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Brennender Stahl (von Hassel)

Brennender Stahl (von Hassel)

Titel: Brennender Stahl (von Hassel) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Brendt
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Werkzeug, das eigentlich eher für Reparaturen am Boot bestimmt war, sie hatten mit einer Tastlehre nach Splittern in offenen Wunden gesucht und sie hatten geschient und genagelt, was das Zeug hielt. Sie hatten sich taub stellen müssen gegenüber dem Flehen der Verwundeten, gegenüber Schmerzensschreien und Leiden. In der Zwischenzeit waren alle Betäubungsmittel an Bord verbraucht, sie hatten einfach nichts mehr, dass sie den Männern geben konnten. Nur Verbandszeug hatten sie vor allem deswegen noch etwas, weil Männer Uniformstücke, die sie wegen des warmen Klimas nicht brauchten, in Streifen geschnitten hatten. Adolf Schott, der Smut, hatte in seiner engen Küche beinahe ständig Verbände und Werkzeuge ausgekocht.
    Zieblowski schüttelte leicht den Kopf, aber Rückert hatte nichts anderes erwartet.
     
    Jens Lauer warf einen kurzen Blick auf die ausliegende Karte. Vor allem während der langen Gammelfahrt hatte er dem Steuermann immer wieder über die Schulter gesehen. Tatsächlich, obwohl er das immer wieder vor seinen Kameraden zu verheimlichen suchte, war der Matrose ein durchaus neugieriger und intelligenter Bursche. Wenn der Krieg nicht dazwischen gekommen wäre und damit einige Gründe, freiwillig zur Marine zu gehen, dann würde er wohl immer noch die Schulbank eines Gymnasiums drücken. Er lernte gerne, auch wenn das vielen seiner Altersgenossen eher als Schwäche erschien. Genau wie seinen Kameraden an Bord. Hätte er bereits sein Abitur gehabt, hätte er vielleicht den Versuch gemacht, Offizier zu werden, aber dazu hatten ihm bei Kriegsausbruch noch zwei Jahre gefehlt.
    »Na, Junge, was treibst du hier?«
    Die Stimme des Schmadding ließ Lauer herumfahren: »Nichts, Herr Bootsmann! Wollte nur mal schauen, wo wir sind.«
    Der Bootsmann brummte nachdenklich. »Und? Wo sind wir deiner Meinung nach?«
    Lauer griff nach einem Stechzirkel und dem großen Übersegler. Tausend Mal hatte er gesehen, wie Obersteuermann Franke Entfernungen nahm. Nur er selbst hatte es noch nie getan. Nicht, dass er nicht gewußt hätte, wie es ging, so schwierig war das nun wieder nicht. Er nahm auf der großformatigen Karte zehn Meilen in den Zirkel und begann mit den Zirkel geradewegs auf der Karte nach Osten zu zählen. Bei neunzehn erreichte er beinahe Freetown. Er legte den Zirkel wieder in das Fach und drehte sich um: »Knappe zweihundert Meilen, Herr Bootsmann.« Er schielte nach dem Fahrtmeßanzeiger. Gerade einmal sechs Knoten, aber an der Backbordmaschine wurde ja auch noch gearbeitet. Er lächelte vorsichtig: »Bei dieser Fahrt noch mindestens dreißig Stunden, bis wir vor der Küste stehen.«
    Bootsmann Volkerts sah den Jungen prüfend an. »Wer sagt, dass wir zur Küste fahren?«
    »Im Augenblick zeigt der Kompass Kurs Null-Neun-Zwo, Richtung Küste.«, Lauer lächelte schüchtern. »Außerdem hat der Steuermann den Kurs eingezeichnet!«
    »Soso!«, Volkert brummte in den dichten schwarzen Bart. Dann nickte er: »Na, aber leg Dich jetzt hin! Du hast in ein paar Stunden wieder Wache!«
    Der Matrose zuckte mit den Schultern. »Wenig Chance da vorne! In meiner Koje liegt einer von der Kurland, alle anderen Kojen sind auch gerade voll!« Er dachte nach: »Irgendwo werde ich eine Ecke finden!« Er zögerte: »Bootsmann, ...«
    »Ja?«
    »Ich habe die Männer von der Kurland gesehen. War es das alles wert?«
    Bootsmann Volkerts sah sich unwillkürlich um. Die Rudergänger und der Zentralemaat waren in der Nähe. Er senkte die Stimme. »Es ist nicht die Art der Marine, sich kampflos zu ergeben, Matrose! Wir sind keine Feiglinge, die bei echter Gefahr ihr Schiff versenken und sich vom Feind fischen lassen. Die Engländer müssen uns erst nehmen! Deshalb musste die Kurland kämpfen!«
    Die beiden ungleichen Männer sahen einander in die Augen. Dann senkte Lauer den Blick: »Ich verstehe!« Aber sie wussten beide, dass sie gelogen hatten. Denn der Matrose verstand es nicht und der Bootsmann wusste, dass der Kampf nichts verändert hatte.
     
    Am Nachmittag verließ der Kommandant endlich den Turm. Doch auch er fand keine Ruhe. Beginnend mit dem Maschinenraum, ging er durch das ganze Boot. Noch immer arbeiteten Daniel Berger und andere Maschinisten an der Backbordmaschine. Andere Heizer peilten Ölbunker, pumpten um oder versuchten herauszufinden, wie viel Öl eigentlich wirklich mit Seewasser vermischt in den Zellen schwabberte. Bisher zeigten sich die Ergebnisse ihrer Bemühungen darin, dass das Boot mal Schlagseite nach

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