Brennende Sehnsucht
hatte auch Miss Millbury etwas dagegen einzuwenden, und falls der Marquis sich die Mühe machte, davon Notiz zu nehmen, würde er es mit Sicherheit haben. Fortescue war es egal.
»Du fängst sofort an. Miss Millburys Sachen sind bereits unterwegs. Ich nehme an, du weißt, was du damit zu tun hast?«, fragte er streng.
Sie schloss den Mund. Wie von ihm beabsichtigt, hatte er sie mit dieser Aufgabe aus ihrem Schockzustand geholt. »Ich werde mein Bestes tun, Sir.«
Er nickte kurz. »Sehr gut.« Er drehte sich auf dem Absatz um und stolzierte davon, bevor er noch vollkommen die Selbstbeherrschung verlor. Einmal schaute er kurz zurück. Sie lehnte sich an den Treppenpfosten und schüttelte ungläubig den Kopf.
Selbst unter diesen Umständen war sie das schönste Geschöpf, das er jemals gesehen hatte.
Er war rettungslos verloren.
Niemals zuvor hatte er sich so lebendig gefühlt.
Dreizehntes Kapitel
D er Eingang von Lementeur’s war nicht als solcher zu erkennen, sondern nur ein weiteres elegantes Portal unter den offensichtlicheren Geschäften an der Strand. Nichtsdestotrotz marschierte Tessa direkt auf die reich verzierte Eichentür zu, betätigte schwungvoll den einem Vogel nachempfundenen Türklopfer und stand so gerade, wie sie nur konnte. Zweifellos wartete sie nur darauf, dass irgendjemand vorbeiginge und bemerkte, wie sie durch die Tür des exklusivsten Schneiders von ganz London trat. Phoebe zog kurz in Erwägung zu applaudieren, doch dann kam ihr der Gedanke, dass Tessa möglicherweise nicht erkennen würde, was daran so witzig war.
Die Tür öffnete sich, und ein umwerfend schöner Diener stand vor ihnen, der sich von den unterschiedlichen Ausprägungen holder Weiblichkeit, die draußen auf ihn warteten, keineswegs beeindruckt zeigte.
»Guten Tag«, setzte Tessa an. »Ich bin...«
Der Mann schaute nicht einmal in Tessas Richtung, sondern heftete seinen distanzierten Blick einzig und allein auf Phoebe. »Lementeur erwartete Euch bereits, Miss Millbury. Eure... Freundinnen dürfen Euch begleiten, wenn Ihr es wünscht.««
Oh. Das versprach interessant zu werden. Dann wurde Phoebe des flammenden Zorns in Tessas Miene gewahr. Am allerwenigsten wollte sie ihr einen Anlass geben, auf Sophie loszugehen.
Phoebe schaute den hochnäsigen jungen Mann gleichmütig
an. »Ich glaube, meine Tante konnte ihren Satz noch nicht beenden«, sagte sie mit milder Strenge.
In den Augen des jungen Mannes flackerte es leicht auf. »Gewiss«, sagte er und verneigte sich tief vor Tessa. »Aber Lady Tessa muss niemandem mit einem gewissen Sinn für Geschmack vorgestellt werden.« Die Ironie war offensichtlich, aber Tessa war noch nie sehr scharfsichtig gewesen.
Tessa plusterte sich auf, Deirdre verdrehte die Augen, und Phoebe atmete erleichtert aus. Sophie schaute in die Ferne und schien von der ganzen Sache nichts mitbekommen zu haben, als sei ihr Körper zwar anwesend, aber ihre Gedanken meilenweit entfernt.
Ich kenne diese Augen. So sehen auch meine Augen aus, wenn ich Miss Millbury bin, die perfekte Tochter des Vikars.
Der junge Mann geleitete sie in die Eingangshalle und nahm ihre Umhänge und Hauben entgegen. Dann führte er sie in einen eleganten Raum, auf dessen einer Seite ein Podium durch einen Vorhang abgetrennt war. Der Mann machte einen tiefen Diener. »Lementeur wird in Kürze bei Euch sein.«
Trotz allem regte sich in Phoebe so etwas wie Vorfreude. Sie hatte sich noch nie ihre Kleider selbst aussuchen können, denn als sie noch ein junges Mädchen war, hatte die Köchin sie immer bestellt, und danach hatte der Vikar die Wahl bestimmt.
Die Tür öffnete sich, und ein ziemlich merkwürdiger Herr trat ein. Im Gegensatz zu dem geradezu unfassbar gut aussehenden Lakaien war er ein kleiner, flinker Mann mit koboldhaftem Wesen und funkelnden Augen. Phoebe mochte ihn sofort. Tessa sprang übers ganze Gesicht strahlend auf. Gütiger Himmel, Phoebe hatte ja keine Ahnung gehabt, dass Tessas Gesicht zu so etwas in der Lage war!
»Mr Lementeur! Vielen Dank, dass...««
Er hob eine Hand. »Nur Lementeur, bitte. Es ist eher ein Titel als ein Familienname.«
»Le Menteur, der Lügner«, murmelte Sophie. Dem Ausdruck auf ihrem Gesicht, als der Mann sich zu ihr umdrehte, war zu entnehmen, dass sie nicht vorgehabt hatte, laut zu übersetzen.
»Aber natürlich!« Lementeur neigte den Kopf und lächelte Sophie an, als sei sie seine liebste neue Freundin. »Und habt Ihr eine Idee, warum ein ehrlicher Mann wie ich sich
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