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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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wirklich dein Wunsch ist.«
    »Wovon soll ich ohne Gehalt leben?«
    »Du hast doch noch das Geld vom Nobelpreis, Greta. Du hast einen Haufen schwedischer Kronen, die du nie angerührt hast.«
    Sie runzelte die Stirn. »Eigentlich wollte ich davon neue Geräte kaufen, aber die Beschaffungsleute wollten nicht, dass ich mich mit dem Papierkram beschäftige.«
    »Da hast du dein Problem auf den Punkt gebracht. Entlass als Erstes diese kläglichen Versager.«
    Sie klappte den Laptop zu. »Das ist eine ernste Angelegenheit. Wenn ich das tue, wird es einen fürchterlichen Aufstand geben. Irgendwas wird passieren.«
    »Wir wollen doch, dass etwas passiert. Deshalb tun wir das alles ja.«
    Sie wandte sich zu ihm herum, stupste ihn ängstlich mit dem Knie an. »Ich will einfach bloß aufrichtig sein. Nicht politisch. Aufrichtig.«
    »Das ist eine aufrichtige politische Rede! Alles lässt sich belegen.«
    »Bloß was uns beide betrifft, ist sie nicht aufrichtig.«
    Oscar ließ langsam den Atem entweichen. Mit dieser Wendung hatte er gerechnet. »In der Beziehung müssen wir den Preis bezahlen. Von morgen an befindest du dich im Wahlkampf. Dann haben wir beim besten Willen keine Zeit mehr für uns. Bisher haben wir uns immer ein bisschen Zeit für uns abgeknapst. Von jetzt an haben wir dieses Privileg nicht mehr. Dies ist das letzte Mal, dass wir beide uns privat treffen. Ich werde nicht mal im Publikum sitzen, wenn du morgen sprichst. Es darf nicht so aussehen, als wäre ich dein Souffleur.«
    »Aber die Leute wissen über uns Bescheid. Eine Menge Leute. Ich will, dass die Leute Bescheid wissen.«
    »Alle politischen Führer haben ein Doppelleben. Das öffentliche und das private. Das ist keine Heuchelei, sondern bloß realistisch.«
    »Und wenn man uns outet?«
    »Also, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Wir könnten mauern. Das wäre das Einfachste – einfach alles abstreiten und es den anderen überlassen, ihre Behauptungen zu beweisen. Oder wir geben uns spröde und provokativ und sagen, wir fühlten uns durch die Kuppelei geschmeichelt. Wir könnten sie ein wenig necken, sexy und glamourös auftreten. Nach guter alter Hollywood-Manier, weißt du. Das ist ein gefährliches Spiel, aber ich kenne es ziemlich gut, und ich persönlich ziehe es vor.«
    Greta schwieg eine Weile. »Wirst du mich vermissen?«
    »Weshalb sollte ich dich vermissen? Ich manage dich. Du stehst im Mittelpunkt meines Lebens. Du bist meine Kandidatin.«
     
    Oscar und Yosh Pelicanos genossen einen gesunden Spaziergang rund um den Porzellanturm des Hochsicherheitstrakts. Pelicanos trug einen Spitzhut, khakifarbene Shorts und einen ärmellosen Pullover. Nach zwei Monaten im Innern der Kuppel hatte sich Oscars Team den hier herrschenden Gepflogenheiten weitgehend angepasst. Oscar hingegen trug seinen elegantesten Anzug und einen brandneuen dampfgeformten Hut. Oscar verspürte nur selten ein Bedürfnis nach Bewegung, da sein Stoffwechsel acht Prozent schneller ablief als der eines normalen Menschen.
    Der Spaziergang war eine öffentliche Demonstration. Soeben tagte der Verwaltungsrat des Laboratoriums, und Greta hielt ihre Rede, während Oscar sich absichtlich vom Ort des Geschehens fernhielt. Oscar war besonders dann schwer zu übersehen, wenn er von seinem Bodyguard begleitet wurde: der unheimliche Kevin Hamilton folgte ihnen in seinem motorisierten Rollstuhl.
    »Was ist dieser Hamilton eigentlich für ein Typ?« knurrte Pelicanos mit Blick über die Schulter. »Warum, um Himmels willen, hast du ausgerechnet einen weißen Gauner eingestellt? Sein einziger Vorzug besteht darin, dass er noch schlechter zu Fuß ist als Fontenot.«
    »Kevin ist sehr begabt. Er hat mir diesen Hetzserver vom Hals geschafft. Außerdem ist er billig.«
    »Er kleidet sich wie ein Mietgauner. Der Typ kriegt jeden Tag achtzehn Pakete angeliefert. Und was den Kopfhörer und die Scanausrüstung angeht – die nimmt er mit ins Bett! Er geht mir auf die Nerven.«
    »Kevin wird dir schon noch ans Herz wachsen. Ich weiß, er ist nicht der übliche Teamarbeiter. Hab Nachsicht mit ihm.«
    »Ich bin nervös«, gestand Pelicanos.
    »Dazu besteht kein Anlass. Wir haben das Fundament gelegt«, sagte Oscar. »Meine Leute sollen wissen, dass ich stolz auf ihre Arbeit bin.« Oscar hatte allerbeste Laune. Stress und quälende Anspannung brachten stets seine jungenhafte, gewinnende Seite zum Vorschein. »Yosh, bei der Wirtschaftsprüfung hast du hervorragende Arbeit geleistet. Und auch das

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