Brennende Sehnsucht
erstklassiger Bursche. Ich selbst hätte keinen Besseren für dich aussuchen können.«
Warum heiratet Ihr ihn dann nicht?
Oh Himmel, sie hatte das doch wohl nicht gerade laut gesagt?
Nein, niemand schien schockiert oder entsetzt. Ganz im Gegenteil, die aufgesetzt guten Mienen hörten einfach nicht auf. Die aufmüpfige Bemerkung hatte nur so laut und deutlich in ihrem Kopf geklungen, dass sie hätte schwören können, dass sie es laut gesagt hatte.
Brookhaven schien mit dem Vikar gleichermaßen zufrieden. »Wie erfrischend ist es doch zu erfahren, dass Miss Millbury ihr ganzes Leben lang einem so vernünftigen Denken ausgesetzt war. Heutzutage haben so viele junge Damen nichts als Kleider und Bälle im Kopf«, sagte er anerkennend.
Phoebe hatte plötzlich vor Augen, wie er ihr den Kopf tätschelte. Braver Hund. Das soll er nur versuchen, dachte sie, und ihr wurde ein wenig schwindelig bei dem Gedanken.
Phoebe sah, wie Deirdre sich fest auf die Unterlippe biss. Wenigstens war sie nicht die Einzige, die fast platzte, diesem aufgeblasenen Brookhaven einmal ordentlich die Meinung zu sagen. Dann legte Tessa allem Anschein nach zärtlich die Hand auf Deirdres Schulter und drückte sie, bis ihre Knöchel weiß hervortraten.
Obwohl es extrem schmerzhaft sein musste, zuckte Deirdre nicht mit der Wimper. Sie behielt ihr leeres Lächeln bei, während sie Tessas Hand mit töchterlicher Zuneigung tätschelte.
Phoebe war von ihrer eigenen schwierigen Lage für eine Weile abgelenkt, als sie daran dachte, mit welch beiläufiger Gewohnheit Deirdre diese schmerzhafte Züchtigung hingenommen hatte. Wie es schien, war zwischen den beiden doch nicht alles so perfekt, wie Phoebe zunächst geglaubt hatte. Vielleicht war es doch besser, einen Vater wie den Vikar zu haben.
Und jetzt kannst du einen Mann heiraten, der genauso ist
wie er, dir wird es nie erlaubt sein, wirklich erwachsen zu werden. Von der perfekten Tochter des Vikars zur perfekten Ehefrau des Herzogs, ohne dass du zwischendrin auch nur einmal richtig Luft holen konntest.
Mit einer Einschränkung – sie war nicht perfekt. Wie sollte sie ihm das in ihrer Hochzeitsnacht erklären? Der Vikar wäre ihr in dieser Hinsicht keine Hilfe, denn er ging davon aus, dass Terrence sie sitzen gelassen hatte, bevor es zu ihrer Entjungferung gekommen war. Phoebe hatte nie den Mut aufgebracht, ihn in diesem Punkt zu korrigieren.
Der Marquis sprach gerade. Mit Mühe konzentrierte sich Phoebe wieder darauf, was er sagte.
»Nach reiflichem Überlegen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es nicht besonders effizient wäre, meine Besuche hier fortzusetzen.«
Er hatte vor, sich bis zur Hochzeit rarzumachen? Wie erleichternd.
»Stattdessen möchte ich Eure ganze Gesellschaft für die nächsten vierzehn Tage nach Brook House einladen. Lady Tessa, mithilfe meines ausgezeichneten Personals wird es Euch möglich sein, Miss Millbury bei den Hochzeitsvorbereitungen zu unterstützen.«
Er hatte also die mäßige Bereitschaft der Dienerschaft bemerkt. Phoebe konnte den armen Leuten, die für Tessa arbeiten mussten, keinen Vorwurf machen. Man musste schon einen angemessenen Lohn erhalten und pünktlich bezahlt werden, um seine Arbeit gerne zu machen.
Es war ein freundliches Angebot, auch wenn es eindeutig seinem eigenen Wunsch nach Bequemlichkeit erwuchs. Phoebe öffnete den Mund, um höflich abzulehnen.
»Was für eine reizende Idee!«« Tessas Augen leuchteten vor Freude über den damit verbundenen sozialen Aufstieg. »Wir werden sofort mit dem Packen beginnen.«
»Dazu besteht kein Anlass«, sagte Brookhaven trocken. »Ich lasse Eure Sachen heute Nachmittag hinüberbringen.«
»Oh, wie wundervoll!« Tessa jubilierte und bekundete mit großem Aufwand ihre Dankbarkeit. Dann sah sie Brookhaven scharf an. »Bis zur Hochzeit, sagtet Ihr?«
Oh nein. Tessa wollte wohl am liebsten für die gesamte Saison seine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen. Da Phoebe sich lieber Nadeln ins Auge stechen würde, als einen Moment länger als nötig unter einem Dach mit Tessa zu leben, wartete sie mit angehaltenem Atem auf Brookhavens Antwort.
Brookhaven starrte Tessa an. Tessa starrte unnachgiebig zurück. Phoebe schaute zu und war fasziniert vom Machtkampf zweier Menschen, die es offenbar beide gewohnt waren, ihren Willen durchzusetzen.
Einerseits war es gut zu sehen, wie Tessa einen ebenbürtigen Gegner fand. Andererseits hatte Brookhaven sie, Phoebe, nicht gefragt, was ihr in dieser Hinsicht lieber
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