Brennendes Schicksal (German Edition)
hat.«
Lauras Augen füllten sich mit Tränen. »Wer ist denn so niederträchtig?«, fragte sie hilflos, obwohl sie die Antwort bereits ahnte. Sie schwieg eine Weile. »Was soll ich jetzt tun?«, fragte sie schließlich.
Der Bischof tätschelte ihr die Hand. »Macht Euch keine Sorgen. Ich werde Euch in das Haus der Witwe Baldini bringen. Sie ist eine kluge Frau, die weiß, dass Ihr weder mit Orazios Tod noch mit der Krankheit des Visconte etwas zu schaffen habt.«
»Und Angelo? Wer kümmert sich um ihn?«
»Nun«, erwiderte der Bischof, und seine Stimme bekam wieder diesen besorgten Klang. »Im Augenblick ist Circe da Volterra bei ihm.«
»Nein!«, schrie Laura, riss sich los und wollte wieder zur Tür laufen. Diesmal war es Mimmo, der sie zurückhielt und sie wieder auf ihren Platz brachte.
»Eure Reaktion überrascht mich«, sagte der Bischof und sah sie aufmerksam an. »Ich dachte, Eure Lehrerin genießt Euer vollstes Vertrauen. Oder ist doch etwas dran an den Gerüchten, die besagen, Angelo da Matranga wolle sie an Eure Stelle setzen?«
»Ich weiß es nicht, Bischof«, erwiderte Laura matt und vor Mutlosigkeit plötzlich wie gelähmt. »Ich weiß es wirklich nicht. Doch ich gäbe alles, um herauszufinden, was in dieser Stadt und im Palazzo des Visconte vor sich geht.«
»Erst einmal braucht Ihr Ruhe. Kommt, ich bringe Euch jetzt zur Witwe Baldini.«
Doch Laura war erst zum Gehen bereit, als Mimmo ihr versichert hatte, den kleinen Angelino auf der Stelle von zu Hause zu holen und ebenfalls in das Haus der Witwe Baldini zu bringen.
Zweiundzwanzigstes Kapitel
»Macht es Euch bequem, Kind. Da, setzt Euch, setzt Euch hin.«
Die Witwe Baldini war rührend um Laura besorgt. Sie führte sie zu einem breiten Stuhl, der dick mit Kissen gepolstert war. Dann holte sie noch einen Hocker herbei und hieß Laura, die Füße ein wenig hochzulegen.
Sie brachte einen Becher Rotwein, in den sie ein rohes Eigelb und Zucker geschlagen hatte, und servierte dazu kleine Kuchen.
»Trinkt den Wein, er wird Euch stärken«, sagte sie und hielt Laura den Becher hin.
Laura war dankbar für die Fürsorge. Zum ersten Mal am heutigen Tag fühlte sie sich ein wenig geschützt und geborgen. Ja, hier würde sie sich ausruhen können, hier würde es ihr vielleicht sogar gelingen, den Dingen, die um sie herum geschahen und die für sie völlig unverständlich waren, auf den Grund zu gehen.
»Wollt Ihr noch ein Kissen?«, fragte die Witwe Baldini. »Nehmt doch einen von den kleinen Kuchen.«
»Danke sehr, Ihr seid sehr freundlich zu mir.«
Laura trank den Rotwein und aß einen kleinen Kuchen, während die Witwe neben ihr stand, bereit, sofort für Nachschub zu sorgen. Erst als Laura wirklich keinen Bissen mehr herunter bringen konnte, setzte sich die Witwe ihr gegenüber und fragte: »Es ist viel passiert. Wollt Ihr vielleicht mit mir darüber reden? Ihr könnt Euch aber auch dem Bischof anvertrauen. Ihr wisst ja ...«, sie lächelte ein wenig, »er kommt beinahe jeden Tag zu mir.«
»Ja, sehr gern«, erwiderte Laura. »Ich glaube, wenn ich über all das, was geschehen ist, sprechen kann, so gelingt es mir vielleicht, Ordnung in meine Gedanken zu bringen.«
»Also beginnt. Sprecht frei heraus über alles, was Euch in den Kopf kommt. Ich bin kein geschwätziges Weib. Eure Worte sind bei mir gut aufgehoben.«
Laura atmete tief durch. »Vor sechs Wochen wurde Orazio von seiner Mutter Beatrice mit Mandelmilch, die eigentlich für mich bestimmt war, vergiftet. Kurz darauf begann der Visconte Angelo da Matranga, sich von mir zurückzuziehen, ohne die Beziehung jedoch zu beenden. Der Geist seines Sohnes ...« Sie brach ab, lehnte sich zurück und starrte an die Decke.
Die Witwe Baldini wartete und schwieg, während Laura mit sich rang. Sollte sie der Freundin des Bischofs wirklich alles anvertrauen? Durfte sie es wagen? Oh, sie war in der letzten Zeit so enttäuscht worden. Außer Gianna wusste niemand von Circe da Volterras nächtlicher Vorstellung. Doch nun, da es ihr selbst ans Leben gegangen war, Angelo krank darnieder lag und im allerschlimmsten Fall und Gott behüte sterben würde, da brauchte sie Verbündete.
Laura ließ den Blick durch das Wohnzimmer schweifen und dachte dabei an einen Ausspruch, den ihre Mutter oft verwendet hatte: Die Wohnung eines Menschen sagt mehr über sein Wesen als alle Worte.
Der Raum der Witwe war einfach und klar eingerichtet. Es gab wenig Schnickschnack, alles war sauber und dabei behaglich. Der
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