Brennendes Wasser
Acht.«
Sie stieg als Erste nach unten, so dass die anderen sich am Schein der Lampe orientieren konnten. Dann standen sie nebeneinander in einer engen kleinen Grube, in deren Boden der mit Kies ausgekleidete Abzugskanal der Dusche verlief. Ein schmaler Gang führte in die Dunkelheit.
»Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Dr. Paul, aber ich habe nicht mit jemandem von Ihrer Körpergröße gerechnet. Der Tunnel wurde im Verlauf mehrerer Jahre angelegt und die dabei anfallende Erde in kleinen Mengen nach draußen getragen und insgeheim entsorgt. Er endet in einem abgedeckten Graben, den die Chulo auf meinen Befehl hin für zukünftige Wasserinstallationen ausgehoben haben.«
Halb gehend, halb kriechend folgten sie dem Gang, und besonders Paul musste sich tief bücken, um nicht mit dem Kopf anzustoßen. Boden und Wände waren geglättet worden, und die Decke wurde in regelmäßigen Abständen von Balken gestützt.
Francesca löschte die Lampe, um die stickige Luft nicht noch zusätzlich durch Rauch zu verschlechtern, und sie tasteten sich im Dunkeln voran. Nach ungefähr fünfzehn Metern trafen sie auf einen zweiten, etwas größeren Tunnel.
»Das ist der Wassergraben«, flüsterte Francesca. »Wir müssen leise sein, denn wir befinden uns nur ein kleines Stück unter der Oberfläche, und die Chulo haben gute Ohren.«
Mit einem primitiven Feuerzeug, ähnlich dem Gerät, das Tessas Halbbruder bei sich getragen hatte, setzte Francesca die Lampe wieder in Brand und ging weiter. Sie kamen nur langsam vorwärts, doch nach etwa fünfzehn Minuten war der Tunnel zu Ende. Francesca winkte Paul heran, und er zwängte sich neben sie. Aus der Tasche, die er bei sich trug, holte sie einen kleinen Spaten und stach damit auf die Wand aus nackter Erde ein, bis das Werkzeug mit dumpfem Geräusch auf ein Hindernis traf.
»Ich muss Sie erneut um Hilfe bitten, Dr. Paul. Drücken Sie gegen diese Luke. Ich glaube nicht, dass sich gegenwärtig jemand am Fluss aufhält, aber seien Sie trotzdem vorsichtig.«
Sie wich zurück, um Paul mehr Bewegungsfreiheit zu lassen.
Er lehnte sich mit der Schulter gegen das Holz, atmete tief durch und stemmte sich dann mit immer stärker werdendem Druck gegen das Hindernis, bis er es nachgeben fühlte. Noch etwas fe ster. Die runde Abdeckung öffnete sich einige Zentimeter. Paul spähte mit einem Auge durch den Spalt und sah Wasser vor sich. Mit einem letzten Ruck stieß er den Deckel hinaus.
Die Öffnung befand sich in der Flanke einer grasbedeckten Böschung. Paul schob sich durch das Loch und half dann den anderen nach draußen. Nach dem kühlen, dunklen Tunnel wirkten die Hitze und das gleißende Sonnenlicht wie ein Schock, und sie alle mussten blinzeln, als wären sie Maulwürfe. Paul setzte den Deckel wieder ein. Während die anderen die Luke kaschie rten, schob er sich auf dem Bauch den Abhang hinauf und warf einen Blick über die Kante.
Nur ein kurzes Stück entfernt erhob sich die Palisade mit ihren grausigen Verzierungen. Der Tunnel hatte sie glatt unterquert. Hinter dem Zaun stieg eine wallende schwarze Rauchwolke hoch empor, begleitet von einem Geräusch, das wie ein Schwärm wilder Vögel klang. Erst nach einigem Lauschen erkannte Paul, dass sich dahinter menschliche Stimmen verbargen.
Er kroch wieder zurück.
»Anscheinend feiert man ein fröhliches Grillfest«, verkündete er grinsend. »Und behaupten Sie nie wieder, Sie seien keine begabte Brandstifterin«, fügte er an Francesca gewandt hinzu.
Sie sagte nichts, sondern bedeutete den anderen, ihr am Fluss entlang zu folgen. Im Schutz der Böschung eilten sie gebückt davon und stießen nach wenigen Minuten auf ein Dutzend Einbäume. Zwei der Kanus schleppten sie ins Wasser. Die anderen hätte Trout am liebsten unschädlich gemacht, aber die Bordwände waren dick und ließen sich nicht leicht zerstören.
»Hat jemand zufällig eine Kettensäge dabei?«, fragte er. »Eine Axt wäre auch schon nicht schlecht.«
Francesca griff in ihren Beutel, holte einen abgedeckten Tiegel daraus hervor und verschmierte dessen schwärzlich gelben Inhalt mit Hilfe eines flachen Steins auf den anderen Einbäumen. Dann entzündete sie die Substanz, woraufhin das Holz sofort mit lodernder Flamme zu brennen begann.
»Griechisches Feuer«, sagte sie. »Ich habe es aus verschiedenen Baumharzen hergestellt. Es brennt heißer als Napalm, und falls jemand versucht, es mit Wasser zu löschen, verstärkt er stattdessen die Wirkung.«
Erstaunt verfolgten
Weitere Kostenlose Bücher