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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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außer, dass es hier sehr schön war, er den besten Hummer seines Lebens aß und der café perfekt war. Er könnte ebenso gut mit Docteur Savoir zurückfliegen und von Concarneau aus alles koordinieren – was den großen Vorteil hätte, heute auf kein Boot mehr zu müssen.
    »Sind Sie noch dran, Monsieur le Commissaire?«
    »Riwal – der Hubschrauber soll mich abholen. In einer halben Stunde auf Saint-Nicolas. Sie müssen ja erst einmal die Leichen an Bord bringen, das dauert sicher eine Weile.«
    Riwals Antwort kam verzögert.
    »Richtig, es gibt hier für Sie gar nichts mehr zu tun. Ich regle das.«
    »Und Sie können das Befragen auf den Booten direkt beginnen. Es ist gar nicht erforderlich, zuerst nach Saint-Nicolas zu kommen.«
    Er würde die halbe Stunde noch ganz für sich haben. In Ruhe zu Ende essen können.
    Dupin legte auf.
    Er sah sich um. Die Terrasse hatte sich mit einem Mal gefüllt. Fast alle Tische waren jetzt besetzt, auch einer der beiden, die ihm am nächsten standen. Das Paar musste gehört haben, was er gesprochen hatte. Dupin setzte ein betont freundliches Lächeln auf, was nichts daran änderte, dass ihn seine Nachbarn mit deutlich argwöhnischen Blicken bedachten.
    Es war richtig was los. Für das Segeln und Tauchen hatte die Saison bereits begonnen. Der Atlantik machte jedes Jahr Ende April den entscheidenden Sprung von zehn, zwölf Grad auf vierzehn, fünfzehn Grad (dann im Juni, Juli auf achtzehn Grad, in bretonischen »Hitzeperioden« auch mal auf neunzehn bis zwanzig, 2006 sollte das Meer in Port Manech am 23. und 24. August gegen Abend gar zweiundzwanzig Grad Celsius gehabt haben!). Es waren offenkundig Wassersportenthusiasten, die er hier sah, die meisten zwischen zwanzig und vierzig. Auch für die Angler war jetzt im Mai und dann im September, wenn die großen Makrelenschwärme auftauchten, die beste Saison. Dann musste man seine Schnüre mit bloßem Haken nur für Sekunden ins Meer halten, und schon bissen sie an – mit den Fünferhakenleinen, die sie hier benutzten, waren es pro Leine je fünf dicke Fische, Dupin hatte schon viele Geschichten darüber gehört.
    Er aß das letzte Stück des Hummers, das Fleisch aus der aufgebrochenen Schere. Er hatte sich das Beste bis zum Schluss aufbewahrt, das hatte er schon als Kind getan. Und er trank den letzten Schluck des sehr guten, sehr kalten Weißweins.
    Dupin lehnte sich zurück. Er nahm die Zeitung zur Hand. Fast die komplette erste Seite des Ouest France – einer der beiden großen Regionalzeitungen, die Dupin liebte und jeden Morgen akribisch studierte – war wie in den letzten Tagen den sechsunddreißig toten Wildschweinen gewidmet. Man hatte im Norden, im Département Côtes-d’Armor, sechsunddreißig tote Wildschweine am Strand gefunden. Gestorben an giftigen Gasen, die bei der Zersetzung von Grünalgen entstanden. Es war eine traurige Meldung, eine, die zudem wahnsinnig wütend machte. Der Tod eines Wildschweines traf die Bretonen im Innersten, sie liebten ihre Wildschweine – Asterix und Obelix war die reine Wahrheit. Schon seit Jahren war die Algenplage eines der meistdiskutierten bretonischen Themen. Es war auch eines der Lieblingsthemen Riwals, er hatte sich noch Freitagnachmittag eine geschlagene halbe Stunde wüst echauffiert (»Eine Riesensauerei!«). Durch eine Überdüngung der Felder und die Ausschwemmungen der Nitrate über die Bäche und Flüsse ins Meer kam es seit Jahren in den Sommermonaten zu größeren Algenanlandungen, manche Strände waren über Hunderte Meter mit ihnen übersät. Eigentlich waren sie harmlos, sogar essbar, lediglich wenn sie sich in der Sommersonne zersetzten, wurde es gefährlich. Dieses Jahr waren die ersten Algen bereits Ende April angeschwemmt worden, so früh wie nie zuvor. Ganz Frankreich und halb Europa diskutierten plötzlich darüber. Vielleicht würde der Tod der Wildschweine nun wirklich etwas bewegen, gegen die Übermacht der Bauernlobby und die dreiste Verharmlosung vieler Politiker. Vielleicht würden die Wildschweine die Dinge verändern – es wäre eine sehr bretonische Geschichte.
    Wieder klingelte Dupins Handy. Wieder Nolwenn.
    »Der Freund Konans heißt Lucas Lefort. In der Bretagne eine echte Berühmtheit. Mitinhaber der Segelschule Les Glénans. Der berühmtesten Segelschule der Welt! Sie gehört ihm und seiner Schwester, die beiden haben sie geerbt. Lefort ist überdies früher selbst ein professioneller Segler gewesen. Er gehörte vor acht Jahren zur Besatzung der

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