Brennender Stahl (von Hassel)
anderes hatte er nicht gelernt.
U-68 trug sie alle, über wie unter Wasser. Nach und nach, je mehr Seetage sie hinter sich hatten, begann das Boot, sich zu setzen. Die schweren Pannen wurde etwas weniger, die leichten blieben. Die Besatzung lebte sich ein, in diesem engen Stahlkörper, der nie groß erschien, aber nach ein paar Tagen weiter zu schrumpfen schien. Luxus war ein Begriff, der bei der Besatzung verbunden wurde, mit Begriffen wie Langstreckenduschen, nicht vor der Toilette anstehen und Essen, das nicht muffig und nach Dieselöl schmeckte. Ob es die Brote waren, die zusätzlich zu den Dosen frisch an Bord kamen, Obst oder Gemüse oder die Dauerwürste über den Rohren für die Trimmzellen, alles schimmelte. In der Stahlröhre begann es nach Moder, Muff und ungewaschenen Männern zu riechen. Dazu kam Kohl und Öl, immer wieder Dieselöl. U-68 begann, nach U-Boot zu riechen.
Die zweite taktische Übung entschädigte die Besatzung für vieles. In einem eher ungewöhnlichen Angriff, der allerdings mal wieder durch einen ausgefallenen Funkempfänger begründet war, versenkten sie übungsmäßig drei Schiffe und konnten sich absetzen, ohne, dass die Bewacher ihre Spur aufzunehmen vermochten. Alles lief wie am Schnürchen, wenn auch, wie auf U-68 üblich, etwas anders als geplant, aber der ausgefallene Funkempfänger hatte verhindert, dass sie zusammen mit den anderen Booten von der gleichen Seite des Geleits angriffen.
Selbst, als sie für eine Weile den Fühlungshalter am Geleitzug spielen mussten, in Gewässern, die eigentlich für das große Boot viel zu flach waren, lief alles reibungslos ab. Als wüsste das Boot um die Wichtigkeit.
Dann, nach all der Hektik der vergangenen Wochen, herrschte plötzlich Ruhe. U-68 lief zurück in den Stützpunkt und die Besatzung begann umgehend, sich für die Aufregung der letzten Wochen selbst zu entschädigen. Nach zwei Tagen und einer endlos erscheinenden Abschlussbesprechung fällte Korvettenkapitän Ernst Sobe, der Dompteur der Agru-Front, sein abschließendes Urteil: U-68 war frontklar.
Einzig Heinz-Georg von Hassel kam nicht dazu, das Ende der Übung zu genießen. Er wurde zum Befehlsempfang nach Berlin befohlen. Ein etwas ungewöhnliches Verfahren, denn die anderen Boote erhielten ihre Befehle vor Ort. So war es kein Wunder, dass die Gerüchteküche zu brodeln anfing. Aber noch wusste niemand etwas Genaues, auch wenn die Latrinenparolen einander überholten und eine Geschichte wilder als die nächste klang.
Auch als von Hassel ein paar Tage später zurückkehrte, konnte niemand ihm das Geheimnis entlocken, und die Befehle, die er gab, enthielten auch nur wenige Hinweise. Zurück ins Marinearsenal nach Kiel, Beseitigung einiger gemeldeter Probleme, danach Ausrüstung und seeklar am Zehnten des Monats. Egal, in welchem Zustand sich das Boot befand. So zog U-68 in den Krieg, mehr oder weniger in der Hoffnung, der Gegner werde genauso schlecht darauf vorbereitet sein.
1.Seetag – Auslaufen Kiel
Am frühen Morgen des Zehnten warfen sie die Leinen los und verschwanden ohne großes Aufsehen aus dem Marinearsenal kaum, dass der kalte Märztag begonnen hatte. Es regnete, aber nicht allzu stark. Heinz-Georg von Hassel stand am Wellenabweiser und beobachtete den Verkehr auf der Förde, der trotz der frühen Morgenstunde schon stark war. Sie würden den halben Tag durch den Nord-Ostsee-Kanal brauchen bevor sie bei Cuxhaven in die Deutsche Bucht kamen. Dann erst würde der haarige Teil der Passage kommen.
Die Männer der Brückenwache waren warm in Ölzeug eingemummelt und konzentrierten sich auf ihre Sektoren. Er wechselte einen amüsierten Blick mit Rudi Schneider. Natürlich würde keiner der Männer annehmen, dass ihnen hier in der Kieler Förde eine Gefahr drohe. Der Feind war weit weg. Nur konnte man wohl kaum schwätzend auf der Brücke stehen, solange der Kommandant dabei war.
Von Hassel zuckte mit den Schultern. Der IIWO war ein guter Wachoffizier, der wusste, wo es lang ging. Er würde schon dafür sorgen, dass seine Männer auf dem Posten waren, wenn es darauf ankam. Mit einem leichten Grinsen tippte er an die Mütze: »Rudi, Sie übernehmen, ich gehe runter.«
»Jawoll, Herr Kaleun!«, der IIWO erwiderte den Gruß kurz, konzentrierte sich dann aber wieder auf einen Fischdampfer, der sich augenscheinlich noch nicht ganz entschieden hatte, ob er in den Kanal oder lieber in die Ostsee wollte. Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete der
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