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Brennendes Schicksal (German Edition)

Brennendes Schicksal (German Edition)

Titel: Brennendes Schicksal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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der Dunkelheit. Alvaro sah aus wie immer. Und doch empfand Elektra heute bei seinem Anblick Ekel.
    Seit zehn Jahren war sie schon seine Gefährtin. Er war verheiratet, doch das zählte in Florenz nicht viel. Die meisten der reichen Männer hielten sich Kurtisanen. Eine Geliebte gehörte zu ihrem Ansehen wie ein prächtiger Palazzo, edle Pferde, eine umfangreiche Bibliothek. Alvaro del Gerez hatte ihr die Wohnung bezahlt, in der sie lebte. Eine geräumige Wohnung, die im Erdgeschoss eines prächtigen Stadthauses lag und sogar einen eigenen Garten hatte. Alvaro del Gerez bezahlte auch ihre Kleider, ihren Schmuck, ihre beiden Mägde, die Küche, kurz, alle Ausgaben, die eine Kurtisane in Florenz zu tätigen hatte. Für Alvaro del Gerez war das, was gleich passieren würde, eine ganz gewöhnliche Sache: Er bezahlte Elektra, also gehörte sie ihm. Wer ihm seinen Besitz stahl oder ihn verriet, musste bestraft werden. Auch Hunde, die ihren Herren nicht gehorchten, wurden ohne viel Aufhebens getötet.
    »Also, ich höre!«, wiederholte er mit Nachdruck, streifte seine weichen Handschuhe ab, griff in Elektras Haar und zog ihren Kopf so fest nach hinten, dass sie leise aufschrie.
    »Eine Kurtisane, die mit einem anderen als ihrem Gönner, dem sie gehört, eine Liebesbeziehung oder ein Beilager unterhält, fällt dem Trentuno anheim. Trentuno bedeutet die Vergewaltigung der Kurtisane durch einunddreißig Männer und – falls sie das Trentuno überlebt – die Verjagung aus der Stadt sowie den Verlust all dessen, was ihr gehört, einschließlich ihrer eigenen Kinder.«
    Elektra brachte die Worte so vor, als lese sie diese aus einem Buch vor.
    »Ganz recht, mein Täubchen, so ist es. Doch bevor ich den Männern hier die Erlaubnis gebe, das Trentuno auszuführen, möchte ich noch eines von dir wissen: Sag, Elektra, liebst du mich? Hast du mich jemals geliebt?«
    Elektra schwieg. Alvaro kam näher, packte ihr Kinn mit festem Griff und drehte ihren Kopf so, dass sie ihm in die Augen sehen musste.
    »Hast du mich je geliebt?«
    Elektra schluckte. Sie wollte sich aus Alvaros Griff winden, doch es gelang ihr nicht. Ihre Augen huschten dabei über die einunddreißig Männer, die sich im Raum drängten. Alle Blicke hafteten an ihrem Körper. Gierige Blicke waren es, lüsterne, triebhafte, die sie in Angstschweiß ausbrechen ließen. Mitleidlos und von Geilheit getrieben, sahen die Männer auf die nackte Elektra herab. Sie schauderte. Alvaro riss an ihrem Kopf, sodass sie vor Überraschung leise aufschrie.
    »Hast du mich je geliebt?«
    »Ich habe es versucht. Ich habe mich bemüht, Euch zu lieben. Ihr seid der Vater meiner Kinder. Euer Blut fließt durch ihre Adern. Allein das genügt, um die Liebe zu versuchen.«
    »Du hast es versucht, aber ist es dir gelungen? Zum letzten Mal, Elektra: Hast du mich jemals geliebt?«
    Ganz fest sah Elektra ihrem Gönner in die Augen. Ihr Blick bohrte sich in seinen. Sekunden verstrichen. Dann aber holte die Kurtisane tief Luft und sagte: »Nein, Alvaro del Gerez. Ich wollte Euch lieben, doch mein Herz hat sich dagegen gesperrt. Es hat nichts an Euch gefunden, das liebenswert wäre. Ich habe Euch geduldet, ertragen, erlitten. Ihr habt mich amüsiert, bezahlt und eingekleidet. Doch geliebt habe ich Euch nicht einen Tag, nicht eine Stunde.«
    Alvaro del Gerez nickte. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt. Er zog die kostbaren Handschuhe aus dem Leder spanischer Bergziegen wieder an, trat noch einen Schritt näher zum Bett, holte aus und gab Elektra eine schallende Ohrfeige, deren Wucht ihren Kopf auf die andere Seite warf.
    Dann strich er noch einmal mit einem behandschuhten Finger über ihre Brust und lachte hässlich, als die Spitze sich unter der Berührung des kalten Leders aufrichtete. »Die Geilheit war es, die dich hierher getrieben hat, nicht wahr, Täubchen? Und eben diese Geilheit wird dir jetzt ausgetrieben. Du bekommst, was du verdienst. Deine Kinder siehst du nie wieder. Wenn die Männer mit dir fertig sind, bleibt dir nicht mehr viel Zeit, die Stadt zu verlassen. Bei Sonnenaufgang musst du aus Florenz verschwunden sein. Falls du bis dahin noch lebst.«
    Er beugte sich über sie, flüsterte heiser: »Adieu, mein Täubchen. Zu gern würde ich zusehen, wie du unter meinen einunddreißig Freunden um Gnade flehst. Zu gern würde ich erleben, wie dein Stolz bricht. Doch leider, leider habe ich dafür keine Zeit. In dieser Stadt gibt es genügend Frauen, die bereit sind, mich zu lieben.

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