Brennender Stahl (von Hassel)
fünfzig Meter. Mit einem gedämpften Schlag landete das Achterschiff und damit die immer noch auf AK drehenden Schrauben im Schlamm. Die Männer im E-Maschinenraum verloren den Halt endgültig und rollten fluchend gegen die Heckrohre. Endlich gelang es einem von ihnen, sich wieder aufwärts zu hangeln und die E-Maschinen abzustellen. Zuerst wie in Zeitlupe, dann immer schneller, sackte der aufgerichtete Bug zurück ins Wasser. Die Trimmzelle, die sich vorher nicht öffnen ließ, nahm nun zuviel Wasser auf, und so folgte der Bug dem Heck in die Tiefe. Ein weiterer Ruck ging durch das Boot.
Rudi Schneider ließ probeweise das Kugelschott los und streckte beide Hände von sich. »Angekommen!«, kommentierte er lakonisch. Rund um ihn her sahen sich die Männer blass und verdattert an. Der Kommandant kletterte langsam die Leiter hinunter. Schweigend sah er sich um, als wisse er nicht, was er sagen sollte. Wahrscheinlich war es auch so.
Der LI kam durch das Mannloch gejumpt: »Verdammte ..., T'schuldigung, Herr Kaleun!«
Von Hassel nahm die Mütze ab und strich sich über die Stirn: »LI, sagen Sie mir, was ist passiert? Oder noch besser, sagen Sie mir zuerst, ob ich das überhaupt wissen will!«
Oberleutnant Wegener zuckte mit den Schultern: »Das Ventil für eine der vorderen Trimmzellen klemmte. Ich weiß noch nicht, warum, Herr Kaleun!« Er verzog missmutig das Gesicht: »Dafür klemmt jetzt das achtere Tiefenruder an Backbord.«
Von Hassel schüttelte den Kopf und stülpte sich die Mütze wieder auf den Schädel: »Sehen Sie, LI, ich hatte Recht. Ich wollte es gar nicht wissen.« Resigniert sah er sich um: »Also gut, wie lange?«
Der LI sah sich um: »Inklusive Aufräumen, ne halbe Stunde!«
»Na, dann machen Sie mal hinne, Herr Oberleutnant!« Er sah sich um: »Ich bin in meinem Kabuff. Haben wir noch Kaffee?«
Der Smut schüttelte den Kopf: »Leider nein, Herr Kaleun, aber wenn ich Strom verbrauchen darf?«
Der LI nickte: »Die Batterien sind voll! Machen Sie Kaffee, wir anderen machen uns an die Arbeit!«
Resigniert ließ von Hassel sich in seinen Stuhl sinken und starrte die Wand an. Es war nur eine Winzigkeit schief gelaufen. Aber wären sie jetzt schon draußen im Atlantik gewesen, dann wären sie jetzt alle tot. Verlust aus ungeklärter Ursache!
Das Boot hatte seine Macken und diese Geschichte war nicht die erste dieser Art gewesen. Soweit er es sehen konnte, hatten seine Leute richtig reagiert, es war nur alles zu schnell gegangen. Wütend hämmerte er mit der Faust auf den Schreibtisch. Immer wenn sie glaubten, sie hätten die Probleme im Griff, tauchte etwas Neues auf. Es war zum Mäuse melken!
Ein Klopfen am Schott unterbrach seine Gedanken. Müde blickte er auf: »Ja bitte?«
Leutnant Schneider schob sich durch den Vorhang: »Ich fürchte, wir haben da was vergessen, Herr Kaleun!«
»Und das wäre, IIWO?«, von Hassel beugte sich interessiert vor. Schneider würde nicht ohne Grund kommen.
Der Leutnant schob sich die Mütze etwas weiter ins Genick: »Was machen wohl die Torpedoboote?«
Von Hassel rieb sich das Kinn: »Da es unsere eigenen Leute sind, werden sie wohl eher erschrocken kreuzen und hoffen, eine Spur von uns zu entdecken. Wenn es Tommies wären, dann ...«
»Schon klar, Herr Kaleun.« Rudi Schneider lehnte sich gegen den Türrahmen und betrachtete angelegentlich den gerundeten Druckkörper »Aber warum hören wir sie nicht?«
»Das ...«, meinte von Hassel, » ... ist eine wirklich gute Frage!« Er streckte die Beine von sich: »Sie meinen, die haben von der ganzen Sache gar nichts mitgekriegt? Kann doch eigentlich gar nicht sein, bei dem ganzen Tohuwabohu?«
»Aber wenn doch, Herr Kaleun, dann würde die Übung zählen, richtig?«
Von Hassel sah seinen IIWO voll plötzlichen Misstrauens an: »Sind Sie so scharf darauf, an die Front zu kommen? Mit dem Schlitten hier?«
Der IIWO warf einen deutschen Blick hinaus auf den Gang, aber offensichtlich war niemand in der Nähe, der zuhören konnte: »Angenommen, wir sind Frontboot und haben einen Schaden am Boot, wie wäre dann das Verfahren?«
Von Hassel zog scharf die Luft ein: »Das, was Sie hier andeuten, möchte ich nicht gehört haben, Herr Leutnant.«
Rudi Schneider zuckte ungerührt mit den Schultern: »Sie wissen, ich bin nicht feige und drücke mich nicht. Aber unser Boot ist noch nicht frontreif, Herr Kaleun!«
»Also?«
Der Leutnant nickte ernsthaft: »Also, wenn wir als Ausbildungsboot zurück in die
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