Brennender Stahl: Die Schattensammler-Saga (Die Chroniken von Mondoria) (German Edition)
zu allerhand Ärger führen. Ganz vorsichtig ließ er seinen Zeigefinger seitlich über die Schneide gleiten. Sie war perfekt geschliffen – schärfer als alles, was er bislang kannte. Selbst nach so langer Zeit und nach dem Gefecht mit den Dämonen wirkte sie wie neu. Keine Scharte, nicht einmal der kleinste Kratzer. Dazu die kunstvollen Verzierungen und die beiden perfekten Rubine. Für sich allein genommen, stellten die schon ein kleines Vermögen wert. Ein echtes Meisterwerk. Nicht nur, was das Äußere anbetraf. Diese Axt war etwas ganz Besonderes. Das Kribbeln in seinen Fingern, das sich immer einstellte, wenn er sie ergriff – die Leichtigkeit, mit der sie sich führen ließ trotz ihrer stattlichen Größe – und die Art und Weise, wie sie selbst durch die harten Dämonenschuppen schnitt: Sein Instinkt sagte ihm, dass sie außergewöhnliche Kräfte besaß. Fragte sich nur, welche.
Nun konnte er seinem Großvater wirklich dankbar sein für das Erbe, das er zwischenzeitig schon so sehr verflucht hatte. In einer kleinen alten Truhe hatte er das Pergament gefunden. Zwischen Büchern und anderen Papieren. Jede Menge wertloses Zeug. Doch die Karte hatte ihn sofort angesprochen. Sicher, es hätte sich auch um eine falsche Karte handeln können, um einen Scherz, den jemand sich vor langer Zeit einmal erlaubt hatte. Aber gerade das weckte seine Neugier. Was wäre, wenn…?
Und so hatte er sich auf den Weg gemacht. Seine Frau zeigte sich alles andere als begeistert davon. „Immer diese sinnlosen Beutezüge. Warum suchst du dir keine anständige Arbeit?“, zeterte sie. Doch er hatte seine Entscheidung längst getroffen. Also segelte er mit dem Schiff nach Süden und erreichte schließlich das nördliche Festland, um nach der Steilküste auf der Karte zu suchen. Mit großer Erleichterung stellte er fest, dass es sie tatsächlich gab. Ein gutes Zeichen! Und als er schließlich – nach mehreren Tagen der Suche – den Höhleneingang fand, da gab es kein Halten mehr für ihn. Umso größer war die Enttäuschung, als er feststellen musste, dass das Grab offenbar schon vor langer Zeit verwüstet und geplündert worden war. Jemand anderes war schneller gewesen. Tolle Schatzkarte!
Doch dann steckte er aus reiner Neugier – oder war es Eingebung? – sein Schwert in die schmale Öffnung in der Wand. Sie glitt zur Seite und offenbarte den Gang dahinter. Ob sein Großvater wohl gewusst hatte, welches große Geheimnis die Karte tatsächlich barg? Er konnte es sich kaum vorstellen. So etwas hätte er selbst sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausmalen können.
Wieder kehrte sein Blick zurück zu der Axt. „Welches Geheimnis trägst du in dir?“, fragte er sie flehentlich - mit fast schon zärtlicher Stimme, „Wie kann ich es dir nur entlocken?“ Aber die Axt blieb stumm und behielt ihr Geheimnis eisern für sich. Mit einem langgezogenen Seufzer riss er den Blick von der Waffe los und hüllte sie wieder in ihr Tuch. ‚Wer kann mir da nur weiterhelfen ?‘, fragte er sich, ‚Ich bin Kämpfer und kein Mystiker.‘ Dann schob er die Axt unter das Bett und legte sich schlafen.
Kapitel 4
Ein typischer Tag in Tramor. Die Herbstsonne tauchte die Stadt in ein goldenes Licht. Es war warm, aber nicht heiß. Nur nachts kühlte es in diesem trockenen Klima schon empfindlich ab. Da zogen sich die Bewohner lieber in ihre Häuser zurück und entfachten ihre Kamine. Doch sobald die Sonne am Himmel stand, füllten sich die Straßen, und es herrschte ein buntes geschäftiges Treiben. Über die Marktplätze und durch die Geschäftsstraßen schoben sich die Leute in großer Zahl: Menschen, aber auch Angehörige der verschiedensten anderen Rassen. In Tramor lebten sie weitgehend friedlich miteinander. Das war eines der Grundprinzipien dieser einzigartigen Stadt. Und für die Einhaltung dieses Prinzips sorgten die Wächter, die unablässig durch die Stadt patrouillierten. Manchmal tauchten sie auch einfach aus dem Nichts auf, wenn sie benötigt wurden. Sie waren allgegenwärtig und wurden von jedem Bewohner respektiert – vielleicht sogar gefürchtet. Deshalb legte sich auch kaum jemand mit ihnen an. Die wildesten Gerüchte kursierten über sie: Sie seien Geister, magische Wesen oder was auch immer! So genau wusste es niemand. Ihre Gesichter hatte keiner je gesehen. Sie steckten hinter den geschlossenen Helmen, die in Form eines Löwenkopfes gefertigt waren. In ihren leuchtend roten Schuppenpanzern konnte man sie bereits von
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