Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennendes Schicksal (German Edition)

Brennendes Schicksal (German Edition)

Titel: Brennendes Schicksal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
Vom Netzwerk:
Geldstück kommt der Kirche zugute, helft Ihr doch, dem Herrn das größte und schönste Haus auf Erden zu bauen. Ihr könnt Euch von allen Sünden der Welt frei kaufen. Für ein gelogenes Wort zahlt Ihr einen Florin. Habt Ihr geflucht, so seid Ihr für zwei Florin dieser Sünde ledig. Diebstahl kostet fünf Florin, Gotteslästerung das Doppelte. Habt Ihr einen falschen Eid gesprochen, so erlangt Ihr für zwanzig Florin Vergebung, widernatürliche Unzucht und Kindstötung verzeiht der Herr für fünfzig Florin. Habt Ihr aber gemordet, so kostet Euch das zweihundert Florin.«
    Beim letzten Satz stöhnte die Menge leise auf. Die Männer und Frauen drängten sich dicht aneinander. Sie hielten Abstand von Laura, doch gleichzeitig waren sie darauf versessen, sich nichts von dem entgehen zu lassen, was sich gerade hier vor ihren Augen abspielte. Laura sah denen, die vorn standen, nacheinander in die Augen. Sie erkannte die Sensationsgier, roch den Schweiß aus Angst, leisem Grauen und Faszination, sah hinter den Stirnen bereits die Worte, die sie bei nächster Gelegenheit der Nachbarin oder Gevatterin zum Besten geben würden.
    Ein lüsternes, geiferndes Tier mit unzähligen Mündern, Augen, Armen und Beinen umstand Laura. Sie bekam Angst. Jetzt, im Angesicht der vielen Leute, in deren Augen sie Verachtung und Hass las, bekam sie Angst.
    »Nein«, rief sie, schüttelte den Kopf und machte sogar mit den Händen abwehrende Bewegungen. »Nein, ich kaufe nichts. Ich habe keine Sünde begangen, die ich Gott nicht schon zu Gehör gebracht habe.«
    »Lügnerin!« Das erste Wort flog wie ein Pfeil durch die Menschenmenge.
    »Mörderin!«
    »Bestie!«
    »Du hast Orazio umgebracht!«
    »Hure!«
    »Todesengel!«
    »Geliebte des Satans!«
    »Geh zum Teufel!«
    Von allen Seiten prasselten die Beschimpfungen auf Laura nieder. Sie sah sich um, breitete die Arme aus, rief: »Was habt Ihr nur? Was werft Ihr mir vor?«
    Doch niemand hörte sie. Die Rufe wurden immer lauter, noch mehr Menschen kamen gelaufen, drängten sich in die Menge und stimmten ein in den Chor der Beschimpfungen.
    Die Worte flogen Laura wie Steine um die Ohren. Sie stand mutterseelenallein in dem Kreis, den die Menschen um sie herum gebildet hatten, und zitterte vor Angst. Ihre Augen suchten in der Menge nach einem freundlichen Blick, doch vergebens. Hass, ohnmächtige Wut, Angst und Verachtung las sie, sonst nichts. Rasch hielt sie sich die Ohren zu, presste beide Hände fest dagegen, sodass aus den vielen Stimmen ein einziger murmelnder, keuchender Laut entstand. Sie sah aufgerissene Münder, Speichel, der von den Lippen troff, rote Zungen, die sie an leckende, alles verzehrende Flammen erinnerten.
    »Nein!«, flüsterte sie. »Nein! Bitte nicht! Madonna, ich bitte dich, hilf mir!«
    Doch die Madonna schien anderweitig beschäftigt. Schon flog die erste Tomate, traf Laura gegen die Brust und hinterließ einen hässlichen Fleck auf ihrem Kleid. Ein faules Ei zerbrach auf ihrem Kopf und sie spürte die zähe, stinkende Flüssigkeit über ihre Stirn laufen.
    Eine Frau spuckte sie an, traf sie am Arm, eine andere warf mit Pferdemist nach ihr.
    Die Menge schien außer Rand und Band zu sein. Laura nahm die Hände von den Ohren, versuchte mit den Armen, ihr Gesicht und die Brüste zu schützen, doch von allen Seiten prasselten jetzt verfaulte Lebensmittel auf sie ein.
    Ein Kohlrabi traf sie an der Schläfe, sodass sie vor Schmerz leise aufstöhnte und ins Schwanken geriet.
    »Nein«, schrie sie so laut sie konnte. »Nein! Hört auf! Ich habe Euch doch nichts getan!«
    »Mörderin!«
    »Hure!«
    »Drecksstück!«, erscholl es von allen Seiten.
    Laura ging in die Knie, duckte sich und schützte mit den Armen ihren Kopf. Sie sah unzählige Menschenbeine, die aufgeregt hin und her zappelten.
    »Tötet sie!«, schrie plötzlich eine Frau. »Sie ist eine Hexe! Bindet sie und errichtet den Scheiterhaufen. Brennen soll sie und mit ihr alle Bosheit, die sie über die Stadt und über seine Bewohner gebracht hat.«
    »Nein!« , schrie Laura gellend und in höchster Not, doch niemand schien ihr helfen zu wollen.
    Schon spürte sie, dass jemand an ihrem Haar zog. Hände zerrten an ihren Armen und Kleidern, sie verlor das Gleichgewicht und wurde zu Boden gestoßen, Stiefelspitzen tanzten vor ihren Augen.
    Gleich würden sie sie packen und schlagen. Gleich würden sie ihr Gewalt antun.
    »Madonna, steh mir bei!«, flüsterte Laura. »Madonna, lass nicht zu, dass sie meinem Kind die Mutter

Weitere Kostenlose Bücher