Brennende Sehnsucht
jeder Hinsicht außergewöhnlich. Sie fragte sich, was um alles auf dieser Welt auch nur einem von ihnen an ihr gefallen hatte.
Anstatt dich zu fragen, warum Marbrook dir keinen Antrag gemacht hat, solltest du dich fragen, warum er überhaupt jemals mit dir gesprochen hat.
Richtig. Sie hatte Glück, dass sich ihr diese Gelegenheit bot, sie hatte Glück, Brookhavens Interesse auf sich gezogen zu haben, sie hatte Glück, Glück, Glück, sie war das glücklichste Mädchen in London.
Warum fühlte sich ihr Herz also an, als wollte es zerbrechen?
Siebzehntes Kapitel
R afe hatte sie beinahe nicht erkannt, als sie an Calders Arm den Raum betrat. Sie sah wunderschön aus in ihrem Kleid in Himmelblau, was zufälligerweise – oder vielleicht auch nicht – Calders Lieblingsfarbe war. Sie trug das Haar in einer Hochsteckfrisur, keine einzige Strähne rutschte von ihrem Platz, und ihr Lächeln zeigte genau das richtige Maß an hübsch hochgezogenen Mundwinkeln.
Sie sah aus wie Phoebes sehr viel zahmere Schwester, auch wenn das Kleid eine Hommage an kommende Sünden war. Aber wo war das aufmüpfige Funkeln in ihren blauen Augen? Wo war das wilde, ungezähmte Haar, das darum bettelte, über dem Kopfkissen ausgebreitet zu werden? Wo war das Mädchen, das seinen ersten Schluck Champagner genommen hatte und in seinen Armen gelandet war?
Sie redete, sie lächelte, ja sie lachte sogar – aber es erreichte nie ihre Augen. Ihre süße, übersprudelnde Art war gedeckelt, eingesperrt und erstickt.
Sie schaute in seine Richtung, und er wandte rasch den Blick ab – nur um ihn auf ihr Bild in dem großen Spiegel auf der anderen Seite des Zimmers zu heften. Es war perfekt. Er konnte sie sehen, sie betrachten, sie mit den Blicken verschlingen – äh, eher beiläufig in ihre ungefähre Richtung schauen -, und sie würde nicht einmal bemerken, dass sie beobachtet wurde.
Etwas Ähnliches wie Enttäuschung huschte über ihr Gesicht, als er den Blick abwandte, aber es war so rasch verschwunden,
dass er glaubte, er habe sich seine eigenen Gefühle auf ihrem Gesicht vorgestellt.
Sein Blick folgte ihr im Spiegel, als sie an Calders Arm ihre Runde durch den Raum machte. Sie machte alles perfekt, lächeln, nicken, knicksen, und doch sah sie so distanziert aus. Es war, als würde sie schlafen, und ihre Umgebung wäre nichts als ein Traum.
Ich könnte sie aufwecken, wenn ich es wollte. Ich könnte sie auf die dunkle Terrasse da draußen jenseits der Terrassentüren ziehen und wieder zum Leben erwecken.
Rafe tötete diese verräterischen Gedanken, oder zumindest stach er auf sie ein und ließ sie blutend auf dem Teppich zurück. Er würde sich diese Gedanken nicht erlauben. Sie gehörte jetzt Calder. Sie war so sehr außerhalb seiner Reichweite, als befände sie sich auf dem Mond.
Dann erschien sie plötzlich direkt vor ihm. Ihre Hand lag noch immer auf Calders Arm, sodass Rafe nicht wirklich vor ihr davonlaufen konnte, so sehr er das auch gewollt hätte.
»Du bist heute Abend das reinste Mauerblümchen«, sagte Calder herzlich. »Machst du dir noch immer Gedanken wegen dieses Bauern?«
»Dieser Bauer« war ein Mann mit sieben Kindern und einer kränkelnden Frau, der ein wohlhabender und produktiver Pächter gewesen war, bis vor Kurzem starke Regenfälle seine Ernte zunichtegemacht hatte. Für Calder war er lediglich eine Maschine, die aufgehört hatte zu funktionieren und deshalb ersetzt werden musste. Für Rafe war er ein Mitglied der Brookhaven-Familie, und Calder kam seiner Verpflichtung nicht nach, dem Mann zu helfen.
Aber Calder hatte nicht auf ihn gehört, und Rafe konnte nichts dagegen tun. Hilflose Wut rauschte durch seinen Körper und wurde noch durch den Anblick von Phoebes Hand auf Calders Arm angeheizt.
Na, verlässt du dich schon auf ihn? Du hältst ihn schon für deinen Ritter in schimmernder Rüstung, der den Drachen töten wird, um die Jungfrau zu retten? Die Jungfrau sollte am besten ihren Wert beibehalten und effizient bleiben, wenn sie auf Calders Wichtigkeitsskala weiterhin oben rangieren wollte.
»Hast du deine Runde beendet, Calder? Hast du gezählt, wie viele Schritte nötig waren, und wirst du darüber nachdenken, wie du es beim nächsten Mal effizienter gestalten kannst?«
Calder zog die Braue hoch. »Nicht nötig. Ich habe die Diener die Gäste ihrer Bedeutung nach im Salon verteilen lassen, sodass ich keine Zeit damit verschwenden musste, unnötig den Raum zu durchqueren.«
Rafe bemerkte, wie Phoebes
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