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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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vier Jahren hier, dennoch war es ihm immer noch unheimlich: Die »Auf See Ertrunkenen oder Vermissten«-Statistik des Finistère übertraf die Mordstatistik bei Weitem. Jeder Küstenbretone kannte solche »Schicksalsgeschichten« selbstverständlich aus seinem unmittelbaren Umfeld.
    »Wie groß sind diese Moutons eigentlich genau?«
    »Sehr klein, eine Hauptinsel mit vielleicht zweihundert Metern Länge, eine kleine Nebeninsel mit vielleicht dreißig Metern. Und viele Felsen.«
    Dupin nahm den Faden nicht weiter auf. Er dachte nach. Riwal deutete die kleine Pause falsch.
    »Wenn Sie sich fragen, ob es dort Schafe gibt – nein. Die Seeleute nennen die weißen Kämme der Brandung ›Schafe‹, moutons – und die wiederum gibt es dort immer.«
    Das war es nicht gewesen, worüber Dupin nachgedacht hatte.
    »Zurück zu Le Menn. Ich will eine Großfahndung. Vielleicht finden wir seinen Wagen. Er muss ihn irgendwo abgestellt haben.«
    Etwas war im Gange.
    Riwal sog tief Luft ein. »Das führt uns direkt in das Herz des Falles.«
    Er hatte ganz beiläufig gesprochen, wie abwesend. Nolwenn nannte ihn in solchen Momenten den Druiden. Stand Riwals »mystische« Seite grundsätzlich in einem amüsanten Kontrast zu seinem Äußeren, dem spitzbübischen Ausdruck seines Gesichts und seinem fast noch jugendlichen Alter (Anfang dreißig), so passte sie noch weniger zu seiner neuen, ausgesprochen schnittigen Kurzhaarfrisur. Man hatte im Kommissariat gerätselt, ob das bereits die Hochzeitsfrisur war. In zwei Wochen würde Riwal die auffallend hübsche Tochter eines der wunderbaren Fischhändler aus den Markthallen Concarneaus heiraten. Sie arbeitete bei ihrem Vater am Stand. Riwal war verrückt nach Langustinen, den mittelgroßen, aus Guilvinec, den »weltbesten«. Er hatte sie eine Zeit lang in fast jeder Mittagspause gekauft. Man hatte sich die Sache im Büro dann irgendwann zusammengereimt, spätestens als Riwal so viele Langustinen kaufte, dass er sie im Kommissariat großzügig verteilen musste.
    »Wir müssen Le Menns Frau sprechen. Ich will alles über seine Verbindungen zu Lefort, Konan und Pajot wissen, haarklein. Wer kann sofort zu ihr fahren?«
    »Die beiden Kollegen aus Concarneau, Le Coz und Bellec, sind auch auf den Inseln und sprechen gerade mit den letzten Teilnehmern der Segel- und Tauchkurse, die vorgestern Abend im Quatre Vents waren.«
    »Ziehen Sie Bellec ab. Das ist jetzt wichtiger.«
    Bellec verlor keine Zeit. Er ging geradewegs auf die Dinge zu.
    Dupin war zutiefst beunruhigt. Wenn Le Menns Verschwinden im Zusammenhang mit diesem Fall stand – was bedeutete das? Was ging hier vor sich? Hatte es ein weiteres Opfer gegeben – oder war der Täter auf der Flucht? Was auch geschehen war auf diesem winzigen Fleckchen Erde – es hatte, so Dupins Gefühl, mit seinen Bewohnern und stetigen Gästen zu tun. Hier würde er die Lösung finden. Sie mussten ganz genau hinsehen.
    »Was ist mit Kadeg und dem Institut?«
    »Nichts Auffälliges bisher. Kadeg hat vor einer halben Stunde das letzte Mal angerufen. Sie haben die ersten Dokumente und Dateien gefunden, die mit Medimare zu tun haben. Aber daraus brauchbare Informationen zu gewinnen ist wohl nicht so einfach. Die Presse hat übrigens von der Aktion Wind bekommen, Télégramme und Ouest France berichten auf ihren Websites schon groß. Die Radiosender ebenfalls. Der Direktor führt sich die ganze Zeit auf wie Rumpelstilzchen.«
    »Ich möchte, dass Sie sich vor allem die Dokumente der Geschäfte ansehen, bei denen Leussots Forschungen eine Rolle spielen. Sie sollen auch mit den Forschern sprechen, mit denen Leussot zu tun hat.«
    »Ich sage Kadeg Bescheid.«
    »Was ist mit dem Sitz von Medimare in Paris? Gibt es dort schon irgendetwas?«
    »Auch dort noch nichts Relevantes. Die Firma hat offiziell neben dem Geschäftsführer nur einen wissenschaftlichen Mitarbeiter und eine Sekretärin, die Kollegen sprechen gerade mit ihnen.«
    »Wir müssen alles einsehen, die Kontostände und Kontobewegungen. Auch die des Direktors und seiner privaten Konten. So bald wie möglich.«
    »Nolwenn wird das hinkriegen. La tigresse.«
    Dupin lächelte. Ja, Nolwenn würde das hinkriegen. Auch wenn es noch mehr Ärger geben würde.
    »Ich will außerdem Auskünfte über die Konten des Bürgermeisters von Forêt-Fouesnant.«
    »Haben wir hier ein Verdachtsmoment? Ganz ohne Begründung wird selbst Nolwenn das nicht schaffen.«
    »Aber wir werden hoffentlich bald die Kontoauszüge sämtlicher

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