Brennende Sehnsucht
dann trat er neben sie ans Fenster. Er nahm ein wenig ungelenk ihre Hand. »Als ich Eurer Tante meinen Antrag schickte, wusste ich, dass Rafe Euch für sich haben wollte. Ich glaube, ich wusste sogar, dass Ihr ihn mir vorziehen würdet.«
Sie starrte ihn an. »Aber warum? Ich bin zwar nicht hässlich, aber auch nicht wirklich schön. Ich verstehe... zumindest dachte ich, ich würde es verstehen, warum Rafe mich wollte... aber warum habt Ihr Euch für mich entschieden?«
Er zuckte die Achseln. Es war merkwürdig, einen Mann so zögern zu sehen, der sich seiner selbst normalerweise sehr
sicher war. »Ich nehme an, mir reichte es aus, zu wissen, dass er Euch wollte, um Euch auch zu wollen... anfangs. Jetzt...«
»Ich verstehe. Also wäre dann derjenige von Euch, der mich am Ende bekam, der Bessere. Ist das so?«
Er sah aus, als sei ihm sehr unbehaglich zumute. »Ich... ich glaube, so hat es angefangen, ja. Zumindest für mich.«
Sie hob eine Hand. »Erspart mir weitere Erklärungen. Wir haben uns beide schlecht benommen.«
Er wich ihrem Blick nicht aus. »Ja.« Er holte Luft. »Ich fürchte, Rafe hat schon immer den Teufel in mir geweckt.«
Phoebe wollte ihm ihre Hand entziehen. »Unsere Teufel gehören uns selbst, Mylord. Wir sperren sie ein oder lassen sie frei, wie es uns gefällt.«
Calder ließ sie nicht los. »Phoebe, Ihr müsst nicht nach Thornhold zurück.«
Sie ließ ihre Hand in seiner. Welchen Unterschied machte es schon? »Doch, das muss ich. Die Klatschspalten werden bald vor Geschichten über uns überquellen. Ich möchte mich dem nicht hier in London stellen müssen.«
»Es gibt eine Lösung.« Er lockerte seinen Griff und ließ seine Finger vertraulich zwischen Phoebes gleiten. Phoebe beobachtete ohne großes Interesse, wie ihre Finger einander umschlangen.
Calder lächelte, zumindest kam es einem Lächeln näher als alles, was Phoebe bisher an Gemütsregung bei ihm gesehen hatte. »Phoebe, ich bin in den letzten Tagen zu der Erkenntnis gelangt, dass Ihr eine bewundernswerte Frau seid, eine Frau voller Stärke und Würde. Ich bitte Euch, meine Marquise zu werden – und meine Herzogin, wenn es eines Tages so weit ist.«
Es war ihm doch noch gelungen, sie zu überraschen. Sie blinzelte ihn an. »Mylord, ich wäre eine schreckliche Herzogin.
Habt Ihr nicht bemerkt, dass ich recht indiskret bin?«
Seine Finger schmiegten sich sinnlich zwischen ihre. Sie spürte ihn, spürte die Hitze und Stärke seiner großen Hand. »Phoebe.« Seine Stimme war weich und heiser, als er zärtlich an ihrer Hand zog, sie behutsam einen Schritt auf ihn zuzumachen zwang. »Würdet Ihr wirklich lieber Eure Zukunft in Schande leben? Wäre meine Frau zu werden wirklich so schlimm?«
Phoebe machte den Schritt, denn sie fing gerade an, sich genau dieselbe Frage zu stellen. Der Gedanke, jetzt oder jemals wieder einem anderen Mann zu gehören, diesen schmalen Grat zwischen Verzweiflung und übergroßer Freude zu gehen, eine herzzerreißende Leidenschaft zu erfahren und in dieses schwarze Loch zu fallen – nein, das würde sie nie wieder freiwillig tun.
Als Calders Lippen die ihren berührten, schloss Phoebe die Augen und wartete. Sein Mund war warm, seine Lippen fest und liebkosend. Er ließ eine Hand ihren Arm hinaufgleiten, um ihren Hinterkopf zu umfassen, und intensivierte behutsam den Kuss.
Irgendwo in ihrem Innern erinnerte sich ihr Körper an seine Größe, Stärke und Männlichkeit. Sie wurde sich einer leichten Wärme in ihrem Unterleib bewusst und eines Kribbelns in ihrer Brust.
Ihr Herz jedoch blieb vollkommen ungerührt. Es war vor Calder sicher, sicher vor dem wilden Ritt.
Calder beendete den Kuss und trat einen Schritt zurück. Er legte ihr die Hand unters Kinn, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. »War das so schrecklich?«
Sie könnte es tun. Sie könnte Calder heiraten und Schutz hinter seiner Macht und seinem Status finden. Sie würde das Pickering-Vermögen erben. Sie wäre immun.
Es wäre nicht das Leben, das sie sich mit Rafe vorgestellt hatte. Es wäre nur ein halbes Leben, was vielleicht besser war, als überhaupt kein Leben zu haben. Sie war sich nicht einmal sicher, dass sie nach Thornhold zurückkehren könnte. Rafe hatte sie mit seiner Leidenschaft und seiner Intensität verändert. Sie wäre nie mehr dieselbe. Doch sie müsste sich wieder ändern. Könnte sie den Mantel einer Herzogin tragen?
»Calder, hast du jemals von jemandem geträumt, und dieser Traum war so wirklich, so
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