Brennendes Schicksal (German Edition)
Dielenboden war von Teppichen in warmen Rot- und Brauntönen bedeckt, die Möbel waren aus hellem Pinienholz, Kissen und Vorhänge in denselben Farben wie die Teppiche gehalten. Auf dem Fensterbrett standen Töpfe mit Lavendel, die dem Raum einen zarten Duft verliehen.
Alle Gegenstände standen ordentlich, aber keineswegs pedantisch an ihrem Platz.
Ja, in diesem Zimmer fühlte Laura sich geborgen. Hier war kein Falsch, kein Hinterhalt, nichts Verstecktes oder Schmutziges zu sehen.
Ich werde meiner Mutter glauben und einen Versuch wagen, dachte Laura. Und habe ich denn überhaupt eine andere Möglichkeit?
Sie sah die Witwe Baldini an, sah in das freundliche, runde Gesicht mit den braunen Augen, der etwas großen Nase und den vollen Lippen. Sie hatte ihr dichtes braunes Haar ordentlich gescheitelt und am Hinterkopf zu einem einfachen Knoten geschlungen, den sie beim Verlassen des Hauses mit einer Haube bedeckte.
Donatella Baldini trug ein einfaches Kleid, jedoch aus einem feinen Stoff. Sie war rundlich, hatte breite Hüften und schwere Brüste, die gerade dazu einluden, sich daran auszuweinen.
Ihre Hände lagen ruhig in ihrem Schoß, das Schweigen war nicht kalt und abweisend, sondern verständnisvoll und freundlich.
»Circe da Volterra ist dem Visconte in der Nacht als Orazios Geist verkleidet erschienen. Er solle sich von mir lossagen, befahl der Geist, sonst gäbe es ein noch größeres Unheil. Der Visconte selbst sei schuld am Tod seines Sohnes, denn hätte er sich nicht mit mir eingelassen, hätte Beatrice mich nicht vergiften wollen und Orazio wäre nicht an der Mandelmilch gestorben. Ihr kennt Angelo, nicht wahr?«
Donatella Baldini nickte. »Ja, das tue ich wohl. Seit seiner Kindheit kenne ich ihn. Er ist zwar zehn Jahre jünger als ich, doch die Familien unserer Eltern waren miteinander befreundet. Angelo ist ein durch und durch anständiger Mensch, der zwar seine Fehler und Schwächen hat, aber noch nie in seinem Leben einem anderen geschadet hat. Seinen Hang zum Okkulten pflegt er jedoch seit seiner Jugend. Eine Amme war es, die ihn den ganzen Tag hindurch mit Gespenstergeschichten, Poltergeistmärchen und nächtlichen Erlebnissen mit den Geistern längst Verstorbener traktierte. Kein Wunder also, dass er jedem Geist, der seinen Weg kreuzt, mehr glaubt als den Worten der Bibel.«
»Ihr meint also, Angelo hat sich tatsächlich zurückgezogen, weil der angebliche Geist es ihm befohlen hat?«
»O ja, da bin ich ganz sicher. Der Visconte liebt Euch. Das kann jeder sehen, der ihn länger als fünf Minuten kennt. Doch seine Angst ist wohl größer als seine Liebe.«
»Warum?«, fragte Laura. »Warum wollte Beatrice mich töten, warum will Circe da Volterra, dass Angelo mich verstößt? Ich habe doch wirklich niemandem etwas zu Leide getan.«
»Ach, Kindchen«, sagte Donatella und klopfte Laura leicht auf das Knie. »Mir scheint beinahe, Ihr seid Euch Eurer Gaben nicht bewusst.«
»Doch, ich weiß schon, dass ich singen kann.«
»O nein, das Singen meine ich nicht. Ich meine Eure Begabung zur Liebe.«
Donatella Baldini lachte, als sie Lauras verständnisloses Gesicht sah. Dann reichte sie ihr die Hand und sagte: »Ich bin die Ältere von uns beiden. Deshalb schlage ich vor, dass wir uns nun beim Vornamen und im vertrauten Du anreden. Ich heiße Donatella.«
Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Laura. Sie wusste, dass dieses Angebot mehr als nur eine Vertraulichkeit war. Es war ein Angebot der Freundschaft.
»Danke sehr, liebe Donatella. Ich freue mich wirklich«, sagte sie also.
Die Witwe Baldini winkte ab. »Jetzt lass mich weiter reden. Die Liebe, Laura, ist ein zerbrechliches, schwieriges und überaus scheues Ding. Sie kostet viel Arbeit, viel Mühe und Sorgen, sie will mit Schweiß und Tränen, manchmal sogar mit Blut erkauft sein. Die meisten Menschen sehnen sich nach Liebe, aber nur wenige wagen es, von ganzem Herzen und aus ganzer Seele zu lieben. Du, Kind, gehörst dazu. Und auch Angelo ist zu einer großen Liebe fähig. Die anderen sehen bei euch genau das, was sie sich heimlich wünschen, aber niemals erreichen werden. Sie neiden euch das Glück, das für sie unerschwinglich ist. Nehmt Beatrice als Beispiel. Ich mochte sie sehr gern. Sie war ehrlich, anständig und gütig. Ihr Herz schrie geradezu nach Liebe. Doch geliebt wird nur der, der auch Liebe schenken kann. Nun, davor hatte Beatrice Angst. Sie vermochte es nicht, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Als Ehefrau des Visconte,
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