Brennender Stahl (von Hassel)
»Verdammte Scheiße!«
»Ja, das habe ich mir auch gedacht.« Von Hassel blickte angewidert auf die Ölspur. »Als der Kreuzer auf uns gefeuert hat, muss ein Splitter in eine Ölzelle gegangen sein. Unglaublich, immerhin lagen ein paar Meter Wasser zwischen der Oberfläche und dem Boot. Das sollte eigentlich genügend Schutz sein.«
Der Leitende schüttelte den Kopf: »Nicht, wenn die Granate sowieso erst unter Wasser gezündet hat. Dann war sie nah genug dran. Unwahrscheinlich, aber offensichtlich möglich.« Er zwinkerte und versuchte die Benommenheit zu vertreiben. Wie jeder Mann an Bord hatte er nicht geschlafen. Nun kam also diese neue Schweinerei dazu! Hoffentlich war das Loch nicht zu groß! Wenn Seewasser in der Ölzelle war, konnten sie den kostbaren Brennstoff wohlmöglich auch noch abschreiben! Langsam musterte er das schmale Deck: »Das muss Zelle Drei sein. Backbord achtern. Wir haben sie heute gepeilt und die Menge stimmte. Es kann also noch nicht viel Öl ausgelaufen sein.«
»Wie viel war drinnen?« Von Hassel sprach, als würde ihn das alles nur am Rande interessieren, aber der Leitende wusste genau, was den Kommandanten bewegte. Er zuckte mit den Schultern. »Noch fast dreißig Tonnen! Ich habe die vorderen Zellen entlastet lassen weil wir im Bugraum das meiste Übergewicht haben. Männer, Torpedos, Vorräte!« Er blickte betreten auf das Stahldeck. »War wohl nicht meine schlaueste Idee! Wir könnten jemanden mit einem Tauchretter ins Wasser schicken um den Schaden anzusehen. Vielleicht können wie ihn irgendwie abdichten und ...« Er hielt inne, als der Kommandant den Kopf schüttelte.
»Nein, LI, das ist keine gute Idee.« Er deutete nach Steuerbord: »Der Bursche folgt uns schon sein dem Sonneaufgang. Wahrscheinlich sind noch ein paar andere von seiner Art in der Nähe.« Angewidert spuckte der Alte über Bord. »Kein Wunder, bei all den Appetithappen, die unsere Sanis über Bord geworfen haben.«
Es dauerte einen Augenblick, bis der Ingenieur verstand, was der Kommandant meinte. Mit einem Schauder sah er die dreieckigen Flossen. Natürlich! Die beiden Sanis hatten Arme und Beine amputieren müssen und irgendwohin hatten die abgetrennten Glieder ja kommen müssen! Er fühlte die Übelkeit in sich aufsteigen. Nur mit Mühe konzentrierte er sich auf die anliegenden Dinge. Die frische Seeluft half ihm etwas.
»Das wird was Größeres, Herr Kaleun!« Oberleutnant Wegemann zog die Brauen zusammen, und versuchte, keinen Punkt zu vergessen: »Wir müssen umstauen. Außerdem müssen wir prüfen, ob das Öl in Zelle Drei noch verwendbar ist. Wenn ja, muss das Zeug in die anderen Zellen. Der Rest muss mit Seewasser ausgespült werden.«
Von Hassel nickte sorgenvoll: »Wieder weniger Sprit! Wie macht sich das im Trimm bemerkbar? Wir können nicht auch noch auf Zelle Vier verzichten, nur, um Schlagseite zu vermeiden!«
Wegemann blies die Backen auf: »Um ehrlich zu sein, ich habe keine Idee, Herr Kaleun. Wir werden das vorsichtig ausprobieren müssen!«
»Dann beeilen Sie sich mal, Herr Oberleutnant! Ich muss schleunigst wissen, wie viel Öl wir noch haben!« Der Kommandant runzelte die Stirn. »Was macht der Backborddiesel?«
»Die Männer arbeiten noch dran. Ich wollte dazu stoßen, wenn die Trimmung wieder stimmt.« Der LI zuckte mit den Schultern. »Jetzt kann ich mir aussuchen, was wichtiger ist.«
»Zuerst das Öl!«, von Hassel verzog das Gesicht. Wir können uns auch mit einem Diesel langsam davon schleichen, aber nicht ohne Öl!«
»Zu Befehl, Herr Kaleun!« Der LI grinste schief. »Immerhin haben wir bei alldem noch Glück gehabt! Es hätte ja auch schlimmer kommen können.«
Von Hassel sah ihn überrascht an. »Ja, wenn man es so betrachtet? Nun ab mit Ihnen, tun Sie ihr Bestes. Wenn Sie zusätzliche Männer brauchen, wenden Sie sich an den IWO!«
»Ich kümmere mich darum, Herr Kaleun!«
Funkmaat Willi Rückert, im Nebenberuf Sanitäter von U-68, sah zu, wie der Sanitätsmaat der Kurland vorsichtig den Puls von Maschinenmaat Peters fühlte. Er wusste bis jetzt nicht viel über den anderen Mann, außer dessen Namen. Heinrich Zieblowski. Sie hatten auch wenig Zeit gehabt, miteinander zu reden. Mit dem Maschinenmaat von U-68 hatten sie nun zwanzig Verletzte zu betreuen. Sie waren keine Mediziner, nur Sanitäter, aber was sollten sie machen? Niemand hatte jemals von ihnen erwartet, Operationen durchzuführen, trotzdem hatten sie es getan. Sie hatten Arme und Beine abgesägt mit
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