Brennender Stahl (von Hassel)
aber noch mussten sie nicht durch die Kalipatronen atmen um das Kohlendioxid zu binden, das sie ausatmeten. Also vom Standpunkt des U-Bootfahrers aus ein noch durchaus atembares Gemisch aus Dünsten, Gerüchen und Restspuren von Sauerstoff. Er fühlte sich steif und ausgelaugt, aber das ging jedem an Bord so. Doch sie hatten noch etwas Arbeit zu erledigen. Wenigstens konnten sie das jetzt in Ruhe tun. Er streckte sich noch etwas und wandte sich dann zu einem seiner Funkgasten um: »Olm, übernimm mal! Ich sehe zu, ob ich mich nützlich machen kann!«
In der Zentrale lauschte der Leitende dem unregelmäßigen Brummern der Hauptlenzpumpe. Ganz in Ordnung war die auch nicht, aber für den Augenblick würde es wohl noch gehen. Sie mussten das Wasser aus dem Boot bekommen, denn sie hatten nur einen Versuch, wieder an die Oberfläche zu kommen. Mehr Luft hatten sie nicht mehr in den Pressluftflaschen. Ein Versuch, der musste klappen. Also musste das Wasser aus dem Boot.
Von Hassel sah seinen Leitenden an: »Probleme, LI?«
Der Oberleutnant nahm die schmierige Mütze ab und knautschte sie zusammen: »Ich werde zu alt für den Scheiß, Herr Kaleun!«
Der Kommandant sah den Oberleutnant prüfend an. »Sie doch nicht, Wegemann!«
»Na, wenn Sie es sagen, Herr Kaleun?« Er grinste schief und wandte sich an Oberleutnant Hentrich, der ebenfalls in der Zentrale stand. »Warten Sie mal ab, bis Sie auf meine Meilenzahl kommen, IWO!«
Hentrich nickte gelassen. »Wenn ich das erlebe, Methusalem, werde ich vor Freude tanzen!«
Der Alte sah sich um. Sie waren alleine in der Zentrale, da die meisten Männer entweder mit Reparaturen beschäftigt waren oder erschöpft auf den Kojen lagen. Er sah Wegemann fragend an. »Und, wie sieht es wirklich aus?«
Der Oberleutnant zuckte mit den Schultern. »Wir müssen das Wasser in die Zentralebilge schaffen, irgendwie. Die Hauptlenzpumpe kann nur von dort aus das Wasser außenbords pumpen. Die Hilfspumpe ist zu klein und kommt nicht gegen den Druck an.«
»Also brauchen wir eine Eimerkette?«
Der LI nickte. »Später, wenn ich das Wasser hier raus habe!« Er sah sich um. »Das wird ein paar Stunden dauern bis wir soweit alles erledigt haben, was wir hier unten erledigen können.«
»Wie sieht es achtern aus?«
Wieder musste der Ingenieur hilflos mit den Schultern: »Die Wellenabdichtung kriegen wir wieder hin, wenn wir oben sind. Wenn die Welle aber verzogen ist, dann muss eine Werft ran.«
Von Hassel verbarg seine Enttäuschung nur schwer: »Na, dann hoffen wir mal wieder das Beste!«
U-68 tauchte am frühen Nachmittag wieder auf. Über sechzehn Stunden waren sie getaucht geblieben. Es war ihnen allen klar, dass sie auch länger durchgehalten hätten, wenn es nicht anders gegangen wäre. Aber trotzdem fühlten sie sich alle wie neu geboren, als die frische Seeluft in das Boot strömte.
Während die Reparaturen weitergingen, begann das angeschlagene Boot mit einer Schraube hinaus auf die offene See zu steuern, dem Treffpunkt mit der Storvikken entgegen.
31. Seetag – Nachrichten
Die Reparaturen erwiesen sich als lang und kompliziert. Nicht selten war der Leitende drauf und dran, aufzugeben. Aufgeben hätte bedeutet, nach Deutschland zurückzukehren. Das angeschlagene Boot hätte ihnen vielleicht den notwendigen Vorwand geliefert. Vielleicht auch nicht. Feigheit vor dem Feind war ein Verbrechen und wurde, wie in jeder militärischen Streitmacht mit dem Tod bestraft. Also taten sie, was möglich war, um das Boot wieder zusammenzuflicken und auch wenn am Ende nicht alles perfekt war, so konnte der LI dem Kommandanten doch nach ein paar Tagen das Boot wieder eingeschränkt klar melden. Wie dieses »eingeschränkt« zu verstehen war, lag letzten Endes ohnehin beim Kommandanten, niemandem anders. Kriegsschiffe und ihre Besatzungen sind nicht gerade von demokratischen Grundvorstellungen durchdrungen.
In der Zwischenzeit hatte der Seegang zugenommen und aus dem Westen brauste ein Sturm heran. Nicht ein besonders starker Sturm und bei weitem nicht wie der, den sie nördlich von England hatten abwettern müssen, aber immer noch heftig genug.
Aber nicht nur der Sturm war anders. Auch die Besatzung war eine andere, als noch vor ein paar Wochen. Unmerklich waren den neuen Männern Seebeine gewachsen und die alten hatten sich an das neue Boot und die geänderten Verhältnisse gewöhnt. Natürlich gab es immer noch Fälle von Seekrankheit. Der junge Lauer, den es immer noch mit
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