Brennendes Wasser
wieder normalisiert. Sie betrat das fünfgeschossige Gebäude und fuhr mit dem Aufzug in den dritten Stock hinauf. Als sie die Kabine verließ, wäre ihr vor Schreck beinahe die Einkaufstüte heruntergefallen. Am anderen Ende des Flurs stand der seltsame Kerl und starrte ihr mit seinem irrsinnigen Grinsen entgegen.
Jetzt reichte es ihr.
Sie stellte die Tüte ab, zog die Pistole aus dem Gürtel und zielte auf ihn.
»Keinen Schritt näher, oder ich schieße Ihnen die Weichteile weg«, drohte sie.
Er rührte sich nicht. Höchstens das Grinsen wurde noch etwas breiter.
Sie fragte sich, wie es möglich war, dass er bereits auf sie gewartet hatte.
Natürlich
. Er musste schon vorher ihre Adresse gekannt haben. Während sie im Zickzack versucht hatte, ihn abzuhängen, war er einfach auf geradem Weg hergekommen. Doch das erklärte immer noch nicht, wie er in das Gebäude gelangen konnte. Sie würde dem Management wegen der mangelnden Sicherheitsvorkehrungen gewaltig Dampf machen. Vielleicht könnte sie sogar einen entsprechenden Artikel verfassen.
Unterdessen behielt sie die Waffe weiterhin auf ihn gerichtet, suchte in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel, öffnete die Wohnungstür und schlüpfte hastig hinein. Endlich in Sicherheit.
Sie deponierte die Pistole auf einem kleinen Tisch, verriegelte den Eingang und legte die Sicherheitskette vor. Dann spähte sie durch das Guckloch. Der Typ stand direkt vor ihrer Tür. Durch die Linse wurde sein Gesicht noch grotesker verzerrt, und in der Hand hielt er ihre Einkaufstüte, als wäre er der Lieferjunge. Der hatte vielleicht Nerven! Sie fluchte wütend. Diesmal würde sie sich nicht erst mit Cohen abgeben, sondern gleich die Polizei anrufen.
Auf einmal überkam sie das komische Gefühl, sie sei nicht allein.
Sie drehte sich um und erstarrte vor ungläubiger Angst.
Der Mann mit den Metallzähnen stand vor ihr.
Unmöglich
. Er war draußen auf dem Flur. Dann begriff sie es plötzlich.
Zwillinge
.
Die Erkenntnis kam zu spät. Sandy wich einen Schritt zurück und presste sich gegen die Tür, während er langsam nä her kam und seine Augen dabei wie schwarze Perlen glänzten.
Cohen klang am Telefon völlig verzweifelt.
»Joe, um Gottes willen, ich versuche schon seit einer Stunde, dich zu erreichen!«
»Tut mir Leid, ich war unterwegs«, entschuldigte Zavala sich.
»Was ist los?«
»Sandy ist verschwunden. Diese Mistkerle haben sie gekidnappt.«
»Beruhige dich erst mal«, sagte Zavala beschwichtigend.
»Und dann erzähl mir, wer Sandy ist und wen du mit ›diese Mistkerle‹ meinst. Fang ganz von vorn an.«
»Okay, okay«, erwiderte Cohen. Es herrschte einen Moment lang Stille, während er um seine Fassung rang, und als er sich dann wieder meldete, klang er schon bedeutend ruhiger, obwohl sein angespannter Tonfall verriet, dass die Panik noch immer dicht unter der Oberfläche lauerte.
»Ich bin noch einmal in die Redaktion gefahren, einfach weil ich so ein komisches Gefühl hatte. All unsere Unterlagen sind weg. Wir haben sie in einem verschlossenen Aktenschrank aufbewahrt, und der ist jetzt leer.«
»Wer hatte Zugang zu diesem Schrank?«
»Nur die Mitglieder des Teams. Ich würde für jeden meine Hand ins Feuer legen. Nur mit einer Pistole am Kopf hätte man sie dazu zwingen können, die Schlüssel herauszurücken. O Gott«, fügte er hinzu, als ihm die Bedeutung dieser Aussage bewusst wurde.
Zavala spürte, dass Cohen kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand.
»Was ist als Nächstes passiert?«, fragte er.
Cohen atmete tief durch. »Okay. Tut mir Leid. Als Nächstes habe ich die Computerdateien überprüft. Nichts. Um an den Inhalt zu gelangen, brauchte man ein Passwort, das wiederum allein die Teammitglieder kannten. Am Ende jedes Arbeitstages haben wir Sicherheitskopien auf Disketten gespeichert und abwechselnd mit nach Hause genommen. Heute war Sandy Wheeler an der Reihe, eine der Reporterinnen. Ich habe eine Nachricht von ihr vorgefunden, dass irgendein Kerl hinter ihr her sei.
Zu dem Zeitpunkt befand sie sich auf einem Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung. Wir wollten heute zusammen zu Abend essen und einige Einzelheiten des ersten Artikels besprechen.
Ich habe sofort bei ihr angerufen, aber es meldete sich niemand.
Dann bin ich zu ihr gefahren. Sandy hatte mir den Schlüssel gegeben. Die Einkaufstüte mit der Flasche Wein stand auf dem Tisch, aber Sandy legt ihren Wein sonst immer sofort ins Regal.
Das ist bei ihr beinahe schon eine
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