Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
Vom Netzwerk:
Eintreten ganz auf die kleine Gruppe der Polizisten gerichtet gewesen, die Gespräche an den Tischen hatten kurz gestockt. Natürlich wussten die Leute, wer sie waren. Dupin, Kadeg und Riwal hatten sich in betont ruhigem Tempo durch den Raum bewegt und links vom Tresen an die Wand gestellt. Rasch hatten die Gespräche an den Tischen wieder zu ihrer vorigen Munterkeit zurückgefunden.
    Sie standen sehr eng beieinander, fast gedrängt. Dupin hasste es. Riwal und Kadeg führten eine abstruse Konversation, über die schlechte Luft, den erstaunlichen Betrieb hier, es war ihnen anzumerken, dass sie sich unbehaglich fühlten.
    Dupin dagegen war zufrieden. Von hier aus ließ sich genau beobachten, wie es an der Bar zuging. Wie die Tabletts auf dem Tresen standen. Wie die Getränke hinzukamen, das Essen. Die Tabletts standen mitunter über mehrere Minuten vollkommen »unbeaufsichtigt«. Überhaupt hielten sich an genau diesem Teil des Tresens die meisten Gäste auf. Es war alles genau so, wie Solenn Nuz gesagt hatte: ein dicht gedrängtes, chaotisches Gewimmel. Jeder, das war mit einem Blick klar, hätte sich jederzeit völlig unverdächtig und unbemerkt hierhinbewegen können, hätte nahe genug an die Tabletts herankommen können.
    Oder es war am Tisch von Konan und Lefort passiert. Natürlich würden sie versuchen, diese entscheidende halbe Stunde vor dem Aufbruch penibel zu rekonstruieren – würden sie alle befragen, ob jemand in dieser Zeit etwas Ungewöhnliches bemerkt hatte – aber die Wahrscheinlichkeit, auf diese Weise mehr herauszufinden, war nicht sehr hoch, so Dupins Gefühl. Sie hatten es, das stand fest, mit einem sehr klugen Täter zu tun.
    Dupins Stirn lag in tiefen Falten. Das schmeckte ihm alles nicht. Und die Erstellung der Liste dauerte ihm auch zu lange.
    »Monsieur le Commissaire, wir sollten …«
    Kadeg hob laut und in seinem wichtigtuerischen Ton an, doch Dupin fiel ihm heftig ins Wort.
    »Riwal, Kadeg, beobachten Sie in den nächsten Minuten genauestens die Gäste.«
    Dupin war sich nicht ganz sicher, ob das, was er jetzt tun würde, richtig war. Es war ihm mit einem Mal in den Sinn gekommen, auch wenn es theatralisch wirken mochte und er Theatralik nicht ausstehen konnte. Es wäre theoretisch – so hatte er noch draußen am Tisch gedacht – ein vielleicht taktischer Vorteil gewesen, wenn der Mörder so lange wie möglich nicht gewusst hätte, dass seine Tat als Mord entdeckt worden war. Aber das war vollkommen illusorisch. Es würde sowieso die Runde machen. Wahrscheinlich sogar sehr bald.
    Dupin schlängelte sich zur Mitte des Tresens und blieb dort stehen. Ansatzlos begann er mit mächtiger Stimme und in offiziellem Tonfall mitten in den Raum hineinzusprechen:
    »Kommissar Dupin vom Commissariat de Police Concarneau. Bonsoir Mesdames, Messieurs.«
    Es war augenblicklich mucksmäuschenstill im Raum. Sicher aufgrund der deutlichen Worte, sicher aber auch aufgrund seiner imposanten Körperlichkeit, die seinen Worten, wenn Dupin es darauf anlegte, beachtlichen Nachdruck zu verleihen vermochte. Riwals und Kadegs Köpfe waren in seine Richtung geschnellt, einen Moment lang starrten sie ihn ungläubig an.
    »Gestern Abend sind auf den Glénan drei Männer ermordet worden. Die drei Toten, die heute Morgen auf Le Loc’h gefunden wurden, sind keinesfalls Opfer eines Unfalls. Es war ein kaltblütiger dreifacher Mord. Ein Kapitalverbrechen. Und wir haben Grund zu der Annahme, dass man zweien von ihnen genau hier, in dieser Bar, schwere Beruhigungsmittel in die Getränke oder ins Essen gemischt hat, deren Wirkung zu dem tödlichen Schiffsunglück führte«, er setzte kunstvoll ab, »wir ermitteln nun in einem Mordfall und möchten Sie bitten, unsere Arbeit nach Kräften zu unterstützen.«
    Wieder machte er eine Pause.
    Das Weitere sprach er nun im unmissverständlichen Tonfall polizeilicher Instruktionen:
    »Wir möchten als Erstes wissen, wer von Ihnen sich gestern Abend im Quatre Vents aufgehalten hat, wie kurz auch immer, wo Sie gesessen haben und ob Ihnen etwas Verdächtiges aufgefallen ist. Vor allem hier am Tresen, bei den Tabletts. Egal, wie nebensächlich oder irrelevant es Ihnen scheinen mag. Wir bitten Sie, es zu äußern. Der geringste Umstand könnte von Bedeutung sein. Die beiden Männer, um die es geht, Monsieur Lucas Lefort und Monsieur Yannig Konan, saßen an diesem Tisch.«
    Dupin zeigte auf einen Tisch in der Ecke.
    »Ich möchte zudem wissen, ob gestern Abend jemand hier war, der heute

Weitere Kostenlose Bücher