Brennendes Schicksal (German Edition)
die Wärme des anderen. Elektra gewahrte den Geruch nach dem Wasser des Arno und seinen Bewohnern, der in Pietros Kleidung haftete. Sie strich mit beiden Händen über seine Schultern und die Arme, spürte seine starken Muskeln, den breiten Brustkorb. Große Zärtlichkeit mit einem Anflug leisen Begehrens durchflutete ihren Körper wie eine warme Welle. Es war das erste Mal, dass sie Begehren empfand. Seit ihrem vierzehnten Lebensjahr arbeitete sie als Kurtisane. Das Bett war ihr Arbeitsplatz, die Laute der Lust nicht mehr als der Ausdruck einer körperlichen Anstrengung, die sie mehr duldete als genoss. O ja, Elektra wusste viel über Männer. Mehr als die meisten Ehefrauen. Sie war gebildet, unterhielt ihren Gönner mit Gesprächen über Kunst und Philosophie, sie sprach Latein und Griechisch, spielte die Laute und konnte wunderbar singen. Sie schrieb kleine Gedichte und verstand es auf das Beste, ihre Meinung über Politik und Handel in wohl gesetzten Worten kundzutun. Überdies war sie schön. Und sie pflegte ihren Körper mit einer Hingabe wie ein Köhler das Feuer im Meiler. Sie hatte Geld und Einfluss, verfügte – wie alle Kurtisanen – über einen hervorragenden Ruf und war ihrem Gönner die beste Gefährtin. Und doch war ihr Leben lieblos. Die Tage zogen sich ohne Unterschied endlos lang dahin, während Elektra nur auf die Dunkelheit wartete, um sich heimlich zu Pietro zu schleichen, dem armen Fischer. Doch jetzt war sie bei ihm, jetzt war alles gut.
Sie legte eine Hand auf seine Brust und fuhr mit dem Finger der anderen Hand die Linien seines Gesichts nach. Es war ein schönes Gesicht, so schön wie das Antlitz einer Statue von Michelangelo. Das kantige Kinn verriet Kraft und Entschlossenheit, und die blauen Augen strahlten eine Wärme aus, dass jeder Blick wie ein Streicheln wirkte. Der Mund war weich und warm, die Nase markant.
Pietro schloss die Augen unter Elektras Berührungen. Sie konnte ein leises Zittern wahrnehmen, das durch seinen Körper floss. Das Begehren in ihr wuchs.
»Lass uns keine Zeit verlieren und unser Zusammensein genießen. Wer weiß, wann ich das nächste Mal zu dir kommen kann! Ich fürchte immer, dass dies das letzte Mal sein könnte«, sagte sie leise.
Pietro nahm sie an der Hand, führte sie wortlos in sein Schlafzimmer. »Wenn du wüsstest, wie gern ich auch meine Tage mit dir teilen würde, liebste Elektra.« Er hob ihre Hand an den Mund und küsste jede einzelne Fingerspitze. Der Duft, der von ihr ausging, machte ihn benommen. Elektra roch wie eine Blumenwiese, ihr Haar war seidig weich und glänzte wie poliertes Holz. Die Haut war ebenmäßig und rein wie Marmor aus den Brüchen von Carrara, ihr Atem frisch wie eine Sommerbrise.
Sie lachte leise und glockenhell. »Mein Leben gehört mir nicht. Weder die Tage noch die Nächte sind mein. Ich habe mich verkauft, das weißt du. Es gibt kein Zurück. Würde ich mich von meinem Gönner trennen, so sähe ich meine beiden Kinder niemals wieder, wäre arm und mittellos. Überdies würde er sich an mir rächen. Alvaro del Gerez duldet keine Zurückweisung.«
»Sagtest du nicht, seine Liebe zu dir wäre abgekühlt?«
»Das schon. Er ruft mich nicht mehr täglich zu sich. Doch es ändert nichts daran, dass ich ihm gehöre. Ich zähle zu seinem Besitz wie sein Palazzo, das Sommerhaus in den Bergen, die reiche Bibliothek und die wertvollen Statuen, die Möbel, das Silbergeschirr und all die anderen Dinge, die er sein Eigen nennt. Wäre es möglich, so hätte er mir wohl lange schon sein Siegel auf die Stirn gebrannt...«
Elektra brach ab und lauschte in die Stille. »Pst«, sagte sie und neigte den Kopf ein wenig zur Seite, um besser zu hören.
»Da ist etwas. Auf der Straße sind Menschen. Direkt vor deinem Haus. Ich habe Stiefelschritte gehört«, flüsterte sie angstvoll.
»Ach, was«, versuchte er die Geliebte zu beruhigen. »Es wird der Nachtwächter sein, der seine Runde dreht. Komm zu mir, komm zu mir aufs Bett und lass uns das Zusammensein genießen.« Er lachte leise und zog sie an sich, ließ sich mit ihr auf die Bettstatt fallen. »Ich begehre dich von Tag zu Tag mehr, Elektra. Komm, lass mich deine Haut spüren, schenk mir deine Küsse.«
Er presste die Lippen auf ihren Mund und streifte dabei gleichzeitig das wertvolle Kleid von ihren Schultern. Seine Hände glitten über ihre bloßen Brüste, streichelten sie, fuhren über ihren Bauch und liebkosten die Arme, den Hals, die Schultern.
Elektra war eine
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