Brennendes Land
hatte durchaus seinen Sinn.
Die Vorstellung aber, von einer Kugel durchbohrt zu werden, war etwas anderes.
Nicht die Vorstellung zu sterben belastete ihn. Oscar konnte sich problemlos vorstellen zu sterben. Vielmehr stieß ihn die damit einhergehende Sinnlosigkeit ab. Der Umstand, dass sein Spielbrett von einem Psychotiker umgestoßen wurde, von einem Regelverletzer, der nicht einmal begriff, worum es überhaupt ging.
Bei einem Spiel zu verlieren, das konnte er verstehen. Oscar konnte sich beispielsweise vorstellen, in einen größeren politischen Skandal verwickelt und beschissen, in die Wüste geschickt, ausgestoßen, entehrt, gemieden und vergessen zu werden. Dann wäre er eine Unperson. Für andere untragbar. Dass dieser Fall eintrat, konnte Oscar sich gut vorstellen. Das gab dem Spiel eine gewisse Würze. Ein garantierter Sieg war schließlich kein Sieg mehr.
Doch er wollte nicht erschossen werden. Daher stellte Oscar die Mitarbeit am Projekt ein. Dies war ein betrübliches Opfer, denn er hatte die Fertigstellung des Hotels mit großer Anteilnahme verfolgt und die zahlreichen Möglichkeiten, die Vorurteile der rückständigen Texaner zu erschüttern, wahrhaft genossen. Sich die Scharen der Neugierigen als ein Gemenge von potenziellen Feinden vorzustellen, bedrückte ihn jedoch. Worauf zielten die Fadenkreuze? Die ständige morbide Beschäftigung mit dem Thema Attentat verhalf Oscar zu der Überzeugung, dass er selbst einen hervorragenden Attentäter abgegeben hätte – klug, geduldig, diszipliniert, entschlossen und schlaflos. Diese schmerzhafte Entdeckung setzte seinem Selbstverständnis arg zu.
Er setzte seine Leute von der Entwicklung in Kenntnis. Rührenderweise zeigten sie sich besorgter um seine Sicherheit als er selbst.
Er zog sich ins Laboratorium zurück, denn dort war es viel sicherer für ihn. Im Gefahrenfall würden die Sicherheitsbeamten den Alarm für entlaufene Tiere auslösen, dann wären alle Durchgänge so fest verschlossen wie ein Banktresor.
Unter Glas war es sicherer für Oscar – doch er fühlte sich, unter Druck, von unsichtbaren Mächten in seiner Freiheit eingeschränkt. Eine Möglichkeit zum Gegenangriff aber war ihm geblieben. Er versenkte sich aggressiv in seinen Laptop. Er selbst, Pelicanos, Bob Argow und Audrey Avizienis arbeiteten gemeinsam an der Erstellung einer Indizienkette.
Senator Dougal und seine texanische Cajunmafia Schweinefleisch fressender alter Kumpane waren zunächst sehr pflichtbewusst gewesen. Mit ihrer anfänglichen Bescheidenheit war indes Schluss, als sie sich über die Grenzen des Staates Texas hinaus in die großen Geldwaschanlagen der Casinos von Louisiana vorarbeiteten. Später flossen die Gelder in Form großzügiger Wahlkampfspenden und auf den Namen von Ehefrauen und Neffen eingetragenen Zweitwohnungen unerfindlicher Herkunft zurück.
Im Laufe der Jahre aber war die Finanzlage des Landes angespannt und chaotisch geworden. Während die Hyperinflation tobte und große Industrien platzten wie angepiekste Luftballons, fiel es zunehmend schwerer, den Anschein zu wahren. Die Spuren zu verwischen, war mühselig und lästig geworden. Der Senator hielt nach wie vor seinen schützenden Arm über das Labor, und das ehrenhafte Anliegen, der Wissenschaft voran zu helfen und gefährdeten Tierarten ein Zuhause zu geben, vermittelte noch immer den meisten Amerikanern ein zutiefst unkritisches Gefühl von Warmherzigkeit und Großzügigkeit. Die Arbeit im Laboratorium ging weiter – während sich in seinem Schatten die Fäulnis ausbreitete, bei den Mauscheleien der Gerätebeschaffung und der Ausschreibungen, ein kleines Universum der Provisionszahlungen und Bestechungen. Untergeordnete politische Verbündete wurden auf obskure, aber lukrative Posten gehievt und etwa mit der Zuständigkeit für die Parkplätze, die Installationen oder die Wäsche bedacht. Veruntreuung war wie Alkoholismus. Es fiel schwer, wieder davon loszukommen, und wenn einen niemand zur Verantwortung rief, zeigten sich bald die ersten geplatzten Äderchen.
Oscar hatte den Eindruck, ausgezeichnete Fortschritte zu machen. Sein Handlungsrahmen erweiterte sich ständig.
Dann tauchte der erste Selbstmordattentäter auf.
Oscar wurde von einer Angehörigen des Sicherheitsdienstes angesprochen. Es handelte sich um eine Beamtin mittleren Alters, die einer kleinen bundesstaatlichen Polizeieinheit mit der Bezeichnung ›Buna National Collaboratory Security Authority‹ angehörte. Sie berichtete
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