich ihn an diesem Tag sehen könnte? Über einen Mann, der direkt durch die hübschen Posen und den wedelnden Fächer blickt, der mich sieht, so wie ich bin, wie ich wirklich bin – der mich sieht und dem ich trotzdem am Herzen liege.« Die Kehle schnürte sich ihr zu, und ihre Knie gaben nach.
Sie ließ sich auf den Stuhl fallen. »Ich glaube...« Sie schluckte. »Ich glaube, ich sollte wegen eines solchen Mannes sehr leidenschaftlich sein. Lass mich in Ruhe, Tessa. Lass mich einfach in Ruhe.«
Rafe schaute von seiner Arbeit auf und lauschte. Stimmen. Dieses Mal stritten sie sich laut genug, sodass er sie deutlich hören konnte. Er schleppte sich zur Tür und presste ein Ohr an das dicke, schmierige Holz. Zu beiden Seiten seines Kopfes drückten auch seine Hände gegen die Tür, aber er beachtete den Schmerz seiner zerschundenen Fingerspitzen oder den Gestank seiner schmutzigen Finger nicht. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Männer im Haus über ihm.
Hinter ihm schmückte ein neuer Schatten den heruntergekommenen Rübenkeller. Hoch oben an der Wand war ein neues Loch, das bald ein Fenster wäre, er hatte zwei Backsteine mit nichts als bloßen Fingern und Verzweiflung aus der Wand gepult. Es war ein kleines Loch, aber es wurde beständig größer. Wäre die Wand nicht aus zwei Reihen Backsteinen gemauert, dann würde er bereits Tageslicht sehen.
Er lauschte angestrengt. Zwei Stimmen, eine bellend und deutlich, die andere etwas höher und weniger klar. Sie stritten sich... über einen Brief?
Wolfe klatschte den Brief, den sie in Brookhavens Tasche gefunden hatten, auf den klapprigen Tisch und schlug mit der Faust darauf. »Du weißt, dass ich die Handschrift nicht fälschen kann! Du jedoch hast doch seit Jahren meine Unterschrift gefälscht!««
Stickley zwinkerte heftig mit den Augen. »Ich – was für eine Anschuldigung!«
Wolfe verdrehte die Augen. »Pass auf, Stick, es ist mir egal. Mach einfach weiter damit und bescheiß mich nicht mehr, als ich es verdient habe. Alles andere spielt keine Rolle.«
»Besch...? Ich?«
Wolfes Faust hämmerte auf den Tisch und ließ ihn springen, ließ Stickley aufspringen und verursachte ein Zucken in den schmerzenden, erschöpften Schultern des Mannes, der im Keller lauschte. »Stick, ich hab’s dir doch gesagt. Es ist mir egal. Wir haben eine funktionierende Partnerschaft. Du kümmerst dich ums Geschäft. Ich sorge dafür, dass nichts dem Geschäft zuwiderläuft.«
Stickley vergaß, lange genug zu zittern, um indigniert zu schnauben. »Und worin genau besteht das?«
Wolfe legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen. »Es besteht darin, dafür zu sorgen, dass wir das Pickering-Vermögen nicht an Brookhaven verlieren. Es besteht darin, dafür zu sorgen, dass Miss Millbury einen Brief von Brookhaven erhält, in dem er ihr mitteilt, dass er es einfach nicht ertragen kann, sie zu heiraten, und dass er eine Auszeit von der Anstrengung seines Daseins nehmen muss.«
Stickley zog skeptisch die Stirn in Falten. »Er wird demnächst zum Herzog von Brookmoor ernannt. Er würde sich nicht gerade jetzt eine Auszeit nehmen.«
»Aber natürlich würde er das. Immerhin liegt Brookmoor schon seit Jahren im Sterben. Das kann einen Mann ganz schön fertigmachen.«
Stickley streckte die Hand aus und zog den Brief näher an sich heran. »Also, ich glaube, ich könnte die Handschrift nachmachen, und dieser Brief ist an Miss Millbury persönlich adressiert, also ist die Anrede angemessen.«
Er murmelte weiter vor sich hin, während Wolfe sich den anderen Holzstuhl nahm und seine Frackschöße aufwändig arrangierte, als setzte er sich auf einen Thron. Dann goss er sich ein Glas Wein aus der Flasche, die auf dem Tisch stand, ein, schwenkte und roch daran und kippte es in einem großen, mühelosen Schluck herunter.
Stickley blickte auf und starrte ihn über den Rand der auf seiner Nasenspitze
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