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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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gesprochen. Da war ich wohl hier hinten in der Küche. Das muss so gegen halb neun gewesen sein. Ungefähr.«
    Das wusste Dupin schon. Nur die Uhrzeit noch nicht. Dupin holte sein Clairefontaine hervor und machte sich eine Notiz.
    »Meine Töchter haben sich auch erinnnert, was Konan und Lefort gegessen und getrunken haben. Sie sind sich fast sicher. Zuerst einige Pressions, nach dem Bier dann Rotwein. Sie haben sich mehrere Male eine Flasche geholt, über den Abend verteilt. Wasser kann sich vorn jeder nehmen, die Karaffen stehen ja da. Gegessen haben sie beide Fischsuppe, Konan dann Hummer und Lefort Entrecôte.«
    Dupin notierte alles.
    »Und Ihnen oder Ihren Töchern ist an diesem Abend nichts Ungewöhnliches aufgefallen? Irgendetwas vorn am Tresen, eine Person, die sich auffällig verhalten hat?«
    »Nein. Aber ich werde noch einmal mit meinen Töchtern sprechen.«
    »War außer Ihnen jemand in der Küche?«
    Solenn Nuz zögerte.
    »Nein.«
    Dupin wechselte in einen grundsätzlichen Tonfall.
    »Jetzt, da wir wissen, dass es Mord war und wir es mit einer ganz neuen Situation zu tun haben – fällt Ihnen allgemein etwas ein, das Sie für relevant halten, Madame Nuz? Haben Sie eine Ahnung, was hier geschehen sein könnte? Ich …«
    »Ähm.«
    Ein demonstratives Räuspern war zu vernehmen. Kadeg baute sich direkt vor ihnen auf.
    »Mein Smartphone. Wir bräuchten das Foto.«
    Mechanisch streckte Dupin es ihm entgegen.
    »Madame Nuz hat eine erste Liste mit den Personen erstellt. Sie wird sie noch vervollständigen. Ich will außerdem eine minutiöse Skizze des Raumes mit jedem Tisch, jedem Stuhl und der Bar – zeichnen Sie alle Personen ein. Wer wann wie lange wo stand oder saß, mitsamt Uhrzeiten.«
    Kadeg und Riwal kannten diese unmöglichen Aufträge. Erstaunlich war – das hatten sie in den Jahren mit Dupin gelernt –, wie häufig dann doch zu schaffen war, was zunächst vollkommen ausgeschlossen schien. Und wozu es gut sein konnte. Kadeg kommentierte den Auftrag dann auch mit keinem Wort und machte sogar ein erstaunlich neutrales Gesicht. Er drehte sich um und ging.
    Dupin wandte sich wieder an Madame Nuz.
    »Ich hatte gefragt, ob Ihnen ganz allgemein etwas einfällt zu diesem Mord.«
    »Sie werden eine ganze Reihe von Menschen mit einem Motiv finden. Über Konan erzählt man sich üble Geschichten. Ich kann nicht sagen, was da dran ist. Und Lefort – er wird gehasst. Ich kenne nur sehr wenige Ausnahmen.«
    Sie hatte diese Sätze in ihrem eigenen ruhigen Ton gesprochen. Es war aber erkennbar, dass auch sie so empfand.
    Das war immerhin etwas Neues. Für gewöhnlich hatten die Toten nur Freunde gehabt, nie Feinde, von allen waren sie bewundert, geschätzt und geliebt worden.
    »Und aus welchem Grund? Warum wurde er gehasst und von wem? – Von wem im Besonderen?«
    »Da gäbe es viel zu erzählen.«
    »Fangen Sie an.«
    Solenn Nuz schaute ernst.
    »Es sind wirklich viele unschöne Geschichten.«
    »Ich will sie alle hören.«
    Sie atmete tief ein.
    »Seit über zehn Jahren versucht Lucas Lefort mit allen Mitteln, aus den Glénan ein großes ›Tourismusprojekt‹ zu machen. Mit Hotels, Sportanlagen, Brücken zwischen den Inseln. Vier der Inseln gehören ohnehin ihm. Ihm und seiner Schwester. Er ist mit seinem Vorhaben immer gescheitert, wenn auch nur knapp. Der ehemalige Bürgermeister von Fouesnant hat sich dagegen aufgelehnt. Er war einer seiner Erzfeinde. Lefort hat seine Pläne dann zwei-, dreimal verändert. Rein taktisch. Er hat es über einen geplanten gigantischen Ausbau der Segelschule versucht. Er wollte mir auch die ganze Zeit das Tauchzentrum abkaufen und es ausbauen. Seine letzte Idee hieß: ›gehobener Ökotourismus‹. Er ist«, sie hielt kurz inne, »er war sich für keine dreiste Lüge zu schade.«
    Dupin schrieb mit. So gut er konnte. Das war eine große Sache, die sich da auftat. Das waren die Geschichten, auf die er gewartet hatte.
    »Der ehemalige Bürgermeister hat ihm häufig den Tod gewünscht. Er ist von Lefort übel angegangen worden, Lefort hat ihn infam verleumdet, ihm Korruption vorgeworfen. Er hat versucht, ihn lächerlich zu machen. Dabei war der Bürgermeister ein integerer Mann.«
    »Und wie ist der Stand jetzt?«
    Das war unspezifisch, aber Dupin musste sich in das Sujet erst einmal einarbeiten.
    »Es war ein paar Jahre ruhig geworden um Leforts Pläne, bis er dann eben mit dem Ökotourismus kam. Es heißt, er war im Begriff, das überarbeitete Konzept offiziell

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