Brennendes Wasser
weißen Ford Pickup. Die beiden trugen zerknitterte Shorts und T-Shirts, dunkle Sonnenbrillen und Baseballmützen, auf denen das Logo eines Geschäfts für Anglerbedarf prangte.
»Zweck Ihres Aufenthalts?«, fragte der Beamte den stämmigen Mann am Steuer. Der Fahrer wies mit dem Daumen über die Schulter. Auf der Ladefläche des Wagens lagen Angelruten und Köderboxen. »Wir wollen angeln.«
»Ich wünschte, ich könnte mitkommen«, sagte der Beamte lächelnd und winkte sie durch nach Tijuana.
Sie fuhren los. »Was ist denn mit unserem üblichen Agenten-Gehabe?«, fragte Zavala vom Beifahrersitz. »Wir hätten ihm doch bloß unsere NUMA-Ausweise zu zeigen brauchen.«
Austin grinste. »Aber so macht es mehr Spaß.«
»Wir haben Glück, dass unsere hübschen Gesichter nicht nach Terroristen oder Drogenschmugglern aussehen.«
»Ich betrachte uns lieber als Meister der Tarnung.« Austin warf Zavala einen Blick zu und schüttelte den Kopf. »Übrigens, ich hoffe, du hast deinen amerikanischen Pass mitgenommen.
Ich möchte dich nicht hier in Mexiko zurücklassen müssen.«
»Kein Problem. Das wäre nicht das erste Mal, dass ein Zavala sich über die Grenze schleichen müsste.«
Joes Eltern, beide geboren und aufgewachsen in Morales, Mexiko, hatten Ende der sechziger Jahre den Rio Grande durchwatet. Seine Mutter war damals im siebten Monat schwanger, doch auch das konnte sie nicht von ihrem Entschluss abbringen, mit ihrer Familie ein neues Leben in
El Norte
zu beginnen. Sie und ihr Mann schlugen sich nach Santa Fé, New Mexico, durch, wo schließlich auch Joe zur Welt kam. Als geschickter Zimmermann und Holzschnitzer fand sein Vater rasch Arbeit auf den Baustellen der vielen wohlhabenden Einheimischen, die sich dort elegante Häuser errichten ließen. Genau dieselben einflussreichen Leute verhalfen seinem Vater auch zu einer Green Card und später sogar zur amerikanischen Staatsbürgerschaft.
Der Pickup, in dem Austin und Zavala jetzt saßen, gehörte eigentlich dem Mechanikerteam der
Red Ink
, denn mit einem normalen Mietwagen hätten sie die Grenze nach Mexiko nicht passieren dürfen. Sie verließen San Diego in südlicher Richtung und steuerten direkt die Grenzstadt Chula Vista an, die weder mexikanisch noch amerikanisch wirkte, sondern vielmehr die Eigenheiten beider Länder in sich vereinigte. In Mexiko fuhren sie entlang der ausgedehnten Slums von Tijuana bis zum Highway MEX 1, der
Carretera Transpeninsula
, die sich bis zur Südspitze der Baja California erstreckte. Hinter El Rosarita mit seinen zahllosen Souvenirläden, Motels und Taco-Ständen ließ das kommerzielle Überangebot immer mehr nach. Schon bald wurde der Highway zur Linken von Äckern und kahlen Hügeln flankiert, während rechts die Todos Los Santos verlief, eine geschwungene, smaragdgrüne Bucht. Ungefähr eine Stunde, nachdem sie Tijuana verlassen hatten, bogen Kurt und Joe nach Ensenada ab.
Austin hatte einst an der Newport-Ensenada-Segelregatta teilgenommen und kannte das Urlaubs- und Fischerstädtchen daher noch von früher. Der inoffizielle Zieleinlauf fand damals stets in Hussong’s Cantina statt, einer schäbigen alten Bar, deren Boden mit Sägespänen bestreut war. Bevor der neue Highway die Gegend für die Touristen und ihre Dollars erschloss, stellte Baja California Norte eine regelrechte Grenzregion dar, und Ensenada galt auf dieser mehr als tausendzweihundert Kilometer langen Halbinsel als letzter Außenposten der Zivilisation bis La Paz. In der Blütezeit der Cantina trieb sich dort ein kunterbunter Haufen aus Einheimischen und ruppigen Einzelgängern, Matrosen, Fischern und Rennfahrern herum. Heute war Hussong’s eine dieser legendären Bars, die weltweite Berühmtheit genossen, wie Foxy’s auf den Jungferninseln oder Capt’n Tony’s in Key West. Als Austin und Zavala eintraten, registrierte Kurt erfreut ein paar heruntergekommene Gestalten am Tresen, die in der guten alten Zeit vielleicht noch selbst dabei gewesen waren, als der Tequila in Strömen floss und die Polizei zwischen der Cantina und dem örtlichen Kittchen praktisch einen Pendelverkehr eingerichtet hatte.
Sie setzten sich an einen der Tische und bestellten
huevos rancheros.
»Ah, das ist Nahrung für Körper und Seele«, sagte Zavala und schob sich genussvoll einen weiteren Bissen aus Rührei und Salsa in den Mund. Austin hatte versonnen den traurig blickenden Elchkopf betrachtet, der seit Menschengedenken über der Bar hing. Obwohl er sich noch immer nicht
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