Brennendes Wasser
abermals in Luft aufgelöst.
Am Eingang des Hauses kam Unruhe auf. Wenige Sekunden später liefen die zwei Dienerinnen in den Thronsaal, warfen sich auf die Knie und stammelten aufgeregt. Francesca beruhigte die jungen Indiofrauen mit leiser Stimme, half ihnen sanft auf die Füße und strich ihnen das zerzauste Haar aus den Gesichtern.
Sie lauschte dem abwechselnden Bericht der beiden, nahm zwei Armbänder, die ebenfalls aus Flugzeugteilen hergestellt worden waren, und schob sie ihnen auf die Handgelenke. Dann gab sie jedem der Mädchen einen Kuss auf den Kopf und schickte sie ihrer Wege.
»Es geht jetzt schneller voran, als ich vermutet habe«, erklärte sie den Trouts. »Die Frauen sagen, Alarich habe den Stamm erfolgreich gegen uns aufgewiegelt.«
»Ich dachte, man dürfe Ihren Palast nicht unaufgefordert betreten«, sagte Gamay.
»Alarich ist intelligent, das habe ich schon immer gewusst. Er hat meine Dienerinnen geschickt, damit diese mir seine Absichten verraten, und will dadurch ganz offensichtlich psychologischen Druck auf uns ausüben. Auch die Trommeln sind sein Werk.« Sie wies nach oben. »Die Palastwände sind aus Lehm, aber das Dach besteht aus trockenem Gras. Man wird Feuer legen. Er behauptet, wahre Götter könnten sich aus der Asche erheben. Falls wir nach draußen laufen, um den Flammen zu entgehen, werden wir uns dadurch als Schwindler entlarven, und man wird uns töten.«
»Würden die Chulo Ihrer Königin denn tatsächlich ein Leid zufügen?«, fragte Gamay.
»Es wäre nicht das erste Mal, dass Adlige in Ungnade fallen und umgebracht werden. Haben Sie Maria Stuart und Anne Boleyn denn schon vergessen?«
»Ich verstehe, was Sie sagen wollen«, räumte Gamay ein.
»Was machen wir jetzt?«
»Wir fliehen. Sind Sie so weit?«
»Da wir nur besitzen, was wir am Leib tragen, kann es jederzeit losgehen«, sagte Paul. »Aber wie sollen wir an der aufsässigen Menge dort draußen vorbeikommen?«
»Als weiße Göttin habe ich noch ein paar Tricks im Ärmel.
Ah, gut, da ist Tessa ja wieder.« Die Indiofrau war leise wie ein Schatten aus dem Nichts erschienen. Sie sagte einige Worte in ihrer Stammessprache, und Francesca nickte. Dann nahm Tessa eine der Fackeln neben dem Thron.
»Dr. Paul, bitte seien Sie so nett und helfen Sie ihr«, sagte Francesca. Trout ging zu Tessa, fasste sie um die Taille und hob sie hoch. Sie war leicht wie eine Feder. Dann steckte sie die Fackel schräg in die Nahtstelle zwischen Dach und Wand, so dass die Flamme nur noch wenige Zentimeter herunterbrennen mus ste, um das Stroh zu erreichen. Sie wiederholten die Prozedur mit einer weiteren Fackel an der gegenüberliegenden Wand.
»Ich bin zwar keine geübte Brandstifterin, aber diese primitive Anordnung musste genügen, um uns gleich die nötige Ablenkung zu verschaffen«, sagte Francesca und ließ ihren Blick durch den Thronsaal schweifen. »Auf Wiedersehen«, fügte sie traurig und an keinen bestimmten Adressaten gerichtet hinzu.
»In gewisser Weise wird es mir fehlen, eine Königin zu sein.«
Dann wandte sie sich an die Indiofrau und wechselte einige nachdrückliche Sätze mit ihr. Als das Gespräch beendet war, wirkte Tessa ziemlich zufrieden. Francesca seufzte vernehmlich.
»Da sehen Sie, was passiert. Meine Untertanen lehnen sich bereits gegen mich auf. Ich habe Tessa befohlen, sie solle hier bleiben, aber sie will mit uns kommen, und es bleibt keine Zeit für weitere Diskussionen. Folgen Sie mir.«
Francesca ging durch die schwach erleuchteten Flure voran in ihr Schlafzimmer. Die zwei Stofftaschen auf dem Bett ließen erkennen, weshalb Tessa zwischenzeitlich verschwunden gewesen war. Sie hatte alles für die Flucht zusammengepackt. Aus der Holztruhe holte Francesca ihren verbeulten Aluminiumkoffer hervor. Er besaß einen Trageriemen, den sie sich nun über die Schulter legte. Dann reichte sie je eine der Taschen an Paul und Gamay weiter und sagte, darin befänden sich etwas Proviant und Vorräte sowie »ein paar unentbehrliche Hilfsmittel«.
Gamay sah sich in dem fensterlosen Zimmer um. »Und jetzt?« Der Klang der Trommeln war nur gedämpft zu vernehmen, aber das Tempo hatte sich frenetisch gesteigert.
»Jetzt gehen wir gemeinsam unter die Dusche«, sagte Francesca.
An einer der Fackeln entzündete sie eine kleine To nlampe, ging zur Duschkabine und klappte den glatten Holzboden hoch, unter dem eine rechteckige Öffnung sichtbar wurde.
»Da ist eine Leiter, allerdings ziemlich steil. Geben Sie
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