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Brennendes Wasser

Brennendes Wasser

Titel: Brennendes Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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verlaufender Streifen waren in Blau gehalten.
    In dem Boot lag ausgestreckt die Leiche eines jungen Indios.
    Genau wie die Dorfbewohner trug auch er eine schwarze Ponyfrisur und war lediglich mit einem Lendenschurz bekleidet. Weitere Ähnlichkeiten bestanden nicht. Die Männer aus dem Dorf tätowierten sich oder bestrichen ihre hohen Wangenknochen mit karmesinroter Farbe, um sich vor bösen Geistern zu schützen, denen es angeblich nicht möglich war, die Farbe Rot zu erkennen. Bei dem Toten zog sich hingegen eine hellblaue Bemalung über Nase, Kinn und Arme. Der Rest des Körpers war kalkweiß gefärbt. Als Dr. Ramirez sich über den Einbaum beugte, scheuchte sein Schatten einen dichten Schwarm flaschengrüner Fliegen von der Brust des Mannes auf, so dass dort ein rundes Loch sichtbar wurde.
    Paul sog hörbar den Atem ein. »Das sieht wie eine Projektilverletzung aus.«
    »Ich glaube, Sie haben Recht«, sagte Dr. Ramirez. Seine tief liegenden Augen wirkten besorgt. »Mir ist zumindest noch keine vergleichbare Speer- oder Pfeilwunde untergekommen.«
    Er sprach einige Minuten mit den Dorfbewohnern. Dann übersetzte er für die Trouts.
    »Die Leute sagen, sie seien beim Fischfang gewesen, als das Kanu den Fluss heruntergetrieben kam. Der Anstrich verriet ihnen sofort, dass es sich um ein Boot der Geisterwesen handelte, und deshalb hatten sie Angst, aber da sich niemand im Innern zu befinden schien, gingen sie längsseits. Dann entdeckten sie den Toten und wollten das Kanu zunächst einfach weitertreiben lassen. Aber sie haben es sich anders überlegt, denn sein Geist könnte ansonsten zurückkehren und sie heimsuchen, weil sie der Leiche kein anständiges Begräbnis verschafft hatten. Und deshalb haben sie ihn hergebracht und damit zu
meinem
Problem gemacht.«
    »Warum haben die Menschen denn solche Angst vor diesem… diesem Geisterwesen?«, fragte Gamay.
    Der Doktor zwirbelte die Enden seines buschigen grauen Schnurrbarts. »Der einheimische Name des Stammes, zu dem dieser Gentleman gehört, lautet Chulo. Diese Leute, so heißt es, leben jenseits der großen Wasserfälle. Die Eingeborenen sagen, die Chulo seien als Geister dem Nebel entsprungen. Angeblich ist niemand je aus ihrem Stammesgebiet zurückgekehrt.« Er wies auf den Einbaum. »Wie Sie sehen, besteht dieser Gentleman aus Fleisch und Blut, genau wie wir alle.« Er griff in das Boot und nahm einen aus Tierhaut gefertigten Sack heraus, der neben der Leiche lag. Die Dorfbewohner wichen zurück, als ginge eine ansteckende Krankheit davon aus. Ramirez sprach auf Spanisch mit einem der Indios, der nach anfänglichem Zögern immer lebhafter zu nicken begann.
    Dann beendete der Doktor das Gespräch relativ abrupt und drehte sich wieder zu den Trouts um. »Die Leute fürchten sich«, erklärte er, und tatsächlich zogen die Männer sich wieder zu ihren Familien zurück. »Bitte helfen Sie mir doch, das Boot an Land zu ziehen. Ich habe die Einheimischen davon überzeugt, eine Grube auszuheben, wenngleich nicht auf ihrem eigenen Friedhof, sondern da drüben, am anderen Flussufer, wo sowieso niemand hingeht. Der Schamane hat ihnen versichert, er könne genügend Totems auf dem Grab platzieren, um den Leichnam an der Auferstehung zu hindern.« Er lächelte. »Die Nähe der Leiche wird dem Schamanen mehr Macht verleihen. Falls einer seiner Zauber mal nicht wirken sollte, kann er stets behaupten, der Geist des Toten sei daran schuld. Nach der Beerdigung schieben wir das leere Boot wieder auf den Fluss hinaus und überlassen es sich selbst. Der Geist wird ihm folgen.«
    Paul betrachtete das kunstvoll gearbeitete Kanu. »Was für eine Schande, ein solch wunderschönes Stück Bootsbaukunst einfach zu opfern. Aber was tut man nicht alles um des lieben Friedens willen.« Er packte ein Ende des Einbaums. Kurz darauf hatten sie das Boot zu dritt und mit vereinten Kräften aufs Ufer und ein Stück vom Wasser weg gezerrt. Ramirez bedeckte den Toten mit einer gewebten Decke aus dem Kanu. Dann nahm er den Sack, der ungefähr die Größe einer Golftasche hatte und an einem Ende mit Riemen verschnürt war.
    »Vielleicht erfahren wir hierdurch etwas mehr über unseren Geist«, sagte er und kehrte mit Paul und Gamay ins Haus zurück. Sie gingen ins Arbeitszimmer und legten den Sack auf einen langen Büchertisch. Ramirez löste die Verschnürung, weitete behutsam die Öffnung und schaute in das Behältnis. »Wir müssen vorsichtig sein. Manche der Stämme benutzen vergiftete Pfeile.« Er

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