Brennendes Schicksal (German Edition)
die kleinen Rauchwölkchen, die vom Denken kommen, direkt über euren Köpfen schweben sehen.«
»Du hast Recht, mein Lieber. Du kommst wie gerufen. Setz dich zu uns und hilf uns dabei, den Visconte von seiner Angst vor den bösen Geistern zu befreien, die er in Laura sieht.«
»Den Teufel treibt man am besten mit dem Teufel aus«, meinte der Bischof. Er kam durch den Raum, drückte der Witwe Baldini einen schallenden Kuss auf die Wange, dann setzte er sich und schob sich genüsslich ein Kissen in den Rücken.
»Angelos Angst vor Geistern ist bekannt. Doch er glaubt nicht nur an böse Geister, sondern weiß als guter Christ natürlich auch, dass es Engel gibt, die von unserem lieben Herrn Jesu geschickt werden und die guten Geister symbolisieren. Tja, und da bisher der Himmel noch immer über die Hölle gesiegt hat, steht es ziemlich fest, dass der Visconte wohl auf einen Engel des Herrn hören würde.«
Er betrachtete Laura freundlich von oben bis unten.
»Meine Liebe, Ihr seid nicht nur ein Engel, sondern Ihr seht mit Eurem langen, lockigen Haar auch wie einer der Himmelsboten aus. Doch ich befürchte, es reicht nicht, wenn Ihr in der nächsten Nacht ein ähnliches Schauspiel aufführt wie Circe da Volterra. Ihr müsst Beweise bringen. Die Guten haben es immer schwerer als die Bösen.«
»Das ist gut. Das ist sogar sehr gut. Du hast ja so Recht, mein Herz.« Donatella Baldini war aufgesprungen und drückte dem Bischof einen Kuss auf die Wange.
»Wie?«, fragte dieser verwundert und betastete die Stelle an seiner Wange. »Womit habe ich Recht?«
Donatella breitete die Arme aus und lachte fröhlich. »Mit allem, mein Lieber, mit allem. Ich habe einen Einfall. Du sagst, Angelo sei ein guter Christenmensch. Nun, dann werden wir ihm in diesem Sinne begegnen. Du wirst noch heute Abend zu ihm gehen, um ihm seelischen Beistand zu spenden. Zufällig kommt Ihr auf das Gespräch über Geister. Die guten Geister, wirst du ihm berichten, könne man an ihrem Spiegelbild erkennen. Die wahren bösen Geister, die vom Satan kommen, haben kein Spiegelbild. Und Laura wird, noch während du bei ihm bist, als guter Engel mit weißen Flügeln erscheinen und dafür sorgen, dass Angelos Seele nicht in die Fänge der dunklen Mächte gerät. Nun, meine Lieben, was sagt Ihr dazu? Ist das nicht eine wunderbare Idee?«
Der Bischof hatte während Donatellas Rede den Mund aufgeklappt und sah aus, als wolle er damit Fliegen fangen. Die Witwe Baldini schlug sanft mit der Hand unter sein Kinn. Der bischöfliche Mund klappte zu, und Filieri räusperte sich. »Das ist gut, das ist sogar sehr gut, meine Liebe. Zwar gebrauche ich den Namen des Herrn und seiner Heerscharen vielleicht nicht unbedingt getreu der Bibel, doch um ein Schaf aus der Herde des Herrn zu retten, ist mir dieses Mittel durchaus recht. Was sagt Ihr dazu, Laura?«
»Das könnte gut gehen«, meinte sie etwas zögerlich. »Doch woher bekommt der Engel seine Flügel?«
»Ach, das lass mal meine Sorge sein, Laura. Ich werde der Magd Anweisungen geben, dir ein heißes Bad einzulassen. Anschließend wird sie dir helfen, das nasse Haar so zu flechten, dass du in ein paar Stunden die wundervollsten Locken hast. Ich aber werde zusammen mit der Köchin eine Gans schlachten. Es ist schon lange her, dass wir einen köstlichen Braten davon hatten, nicht wahr ?«
Die letzte Frage war an den Bischof gerichtet, der sofort schlucken musste und gleich darauf eifrig nickte.
Donatella klatschte in die Hände. »Also los, an die Arbeit, uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«
Als die Glocken des Turmes auf dem Campo die achte Stunde schlugen, war alles vorbereitet. Laura sah im schlichten weißen Kleid, welches die Witwe Baldini in ihrer Jugend getragen hatte, und den offenen, lockigen Haaren tatsächlich wie ein Engel aus. Auf ihrem Rücken waren Flügel befestigt, die kurz zuvor noch eine Gans stolz zur Schau getragen hatte. Damit der Visconte Laura aber nicht auf den ersten Blick erkannte, trug sie einen leichten weißen Schleier über ihrem Gesicht.
Auch der Bischof war bereit. Er hatte die Bibel unter den Arm geklemmt, sah in der Küche noch einmal hungrig nach der Gans, die schon leicht braun gebraten war, dann mahnte er zur Eile.
»Kommt, Laura, es wird schon dunkel. Wir dürfen nicht zu spät kommen. Vor allem aber müssen wir verhindern, dass Circe da Volterra etwas von unserem Auftritt erfährt.«
Laura nickte, doch innerlich zitterte sie. Sie musste Angelo helfen. Sie musste! Er war
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