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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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wurde noch spitzer, der Mund noch schmallippiger, die Augen, nun scharf auf Dupin fixiert, hatten sich zu Schlitzen verengt.
    »Ich habe, denke ich, nicht richtig verstanden, was Sie gerade gesagt haben.«
    »Ich wiederhole es gern.«
    Jetzt musste Dupin durchhalten. Was ihm nicht schwerfiel, die Antipathie war spontan und gewaltig gewesen. Dupin kannte solche Charaktere.
    »Ich verstehe – Ihre Drolligkeit hat Methode.«
    Nun war auch Le Berre-Ryckeboerec Erregung anzuhören. Dupin war kurz davor, in die Luft zu gehen. Er versuchte seine Atmung zu regulieren (er war stolz, dass er das gelernt hatte, zumindest ansatzweise: tief in den Bauch atmen, fünf Sekunden warten bis zum langsamen Ausatmen, dann wieder fünf Sekunden bis zum Einatmen – auf diese Verzögerung kam es an!). Aus dem Gesicht der wie angewurzelt stehen gebliebenen Sekretärin war in der letzten halben Minute alles Leben gewichen.
    »Ich denke, ich werde dieses Gespräch nicht führen, Monsieur le Commissaire.«
    Le Berre-Ryckeboerec wusste, dass er jetzt, hier, kein Wort sagen musste.
    »Ich werde mich umgehend mit unseren Anwälten über Ihre infamen Unterstellungen beraten. Wir unterhalten seit vielen Jahren exzellente geschäftliche Beziehungen zu der Firma der Herren Konan und Pajot. Sie haben wie andere Firmen Patente und Lizenzen von uns erworben. Wenn Sie an diesen Themen Interesse haben, bitte sehr, das wird Gegenstand der Kommunikation mit unseren Anwälten. Ich schlage vor, dass wir beide uns jetzt verabschieden.«
    »Ja, das wird das Beste für uns alle sein.«
    Le Berre-Ryckeboerec wandte sich an Madame Sabathier, als wäre Dupin bereits nicht mehr im Raum:
    »Ich werde jetzt wie geplant meinen Anruf tätigen. Und wenn Sie Monsieur Daeron informieren würden, dass ich ihn zu sprechen wünsche, hier im Institut.«
    Dupins Gedanken überschlugen sich, aber ihm fiel keine Finte ein, nichts, was er jetzt noch ins Feld führen konnte.
    »Wir werden«, Dupin sprach leise, fast flüsternd, dabei scharf und ätzend, »wir werden uns jedes kleinste Detail dieser Zusammenarbeit mit Medimare ansehen, alles, was es gab und gibt«, ein leichtes Lächeln zeigte sich in seinen Mundwinkeln, »bei der Gelegenheit werden wir Ihre gesamten geschäftlichen Aktivitäten unter die Lupe nehmen. Ich freue mich darauf, Monsieur le Directeur.«
    Dupin wartete keine Reaktion ab, sondern drehte sich auf dem Fuße um und verließ das Büro. Er nahm den Fahrstuhl, der unerträglich langsam war.
    Schon beim Verlassen des Gebäudes hatte er das Handy am Ohr.
    »Nolwenn?«
    »Ich wollte gerade …«
    »Ich brauche einen Durchsuchungsbefehl. Für das Institut. Egal wie. Vollkommen egal. Und zwar umgehend. Wir müssen die geschäftlichen Beziehungen des Instituts zu Medimare überprüfen, vor allem den Verkauf von Lizenzen und Patenten, der ganzen Forschungsergebnisse.«
    »Sind Sie bereits im Institut?«
    Nolwenn klang leicht verwirrt.
    »Ich – bin schon wieder draußen.«
    »Sie sind schon wieder draußen?«
    »Es war ein sehr kurzes Gespräch. Wie gesagt: Wir brauchen einen Durchsuchungsbefehl.«
    »Haben sich in dem – sehr kurzen Gespräch mit dem Direktor neue Verdachtsmomente ergeben?«
    »Ich denke schon.«
    »Wir sollten etwas mehr haben als den vagen Hinweis eines anonymen Anrufers.«
    »Der Direktor des Instituts hat sich gänzlich unkooperativ verhalten. Ich habe den begründeten Verdacht, dass er falsche Aussagen gemacht hat und die Wahrheit verschleiert – dass nun Gefahr im Verzug ist. Dass er unverzüglich belastende Dokumente beiseiteschaffen wird. – Das muss reichen.«
    Dupin hatte in seinen letzten Formulierungen – unzusammenhängend – die allgemeinen formalen Anforderungen zur Erlangung eines Durchsuchungsbefehls montiert.
    »Rufen Sie den Präfekten an, Nolwenn. Sagen Sie, es gehe um einen akuten Verdacht und es bestehe aussdrücklich akute Verdunklungsgefahr«, Dupin war vollkommen entschieden, »ich will diese Untersuchung. Sagen Sie ihm, sie sei unabdingbar für die Aufklärung des Mordes an seinem Freund. Die erste heiße Spur. Er soll persönlich den zuständigen Ermittlungsrichter anrufen oder es über die Staatsanwaltschaft versuchen. Wir brauchen eine Mannschaft aus Quimper. Wir werden uns außerdem die Geschäftsräume von Medimare in Paris ansehen müssen.«
    »Gut.«
    Das war das »Gut«, das Dupin an Nolwenn liebte. Je schwieriger es wurde, je hektischer es zuging, je größer der Druck wurde, desto lieber war es

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