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Brennender Stahl (von Hassel)

Brennender Stahl (von Hassel)

Titel: Brennender Stahl (von Hassel) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Brendt
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konzentrieren. Nur am Rande wurde ihm klar, dass er das Periskop viel zu lange oben ließ. Trotzdem riskierte er einen zweiten Blick: »Zweites Ziel: Gegnerfahrt sieben, Bug links, Abstand Zweitausendzweihundert.« Ein letztes Mal kontrollierte er den Winkel: »Rohr Drei und Vier auf zweites Ziel klar!« Dann fuhr er das Sehrohr ein.
    Er wartete eine Minute. Eine Minute bei einem Knoten waren dreißig Meter. Der Geleitzug würde in dieser Zeit mehr als zweihundert Meter zurücklegen. Das würde ihn auf insgesamt etwas mehr als achtzehnhundert Meter an den vordersten Frachter he67ranbringen. Blieb nur die Frage offen, was die Torpedoboote dazu meinten.
    Er fuhr den Spargel wieder aus: »Abstand zum ersten Schiff, achtzehnhundert! Abstand zum zweiten Zwotausend!« Wieder zögerte er kurz, aber die beiden Geleiter standen weit ab. Günstiger konnte die Gelegenheit kaum sein. Entschlossen richtete er das Sehrohr auf den vordersten Frachter: »Rohr Eins, Rohr Zwei, Torpedo los!«
    Er wartete nicht auf die Bestätigung. Das Boot bockte kurz, und mit einem Zischen verließen die Aale die Rohre. Es waren nur Übungstorpedos, die die Ziele unterlaufen würden. Von Hassel strich sie aus seinen Gedanken und drehte das Periskop um ein paar Grad. Wie eine Fliege im Netz, so hing der zweite Frachter im Fadenkreuz. Eine merkwürdige Hilflosigkeit ging von ihm aus. Der Kommandant verdrängte das seltsame Gefühl: »Rohr Drei, Rohr Vier, Torpedo los!«
    Wieder ertönte ein Zischen während er bereits kommandierte: »Ruder Steuerbord 20, beide AK voraus!«
     
    Vorne im Bugraum kauerten die Seeleute. Die Maate hatten ein wachsames Auge darauf, dass keiner der Männer sich an die Bordwand lehnte. Das war nur eine Übung, aber später, wenn es ernst wurde, konnte eine Wasserbombe, die in der Nähe krepierte, einem Mann das Kreuz brechen, nur aufgrund der übertragenen Vibrationen. Trotzdem gab es immer einen, der es vergaß.
    Rudolf Braunert sah sich um. Die meisten der Männer starrten einfach stumm ins Leere. Selbst als die Torpedos abgefeuert wurden, geschah das von der Zentrale aus. Die Männer im Burgraum hörten nur die Geräusche - das Surren, als die Bugklappen geöffnet wurden und dann das Zischen der Pressluft, mit der die Aale aus den Rohren geblasen wurden. Ungerührt beobachtete der Hauptgefreite das blasse Gesicht von Jens Lauer. Der Moses war anscheinend schwer beeindruckt. Aber das hier zerrte an ihrer aller Nerven, auch wenn die älteren es nicht zeigten. Der Weg in die Zentrale war von hier aus verdammt weit. Die meiste Zeit wusste im Bugraum niemand, was vor sich ging.
    Aber auch das war U-Bootleben. Außerhalb der Zentrale wussten die wenigsten Männer, was vor sich ging und hinten in der Maschine war es noch schlimmer. Bisher hatte nur der Kommandant überhaupt den Feind zu sehen bekommen, und so würde es auch draußen sein, wenn sie auf Feindfahrt waren. Wenn sie hier vorne etwas vom Gegner mitbekommen würden, dann nur, weil der mit schweren Koffern nach ihnen warf. Sie alle wussten es, aber es zerrte trotzdem an den Nerven.
    Das Zischen der beiden letzten Schüsse verklang. Doch plötzlich begann sich der Raum zu heben. Zuerst war es mehr ein Gefühl wie in einem Riesenrad, aber dann polterten auch schon die ersten der überraschten Männer gegen das Schott. Das Letzte, was Braunert sah, bevor auch er den Halt verlor, war das entsetzte Gesicht des jungen Lauer.
     
    Gebrüllte Meldungen zerrissen die Stille in der Zentrale: »Ventil Trimmzelle zwo klemmt!«, »Bug bricht durch!«
    Der LI klopfte den Tiefenrudergängern auf die Schultern: »Los! Vorne oben zwanzig, hinten unten fünf!« Dann drehte er sich um: »IWO, ich muss nach vorne!«
    »Ich übernehme!«, Oberleutnant Hentrich klammerte sich an einem Rohr fest und hangelte sich etwas nach vorne während sich das lange Vorschiff weiter aufrichtete. Nach vorne bedeutete jetzt eine Klettertour.
    Einer der Männer hatte eine Brechstange in das Handrad des Ventils geklemmt und zerrte mit aller Kraft daran. Endlich, mit einem lauten Knirschen, löste sich das Handrad und Luft entwich irgendwo zischend. Aber der Schaden war bereits angerichtet.
    Der Bug des Bootes durchbrach plötzlich wie ein riesiger schwarzer Finger die glatte See und stand deutlich sichtbar in der blassen Mittagssonne. Doch unsichtbar unter Wasser rutschte das Achterschiff durch die plötzliche Belastung immer mehr in die Tiefe.
    Die Ostsee ist nicht tief. An den meisten Stellen nicht einmal

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