Brennendes Land
Als vernünftiger, moderner Cop will man ein Straßenmassaker möglichst vermeiden – das ist altmodisch, das macht einen schlechten Eindruck. Also nimmt man den großen Boss aufs Korn. Man schaltet ihn aus, verleumdet ihn irgendwie… Kindesmissbrauch bietet sich da an oder Zugehörigkeit zu einem Satanskult… Irgendeine üble Nachrede, von der was hängenbleibt… und wenn’s eng wird, entführt man ihn halt. Und während sich die Leute aus der zweiten Reihe noch wundern, wo die Bienenkönigin wohl sein mag, treibt man sie in die Enge. Wenn Mr. Wonderful irgendwann zurückkehrt, ist der Schwung weg. Sie geben einfach auf und zerstreuen sich.«
»Das würden sie bei uns niemals wagen«, sagte Greta. »Wir sind schließlich kein Mob, sondern Wissenschaftler.«
Kevin lachte. »Man spricht bereits über Sie beide. Das ist ein ausgewachsener Skandal. Sie sind gestern Nacht gemeinsam durchgebrannt und haben vorher noch die Kassen des Labors geplündert. Schrecklich peinlich für Ihre Freunde. Während sich Ihre Mitarbeiter und das Streikkomitee noch am Kopf kratzen, machen die Laborcops gegen Sie Stimmung. Weil niemand die Geschichte abstreitet, die sie in Umlauf bringen. Weil Sie nicht da sind, um sie richtigzustellen.«
»Also, das werde ich jetzt tun!« sagte Greta und stemmte sich mit gefesselten Händen hoch. »Ich gehe ins Labor und stelle mich vor sie hin.«
»Immer mit der Ruhe«, meinte Oscar. »Alles zu seiner Zeit.«
»Da befand ich mich also in einer üblen Lage«, fuhr Kevin fort. »Ich überlegte, wer wohl die Frechheit und den Mumm haben mochte, zwei so berühmte Leute zu kidnappen. Und dann diese vernichtenden Verleumdungen zu verbreiten…«
»Huey«, sagte Oscar.
»Wer sonst? Dann hab ich’s also jetzt mit Green Huey zu tun, weiter nichts, ja? Und wer soll mich gegen Huey unterstützen? Die Laborcops? Die stecken seit jeher mit Huey unter einer Decke. Die Polizei von Buna? Die kann man vergessen, die sind zu dämlich. Oder vielleicht die Texas Ranger? Die Ranger muss man ernst nehmen, aber sie würden mir nicht glauben, ich bin kein Texaner. Dann fiel mir Senator Bambakias ein – der Bursche ist vermutlich in Ordnung und mittlerweile ein ordentlich vereidigter Senator, aber leider momentan nicht ganz zurechnungsfähig. Also sacke ich die Chips ein und mache mich auf den Weg ins sonnige Mexiko. Aber bevor ich aufbreche, denke ich mir – was, zum Teufel, habe ich eigentlich zu verlieren? Ich werd den Präsidenten anrufen.«
»Den Präsidenten der Vereinigten Staaten?« fragte Greta.
»Ja, den. Und das hab ich auch getan.«
Oscar ließ sich das durch den Kopf gehen. »Wann haben Sie diesen Entschluss gefasst?«
»Ich habe heute Morgen um vier im Weißen Haus angerufen.«
Oscar nickte. »Hmmm. Ich verstehe.«
»Sie wollen doch nicht etwa behaupten, Sie hätten den Präsidenten persönlich gesprochen,« sagte Greta.
»Natürlich habe ich nicht mit dem Präsidenten gesprochen! Um vier Uhr morgens schläft der Präsident! Ich kann Ihnen sagen, wer um vier Uhr morgens im Nationalen Sicherheitsrat am Schreibtisch sitzt. Und zwar dieser brandneue junge Militäradjutant aus Colorado. Er gehört der Übergangsmannschaft an. Es ist sein erster Arbeitstag. Er hat die zweite Nachtschicht bekommen. Er ist ziemlich nervös. Bis jetzt hat er noch nie was Bedeutsames erlebt. Er ist nicht sonderlich erfahren. Und es ist auch gar nicht so schwer, an ihn heranzukommen – zumal ich ihn auf zwanzig bis dreißig Leitungen gleichzeitig anrufe.«
»Und was haben Sie dem neuen Präsidentenberater gesagt?« half Oscar behutsam nach.
Kevin sah auf die Navigationskonsole und bog nach links ab, wo es tiefer in den Wald hineinging. »Also, ich hab ihm gesagt, der Gouverneur von Louisiana habe soeben die Direktorin eines staatlichen Laboratoriums gekidnapped. Ich musste die Geschichte ein bisschen ausschmücken, um ihn bei der Stange zu halten – Hueys Bande hält sie als Geisel fest, französische Agenten sind beteiligt, halt sowas, wissen Sie. Ich hab ihm ein paar saftige Details aufgetischt. Zum Glück war der Typ hinsichtlich des Luftwaffenproblems auf dem Laufenden. Wusste genau Bescheid über das Radarloch und so. Verstehen Sie, der Typ ist Lieutenant Colonel und kommt zufällig aus Colorado Springs, wo es diese große Militärakademie gibt. Scheint so, als sei man in Colorado ausgesprochen besorgt wegen der Air Force. Die hassen Huey bis aufs Blut, weil er die Luftwaffenleute wie Schwächlinge aussehen
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