Brennendes Wasser
sind wirklich prächtig«, sagte Pedralez mit der Begeisterung eines echten Kenners. Er nahm eine der Pistolen und richtete sie auf einen der Leibwächter am Nachbartisch. Der Mann lächelte nervös. Dann strich der Drogenbaron mit den Fingern über den geölten Lauf. »Boutet. Gefertigt in englischem Stil, zweifellos für einen wohlhabenden Lord.«
»Ich bin zu dem gleichen Schluss gelangt.«
»Die Waffen sind von erstklassiger Qualität. Ich habe auch nichts anderes erwartet.« Behutsam legte er die Pistole zurück in den Kasten und seufzte theatralisch. »Dummerweise besitze ich schon ein sehr ähnliches Paar.«
»Oh. Nun ja.« Austin ließ sich die Enttäuschung deutlich anmerken. Als er den Deckel des Kastens schließen wollte, legte Pedralez ihm eine Hand auf den Unterarm.
»Vielleicht können wir dennoch miteinander ins Geschäft kommen. Ich würde diese Waffen gern einem guten Freund zum Geschenk machen. Haben Sie denn bereits eine Preisvorstellung?«
»Ja«, erwiderte Austin lakonisch und schaute sich um. Er hoffte, dass auf Gomez’ Rückendeckung Verlass sein würde.
»Ich brauche einige Informationen.«
Die Augen des Mexikaners verengten sich. »Ich verstehe nicht ganz«, sagte er argwöhnisch.
»Ich interessiere mich für gewisse Immobilien. Auf der Baja gibt es eine Tortilla-Fabrik. Ich habe gehört, sie könnte aufgrund eines Feuerschadens eventuell zum Verkauf stehen.«
»Da irren Sie sich«, sagte Pedralez kalt und schnippte mit den Fingern. Die Männer an den anderen Tischen wurden aufmerksam. »Wer sind Sie?«
»Ich repräsentiere eine Organisation, die wesentlich größer als die Ihre ist.«
»Sind Sie Polizist? Oder vom FBI?«
»Nein. Ich bin Meereswissenschaftler, gehöre zur National Underwater and Marine Agency und untersuche eine Explosion in der Nähe Ihrer Fabrik. Im Gegenzug für die Informationen würde ich Ihnen diese Pistolen als Geschenk überreichen.«
Das gönnerhafte Lächeln des Mannes war einem humorlosen und zornigen Grinsen gewichen. »Wollen Sie sich über mich lustig machen? Dieses Restaurant gehört mir. Diese Männer, die Kellner, der Koch – sie alle arbeiten für mich. Es könnte passieren, dass Sie spurlos verschwinden, Mr. Austin. Die Leute würden schwören, Sie nie hier gesehen zu haben. Was interessieren mich schon Ihre
pistolas
?«, sagte er verächtlich. »Ich habe Dutzende andere.«
Austin wandte die Augen nicht von Enricos Gesicht ab. »Verraten Sie mir, Mr. Pedralez, von Sammler zu Sammler, was fasziniert Sie an diesen alten Waffen?«
Die Frage schien den Mexikaner zu amüsieren. Sein wutentbrannter Blick milderte sich, wenngleich nur ein wenig.
»Sie verkörpern Macht und Durchsetzungsvermögen. Und doch sind sie gleichzeitig so schön wie der Körper einer Frau.«
»Gut gesagt.«
»Und Sie?«
»Ich bewundere die vorzügliche Handwerkskunst. Außerdem erinnern die Pistolen mich daran, dass ein Leben oder Schicksal zufälligen Einflüssen unterworfen ist. Ein übereilt betätigter Abzug. Ein zu schnell gehobener Lauf. Ein einzelner Schuss, der ein lebenswichtiges Organ um nur einen oder zwei Zentimeter verfehlt. Die Waffen sind die tödliche Verkörperung eines Glücksspiels.«
Offenbar fand Pedralez Gefallen an der Antwort. »Da Sie sich freiwillig in meine Hände begeben haben, Mr. Austin, müssen Sie sich selbst für einen ziemlichen Glückspilz halten.«
»Nein, durchaus nicht. Ich bin davon ausgegangen, dass Sie nichts gegen eine kleine Unterhaltung einzuwenden hätten.«
»Sie haben Ihr Glück versucht. Ich bewundere Ihre Unverfrorenheit. Leider ist dies nicht Ihr Tag. Sie verlieren«, sagte er gelassen. »Es ist mir egal, wer Sie sind oder wen Sie repräsentieren. Sie haben Ihr eigenes Todesurteil unterschrieben.« Er schnippte erneut mit den Fingern, woraufhin die Männer sich von ihren Plätzen erhoben und näher kamen. Austin fühlte sich wie ein von der Meute in die Enge getriebener Fuchs.
Da ertönte auf einmal das ohrenbetäubend laute Knattern eines kaputten Auspuffs, und dann hielt mit quietschenden Bremsen das verbeulte gelbe Taxi genau vor dem Cafe. Der Wagen, ein uraltes Checker-Cab, schaukelte noch auf seinen ausgeleierten Stoßdämpfern, als bereits der Fahrer ausstieg. Abgesehen von dem schmutzigen Leinenjackett sah der Mann mit der verspiegelten Sonnenbrille und dem T-Shirt von Hussong’s Cantina verdächtig wie Joe Zavala aus.
»Hat hier jemand ein Taxi gerufen?«, rief er auf Englisch und mit ausgeprägtem Akzent,
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