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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Dupin schon ein paarmal beeindruckt hatte. Er war irre schnell, direkt, athletisch, mit imposanten Armmuskeln und einer langen Narbe auf der rechten Wange, über deren Herkunft er sich in Schweigen hüllte.
    »Warum hatte Pajot zwei Liegeplätze für ein Boot, und das so nahe beieinander?«
    Sainte-Marine lag wie Bénodet in der Mündung des Odet, dort, wo der Fluss längst ein dreihundert, vierhundert Meter breiter Fjord war und dann langsam zum offenen Meer wurde. Die beiden Orte lagen sich genau gegenüber. Sainte-Marine war – mit Port Manech, seinerseits an der Mündung des Aven – der schönste Ort der ganzen Küste, fand Dupin. Er liebte ihn, einschließlich der beiden Restaurants direkt am Quai, die er gut kannte. Bénodet war ebenfalls hübsch, deutlich größer, hatte mehr Geschäfte, Hotels, Restaurants, aber Dupin bevorzugte Sainte-Marine.
    »Manche der ›besseren Leute‹ hier haben Plätze auf beiden Seiten, so müssen sie nicht immer bis zur großen Brücke fahren, wenn sie etwas auf der anderen Seite erledigen wollen.«
    »Besaß Pajot davor kein Boot?«
    »Anscheinend nicht. Jedenfalls nicht in diesen beiden Häfen.«
    »Zuerst hat er kein Boot, dann plötzlich ein richtig teures und gleich zwei Liegeplätze?«
    »Er muss sehr vermögend sein. Seine Baufirma gehört zu den zwei größten in der Bretagne und ist auch national bekannt. Den Bootsführerschein hat er schon länger, seit 1978. Das Boot, die Conquerer, ist übrigens eine Gran Turismo 49. Bénéteau.«
    Der Tonfall der letzten Bemerkung machte klar, dass sie etwas Wichtiges aussagen sollte. Jeder hier an der Küste kannte sich mit Booten aus – eines der Lieblingsthemen. Dupin hatte kein Problem, sich damit nicht auszukennen, aber er war es zuweilen leid, wenn daraus ein esoterisches Geheimwissen gemacht wurde.
    »Und das heißt?«
    »15,60 Meter Länge, 4,30 Meter Breite, rund 12   000 Kilogramm Verdrängung. Zwei Mal 435 PS. Rund eine halbe Million Euro.«
    Kadeg formulierte so großspurig, als wäre es sein Boot. Es klang wie früher beim Quartettspielen.
    »Eine halbe Million?«
    Alle anderen Zahlen sagten Dupin nichts.
    »Boote sind teuer. Und wie gesagt: Pajot wird richtig reich gewesen sein.«
    »Wann haben Sie mit Savoir telefoniert?«
    »Vom Boot aus. Vor wenigen Minuten.«
    »Hat er was gesagt?«
    »Was meinen Sie?«
    Savoir hatte anscheinend wirklich noch nichts von den Morden durchblicken lassen.
    »Nichts. Rufen Sie ihn noch einmal an. Ich will wissen, ob dieser Mann ohne alle Zweifel der dritte Tote ist.«
    »Die Gran Turismo ist auf ihn zugelassen, es ist definitiv sein Boot.«
    »Ich will einen absolut sicheren Sachverhalt.«
    Bei diesem Fall war schon zu viel evident und dann doch ganz anders gewesen.
    Betont missmutig holte Kadeg sein Telefon hervor. Plötzlich war der infernalische Lärm der Rotoren zu hören – und wieder stand der Hubschrauber bereits direkt über der Insel. Riwal war zurück. Das war gut.
    Kadeg musste seine Stimme deutlich heben.
    »Ja, Docteur, genau, Inspektor Kadeg. Genau. Ich …«
    Man sah, wie Kadeg angestrengt zu verstehen versuchte. Der Lärm wurde immer ohrenbetäubender, der Hubschrauber war im Begriff zu landen.
    »Sie müssen lauter sprechen, Docteur. Ich …«
    Wieder brach Kadeg ab. Verzweifelt presste er das Telefon an sein Ohr, dabei versuchte er es auf akrobatische Weise mit der anderen Hand abzuschirmen – was auch nichts half. Es sah einigermaßen komisch aus. Er lief dabei ein paar Schritte hin und her, als suchte er – auch das zwangsläufig vergeblich – eine Stelle, wo der Lärm geringer wäre. Auf einmal blieb er stehen, nahm wütend das Telefon vom Ohr. Dann trat er ganz dicht an Dupin heran, beugte sich zu ihm vor und schrie:
    »Er ist es! Es ist Pajot! Sie haben …«
    Der Hubschrauber war gelandet, aber der Motor lief noch.
    Dupin wartete, er kannte die Prozedur. Es dauerte keine halbe Minute, und jäh war die große Stille des Archipels zurück. Dupin war schneller bereit als Kadeg.
    »Und es besteht kein Zweifel?«
    »Nein. Docteur Savoir ist sich sicher. Sie haben eine Reihe brauchbarer Fotos im Internet gefunden.«
    »Gut. Dann haben wir unseren dritten Toten. Voilà. Komplett.«
    Kadeg sah den Kommissar verdutzt an.
    Dupin war schlicht froh, etwas mehr Boden unter den Füßen zu haben. Zumindest einmal die Ausgangslage des Falles zu kennen.
    »Es gibt Neuigkeiten, Kadeg. Wir müssen uns besprechen. Zusammen mit Riwal. Jetzt sofort.«
    »Wir sollten uns einen

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