Brennender Stahl: Die Schattensammler-Saga (Die Chroniken von Mondoria) (German Edition)
erklärte es, warum er keinen Kontakt zu seinem Herrn herstellen konnte. Seine telepathischen Fähigkeiten beschränkten sich auf die Welt, in der er sich befand. Außerdem konnte er mit dem Dämonenreich Kontakt aufnehmen; denn dies verband alle Welten miteinander. Wie das alles funktionierte, davon hatte er keine Ahnung. Und es interessierte ihn auch nicht sonderlich. Schließlich war er Jäger. Und so lange die Dinge wie gewohnt funktionierten, brauchte er sich darüber keine Gedanken zu machen. Aber jetzt…?
Langsam entfernte sich seine Beute zusammen mit den Nordmännern aus ihrem Lager. Einen Moment schaute Br’ui ihnen hinterher. Dann gab er sich einen Ruck und stand auf, um ihnen heimlich zu folgen. Die Jagd ging weiter. Und wenn’s sein musste, jagte er sie bis ans Ende der Welt.
Kapitel 29
Wehmütig blickte Mia auf die Burg des Jarl. Wie grau und trist sie doch wirkte. Insgeheim wünschte sie sich ein klein wenig von der Pracht Quandalas hierher: ein bisschen Farbe – Verzierungen – Ornamente – goldene Kuppeln und Türme. Sicher, man brauchte nicht ganz so übertreiben, wie die wohlhabenden Bürger in Quandala dies taten. In anderen Teilen Mondorias sahen die Bauten doch auch ansehnlich aus. ‚Aber das hier? Das wirkt viel mehr wie die Behausung von einer Familie Höhlenbären als die repräsentative Unterkunft eines Königs.‘ Massive graue Steinmauern ohne jeglichen Schmuck ragten in die Höhe und schlossen ebenso graue und schlichte Gebäude ein. Die Türme waren niedrig gehalten – mit breiten Plattformen, um Katapulte oder Ballisten in Stellung zu bringen. Der Palast des Jarl erinnerte an einen riesigen Steinquader mit schrägem Dach. Fenster besaß das Gebäude nur im oberen Geschoss. Und diese erinnerten mehr an leicht vergrößerte Schießscharten. Den einzigen Farbtupfer in dem grauen Einerlei stellten die roten Fahnen dar, die auf den Türmen und vor dem Palast wehten. Mia seufzte leise vor sich hin und folgte den anderen in den Palast.
Wenig später standen sie vor Jarl Gustav XII. Ein großer muskulöser Mann mittleren Alters. Das typische Bild eines Nordmannes: blonde Haare, blaue Augen. Um die Schultern seines nackten Oberkörpers hatte er sich einen Fellumhang gelegt, der vermutlich von einem Schneelöwen oder etwas ähnlichem stammte. Mia war sich sicher, dass er das Tier eigenhändig erlegt hatte. Vielleicht sogar mit bloßen Händen. Mia musste grinsen. ‚Männliches Imponiergehabe!‘ Zumindest das schien in allen Kulturen gleich zu sein.
Der Thronsaal, in den Rasmus die Schattensammler geführt hatte, passte perfekt zum Gesamtkonzept des Palastes und der Burg. Schmucklose Säulen, keinerlei Malereien, Verzierungen oder sonst irgendwelche Kunstgegenstände. Stattdessen hingen einige bunte Flaggen an den Wänden, dazwischen Waffen, Schilde und Rüstungen – ohne Ordnung, planlos zusammengewürfelt. An der gegenüberliegenden Seite der Halle befand sich ein breites Podest aus roh behauenen Steinquadern. Oben drauf saß der Jarl auf einem wuchtigen steinernen Thron, auf dem selbst dieses Bild von einem Mann ein wenig klein und verloren wirkte. Zu beiden Seiten standen weitere Nordmänner herum. Einige von ihnen ließen sich klar als Wachen identifizieren, die anderen gehörten vermutlich zu seinem Hofstaat.
Als die Schattensammler den Thronsaal betraten, richteten sich sofort alle Blicke auf die beiden Grünhäute. Neugier und Sorge sprachen daraus. Der eine oder andere Soldat legte instinktiv die Hand auf den Griff seiner Waffe. Man konnte ja nie wissen. Langsam traten die fünf, begleitet von Rasmus, vor den Thron des Jarl und verneigten sich vor ihm. Mit einem Nicken erwiderte Gustav XII. den Gruß. Auch er starrte Snip und Nogg einen Moment mit großen Augen an. So was hatte er noch nie gesehen. Dann glitten seine Blicke weiter und trafen auf Mia. Sein Mund verzog sich zu einem süffisanten Lächeln. Dieser Anblick gefiel ihm doch gleich viel besser.
„Seid willkommen!“, sagte er schließlich. „Wie Rasmus mir sagte, kommt ihr von sehr weit her. Aus einer Welt, die uns völlig unbekannt ist.“ Dabei musterte er wiederum die Grünhäute und Mia, dann nahm er Bardinius und Olof ins Visier. „Und doch scheint einiges auch sehr ähnlich zu sein.“, fügte er hinzu. „Großer Jarl!“, ergriff nun Snip das Wort. Sie hatten auf dem Weg hierher lange darüber diskutiert, wer das Reden für die Gruppe übernehmen sollte. Wäre es vielleicht besser, wenn der
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